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Joachim Landgraf moderierte zum letzten Mal den beliebten Dessauer Philharmonie-Stammtisch Viel Sportliches und ein Abschied

Von Helmut Rohm 04.06.2014, 01:20

Zum 11. Mal fand der beliebte Philharmonie-Stammtisch in Dessau statt. Sport stand im Mittelpunkt, aber es gab auch einen Abschied.

Dessau-Roßlau l Nach gut zwei Stunden, noch vor dem sogenannten "offenen Teil" des Philharmonie-Stammtisches der Anhaltischen Philharmonie Dessau im "Ratskeller" gab Generalmusikdirektor Antony Hermus mit leicht belegter Stimme eine Erklärung ab: "Dieser unser 11. Stammtisch ist der letzte, der von Joachim Landgraf moderiert wurde."

Künstler kennenlernen

Der ehemalige Verwaltungsdirektor des Anhaltischen Theaters, Joachim Landgraf, hatte als Ruheständler gemeinsam mit GMD Antony Hermus vor drei Jahren diese sowohl beim Publikum als auch den Mitgliedern der Anhaltischen Philharmonie beliebte Runde "erfunden", die von Information und Unterhaltung sowie von Vielfalt und oft überraschender Spontanität geprägt war. Kleine, teils erst und extra für den Stammtisch gegründete Instrumentalensembles oder Solisten gestalteten den musikalischen Part, der im "offenen Teil" zum Abschluss des Abends von Gesangssolisten des Anhaltischen Theaters erweitert wurde.

Für Teil eins haben sich Joachim Landgraf und Antony Hermus jeweils auf ein "Rahmenthema" abgestimmt. "Nach dem Stammtisch ist vor dem Stammtisch", war Arbeitsmaxime für Joachim Landgraf. Auf Karteikarten hat er seine Rechercheergebnisse festgehalten, die Grundlagen für die jeweiligen Gesprächsrunden beim Stammtisch waren. Nicht selten kamen da verblüffende, selbst von den Gesprächspartnern fast vergessene Fakten zur Sprache, die vom "neugierigen" Publikum gern aufgenommen wurden - natürlich alles, ohne die Privatsphäre zu verletzen.

"Ihre Liebe zu den Menschen und zur Musik hat Ihr Engagement beim und für den Stammtisch, aber nicht nur hier, stets geprägt. Dafür danken wir Ihnen ganz herzlich", brachte es Antony Hermus auf den Punkt.

Dabei - und das war wohl auch ein Ansinnen des Stammtisches - konnten sich die Künstler untereinander, aber auch das Publikum die Künstler von ganz anderen Seiten kennenlernen, auch die Hobbys. Dabei spielte die räumliche Nähe im Gastraum, die fast familiäre Atmosphäre eine sehr belebende Rolle, diesen engen Kontakt zu erreichen. "Künstler zum Anfassen" - eine oft gewählte Floskel, hat hier angenehme Realität gelebt.

"Wenn es am Schönsten ist, soll man aufhören. Es war immer eine schöne Zeit und hat viel Spaß gemacht. Wir haben diesen Zeitpunkt in der Familie mit meiner Frau Ute gut überlegt", stellt Joachim Landgraf fest, sichtlich bewegt vom großen Beifall des Publikums sowie den Abschiedsgeschenken. Seine ehrenamtliche Tätigkeit hat damit jedoch längt kein Ende gefunden. Viel Engagement und Zeit bringt er neben anderem als Geschäftsführer der Gesellschaft der Freunde des Dessau-Wörlitzer Gartenreiches ein.

Bei seinem letzten Stammtisch ging es jedoch erst noch einmal "in die Vollen". Bevor das aktuelle Rahmenthema "Sport in der Anhaltischen Philharmonie" besprochen wurde, gab es für das Publikum die Möglichkeit, aus erster Hand von Mitgestaltern an zwei besondere, durchaus als spektakulär zu bezeichnende, erst kürzlich in Dessau stattgefundene Ereignisse erinnert zu werden. Die Soloflötistin Beate Ann-Neumann und der Cellist Guido Ruhland berichteten als "Gruppenleiter" sehr engagiert über das Sonderkonzert "Sinfonie für jeden", einer "Mitmachmöglichkeit für Schüler der Musikschule jeden Ausbildungsstandes".

Als Musiker der Anhaltischen Philharmonie waren die beiden unmittelbar beim sogenannten "Beethoven-Marathon" am 2. Mai dabei, als die Solopianistin Ragna Schirmer und das Orchester alle fünf Beethoven Klavierkonzerte "am Stück" (mit zwei Pausen) spielten: Netto-Gesamtaufführungszeit war 4:14 Stunden.

Eigenes Fußballteam

Unterhaltsam und informativ gestalteten sich die Gesprächsrunden zur sportlichen Betätigung einiger Musiker, die über das normale Fithalten hinausgeht. Auffallend war, dass eine ganze Reihe von Musikern im grün-weißen Trikot an den Tischen saß. Die beiden gleichberechtigten Kapitäne Arne Lagemann (Trompete) und Jens Uhlig (Tuba) vertraten die 2002 gegründete Fußballmannschaft der Anhaltischen Philharmonie. Sie sei der inoffizielle mitteldeutsche Meister der Orchester-Teams. Als Gag gab es ein Elfmeterschießen mit Playmobilfiguren, an dem auch Evelin Harz als Publikumsvertreterin teilnahm. Vorher erfuhr das Publikum, dass Uta Hauser (2. Violine) sich dem Klettern als Freizeitsport verschrieben hat und der Trompeter Norbert Messing Mitglied eines Sportvereins ist, in dem er Halbmarathonläufe absolviert.

Bei Eis auf dem Wörlitzer See läuft Claudius Lepetit (Cello) als Mitglied der Eishockeymannschaft "Wörlitzer Haie" im Kampf gegen die "Oranienbaumer Wölfe" auf und spielt ansonsten auch Fußball. Mit einem Gleitdrachen geht Gerald Manske (Cello) öfter in die Lüfte. Und - er sucht noch einige Mitstreiter, um in Dessau einen Verein gründen zu können.

Für die musikalische Unterhaltung des Abends sorgte mit flotter Musik das PSQ (Philharmonic Swing Quartett) mit Reinhard Gutte (Klarinette), Ekkehard Neumann (Kontrabass), Andreas Meier (Schlagzeug) sowie GMD Antony Hermus als Gast am Klavier. Im "offenen Teil" haben die Dessauer Gesangssolisten Angelina Ruzzafante und Wiard Witholt sowie der Hornist Dietmar Adam den Abend mit Gesangsdarbietungen bereichert.

Übrigens: Ob und wie die Tradition des "Philharmonie-Stammtisches" fortgeführt werden wird, ist zur Zeit noch offen.