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Was die Zerbster Region für meinen Teller zu bieten hat, Teil 1: Marktbesuch Macht die Stadt mich satt?

08.08.2014, 01:11

Das Ökobarometer aus dem vergangenen Jahr zeigt: Rund 92 Prozent der Befragten bevorzugen regionale Lebensmittel. Aber ist es überhaupt möglich, sich regional zu ernähren? Die Spurensuche beginnt auf dem Zerbster Wochenmarkt.

Zerbst l Drei Stände stehen an diesem Donnerstag auf dem Wochenmarkt. Einer verkauft Kleidung, einer Fleisch und einer Obst und Gemüse. "Das ist ein schwieriges Geschäft, wer arbeiten geht, hat meistens keine Zeit, auf dem Markt einkaufen zu gehen", sagt Siegrid Menz vom Gemüsestand. Die von ihr angebotenen Produkte stammen aus der Region. Zumindest die, die gerade Saison haben. "Ich kaufe die Sachen zum Beispiel bei den Landwirten Wallwitz, Weiß oder Nullsch", so Siegrid Menz. Bananen oder Orangen holt sie dann aus dem Großmarkt in Leipzig.

Ihre Kunden erwarten Regionalität. "Die Produkte hier sind frisch und man weiß, was man einkauft", sagt zum Beispiel Gisela Große aus Güterglück. Eine andere Kundin freut sich jedes Jahr über die frischen Tomaten aus Zerbst. Trotzdem haben die Wochenmärkte zu kämpfen. "Es kommen immer weniger Händler", sagt Siegrid Menz. Die Stelle in Zerbst sei nicht ideal, außerdem sei die Konkurrenz durch die Supermärkte groß. "Die Kunden fahren nicht erst zehn Kilometer durch die Gegend um einzukaufen", sagt Ralf-Peter Weber von der Regionalmarke Mittelelbe. Er ist an diesem Tag auch mit auf dem Zerbster Wochenmarkt und unterhält sich angeregt mit Siegrid Menz über das Geschäft und die Probleme.

Zerbst bietet nahezu ideale Bedingungen

"Man muss als Anbieter eben dahin gehen, wo die Menschen sind, sonst kann das mit der regionalen Ernährung nicht funktionieren", sagt Ralf-Peter Weber über die große Schwachstelle der Regionalität. Eine gute Lage und Kontinuität seien sehr wichtig. Moderne Hofläden würden schon den ersten Schritt in diese Richtung gehen wie zum Beispiel die beiden Hofläden Wallwitz und Weiß in Zerbst. Sie verkaufen frisches Obst und Gemüse.

Die Stadt mitsamt Umland bietet ihren Bewohnern nahezu ideale Voraussetzungen für eine regionale Ernährung. Einziges Manko: "Wir sind keine Tierhaltungsregion", so Ralf-Peter Weber. Zudem finde hier gerade ein starker Konzentrationsprozess um große Schlachthöfe statt. "Für eine regionale Versorgung braucht es aber kleine Schlachthöfe und die muss man sich erstmal suchen", sagt Weber.

Das Ökobarometer des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft besagt, dass es den Menschen bei regionalen Produkten egal ist, ob diese aus konventionellem oder ökologischer Produktion kommen. Der Ruf von regionaler Ernährung ist einfach gut. "Regionalität ist als Begriff positiver besetzt als Bio", sagt Ralf-Peter Weber. Die Angaben aus dem Ökobarometer überraschen ihn dennoch. "Da ist meist der Wunsch Vater des Gedanken", sagt er zur Angabe, dass 92 Prozent der Befragten die regionalen Lebensmittel bevorzugen. Die Menschen würden sich zwar für regionale Ernährung interessieren, aber das würde nicht unbedingt in der Bereitschaft münzen, regional einzukaufen. "Es ist halt einfacher, im Discounter alles auf einmal zu bekommen", so Weber. Zwei Kriterien gibt es, die gegen eine regionale Ernährung sprechen. Zum einen die Zeit und zum anderen das Geld. "Wobei regional nicht zwingend teurer ist."

Wer sich regional ernähren möchte, muss sich zuerst informieren, wo man was kaufen kann. "Gehen Sie zum Markt, besuchen Sie die Hofläden, fragen Sie nach, dann werden Sie sehen, was es hier alles gibt", sagt Ralf-Peter Weber. Das Problem ist, dass die Konsumenten den Produkten nicht ansehen können, woher sie kommen.

Einheitliches Siegel für Regionalität fehlt bis dato

"Es gibt kein einheitliches Siegel für Regionalität", so Ralf-Peter Weber. Die meisten Leute könnten Regionalität nicht definieren. Das haben auch die großen Supermarktketten erkannt. Sie bieten zwar regionale Produkte an. Was sie darunter verstehen bleibt aber Auslegungssache. Auf den Homepages finden sich die unterschiedlichsten Angaben, fast alle Ketten sind sich einig: Hier gibt es Produkte aus der Region zu kaufen. So ist auf der Homepage von Rewe, zu der auch die Kette Penny gehört, zu lesen: "Das Sortiment umfasst je nach Saison 10 bis 30 Artikel, die in aller Regel aus einem Umkreis von 50 Kilometer stammen." Wer ganz auf Nummer sicher gehen will, sollte trotzdem vor Ort bei Hofläden oder auf dem Markt einkaufen gehen.

Was aber sind die Vorteile von regionalen Produkten? "Da hätten wir zum einen die Frische und die kurzen Wege. Zum anderen erhält man dadurch auch Arbeitsplätze in der Region, indem das Geld hierbleibt", sagt Ralf-Peter Weber.

In Zerbst kann man sich durchaus regional ernähren. Macht die Stadt mich also satt? "Mit etwas Mühe, Interesse und Bereitschaft, die Produkte zu suchen, würde man sicherlich nicht verhungern", sagt Ralf-Peter Weber.

In den kommenden Wochen werden wir für Sie auf die Suche gehen. Woher bekomme ich schnell und günstig meine Milch, meinen Käse, mein Obst und Gemüse und woher die Wurst für den Grill hier aus Zerbst? Teilen Sie uns doch auch mit, was regionale Ernährung für Sie bedeutet. Nutzen Sie unseren Coupon oder melden Sie sich direkt unter (03923/736927) oder per Mail an Bianca.Schwingenheuer@volksstimme.de.