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Verkündigungstermin für Streit zwischen Abikw und "Frohe Zukunft" angesetzt Abfallstreit geht in nächste Runde

Von Sebastian Siebert 16.12.2014, 02:16

Für um 9.30 Uhr ist heute der Verkündigungstermin im Streitfall zwischen der Wohnungsbaugenossenschaft "Frohe Zukunft" (WG) in Zerbst und den Anhalt-Bitterfelder Kreiswerken (Abikw) festgelegt. Es geht um 8 000 Euro und darum, ob die Abikw-Rechnungen in berechtigter Höhe ausstellt.

Zerbst l Richterin Kerstin Clemens von der Kammer für Handelsrecht am Landgericht Dessau-Roßlau wird heute verkünden, welcher Gutachter die Abfallentgeldkalkulation der Abikw untersuchen wird. Die Zerbster Wohnungsbaugenossenschaft "Frohe Zukunft" (WG) hat Einspruch gegen die Vergabe eines Auftrages zur Begutachtung der Anhalt-Bitterfelder Abfallentgeltkalkulation an die KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erhoben. Am 9. Mai hatte Richterin Clemens ein solches Gutachten festgelegt und die benannte Firma als möglichen Gutachter benannt. Allerdings dürfe die KPMG weder für die WG noch für die beklagten Anhalt-Bitterfelder Kreiswerke bereits tätig gewesen sein.

Genau das sahen WG-Geschäftsführer Knuth Jacob und sein Rechtsbeistand, die Anwaltskanzlei Jahnke Handrich, nicht gegeben. Denn KPMG und insbesondere der namentlich benannte Mitarbeiter, der jetzt die Entgeltkalkulation begutachten soll, war 2004 mit der Erarbeitung der Verträge befasst, in denen der Verkauf von Geschäftsanteilen der Köthener kommunalen Abfallentsorgung auf die Firma Tönsmeier geregelt sind. Diese Verträge sind mit einer Laufzeit von 20 Jahren versehen, gelten also noch bis 2024 und können auch vom heutigen Landkreis Anhalt-Bitterfeld nicht einseitig geändert werden. Somit sah WG-Rechtsanwalt Sven Handrich Momente einer Befangenheitssituation. Er schlug Richterin Clemens den Frankfurter Experten Erik Gawel vor. Jener hatte 2010 im Auftrag der Dessauer Stadtwerke eine Stellungnahme zum Prüfbericht des Landesrechnungshofes über die Dessau-Roßlauer Abfallwirtschaft erarbeitet, kennt sich somit im sachsen-anhaltischen Abfallrecht aus.

Im Rechtsstreit will die WG geklärt haben, ob die etwas mehr als 8000 Euro, welche die Abikw der WG für die Müll-entsorgung in Rechnung stellten, rechtens seien. Außerdem wollte die klageführende WG am Beispiel der Wohnungen in den Objekten Breitestein zehn bis 16 und 18 bis 24 zeigen, dass nicht nur die Abfallentsorgungskosten seit 2011 drastisch und ohne gerechtfertigten Grund gestiegen sind, sondern dass die Übertragung des Abfallgeschäftes durch den Landkreis Anhalt-Bitterfeld auf sein Tochterunternehmen "Anhalt-Bitterfelder Kreiswerke GmbH" nicht rechtens ist. Seit April 2014 dauert der Rechtsstreit nun an. WG-Geschäftsführer Knuth Jacob wollte sich zu seinen Erwartungen gestern nicht äußern: "Auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand", kommentierte er knapp.

Hartmut Eckelmann, Geschäftsführer der Anhalt-Bitterfelder Kreiswerke, sagte, dass er sich zum Inhalt eines laufenden Verfahrens nicht äußern werde. Es handele sich dabei um einen Zwischenschritt.

Das Ende des Verfahrens sei damit noch lange nicht erreicht, schätzte er ein.

Im Mai hatte Richterin Clemens noch gehofft, dass binnen drei Wochen Klarheit über den Gutachter-Auftrag herrschen könnte. Erst wenige Tage vor dem Verhandlungstag hatte sie von den Einwänden der Zerbster zum Gutachter erfahren. Nunmehr musste sie das Schreiben durcharbeiten, anschließend seien alle Verfahrensbeteiligten dazu zu hören gewesen. Der Fortgang des Verfahrens wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Unterdessen hat die WG in weiteren Schriftsätzen Fehler in der Verhandlungsführung moniert. Zum einen würden den Abikw in für Zivilverfahren untypischer Weise immer wieder Möglichkeiten gegeben, Stellungnahmen nachzureichen, die nicht fristgemäß oder nicht umfassend eingereicht worden waren. Zum anderen, so Rechtsanwalt Sven Handrich, sei entgegen der richterlichen Auffassung keinesfalls klar, dass die Rechnungen der Abikw "dem Grunde nach" berechtigt seien. Handrich hatte kritisiert, dass die Abikw beispielsweise die Tönsmeier-Verträge nicht offenlegt. Zugleich würden jährlich rund fünf Millionen Euro für die Abfallentsorgung im Köthener Raum in der Gesamt-Kalkulation aufgeführt, ohne erläutert zu werden.