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Durchbruch mit Bau der Sporthalle 1975 / Teil 9 der Volksstimme-Serie zur Geschichte des SV Eintracht Gommern Sport frei: Gommern ist Handball-Hochburg

Von Manuela Langner 27.05.2015, 03:18

Am 12. Juni 1865 wurde in Gommern der Männer- Turn-Verein ins Leben gerufen. Die Abteilung Turnen gibt es im SV Eintracht Gommern heute noch. Dieses Jahr wird das 150-jährige Bestehen des Sportvereins groß gefeiert. Zum Gründungstag findet ein Sportlerball in der Festscheune statt. Bis dahin stellt die Volksstimme in loser Reihenfolge den Sportverein, seine Geschichte und Abteilungen vor.

Gommern l Am Anfang hatten die Handballer in Gommern nicht viel mehr als die Begeisterung für ihren Sport. Es gab keinen vernünftigen Platz (an eine Sporthalle war schon gar nicht zu denken), auf dem sie spielen konnten, andere Sportarten verfügten in der Stadt über eine längere Tradition und so viele Handballer gab es zu Beginn auch noch nicht.

Die erste Mannschaft hatte sich Anfang der sechziger Jahre unter dem Namen BBS ZRAW Gommern gebildet. Ihr gehörten unter anderem Ernst-Otto Pillatzke, Burghardt Bethge, Jochen Mattulke, Jochen Köhler, Helmut Schönfelder, Klaus Möbius, Wilfried Flach, Gerhard Prange und Alfred Falk an. Trotz aller Bemühungen, vor allem des Betriebsberufsschullehrers Ernst-Otto Pillatzke, zerfiel die Mannschaft jedoch wieder.

Handball war von Anfang an nicht nur ein Sport, für den sich die Männer begeisterten. Die Frauenmannschaft unter anderem mit Beate Timme, Gitti Nägele, Gerlind Mies, Eva und Brunhilde Dömeland, Bärbel Hünerbein, Gerda Krieger und Monika Schauer wurde als Freizeitteam gegründet, nahm später aber sogar an Punktspielen teil. Ernst-Otto Pillatzke und Klaus Timme waren ihre Übungsleiter.

1969 stellte der unvergessene Otto Klitzschmüller den Gründungsantrag einer Abteilung Handball an die BSG-Leitung, unterstützt unter anderem durch Werner Kleinhans, dem Vorsitzenden des Kreisfachausschusses Handball. Er machte den Gommeranern Mut.

Die Männermannschaft spielte in der Kreisklasse des Kreises Burg. In der "Alten Seilerei" in Biederitz wurden die Punktspiele auf Splitt ausgetragen. Zum Trainieren hatten sich die Sportler ein Kleinfeld in der Hagenstraße angelegt oder sie nutzten das Kleinfeld der Betriebsberufsschule (BBS) des ZRAW.

Den endgültigen Durchbruch feierte Handball mit der Fertigstellung der Sporthalle am Sportforum 1975. Die guten Trainings- und Wettkampfbedingungen sorgten für eine enorme Handballbegeisterung in der Stadt. Sowohl unter Kindern und Jugendlichen als auch unter Frauen und Männern. Im Nachwuchsbereich war die BSG Aktivist in fast allen Altersklassen vertreten und holte bei den Meisterschaften und Spartakiaden viele Medaillen. Die Frauen verstärkten sich durch Spielerinnen, die schon in der Arbeitsgemeinschaft der Schule Handballerfahrungen gesammelt hatten: Helga Brunsendorf, Christine Dobritz, Mechthild Jeromin und Siglinde Podehl sowie die erfahrenen Regina Rollert und Bärbel Ziran. Später verjüngten Christel Herzig (geb. Schumann), Karin Wenzel (Bethge) und Ina Schmitz (Thomassek) die Mannschaft.

Viele Talente zum SC Magdeburg delegiert

Außerdem konnten viele Talente zum SC Magdeburg delegiert werden: Dieter Brunsendorf, Gunnar Wegener, Holger Reim, Kerstin Brunsendorf, Frank Sperling, Ramona Brunsendorf, Susan Timme, Rhea Schneider, René Schaarschmidt, Antje Titsch, Stefanie Sklarzik, Claudia Ziran, Sabrina Gottschalk und Stefanie Schmidt.

Den Sprung in die dritte Förderstufe schaffte Kerstin Brunsdorf. Als Kapitänin des SC Magdeburg und Regisseurin ihrer Mannschaft rückte sie in den Blickpunkt der Auswahltrainer und spielte mehrfach in der B-Nationalmannschaft. Als sie bei einem Turnier im März 1985 gegen Jugoslawien vier Tore warf, hieß es dazu in der Volksstimme: "Dass unsere Mädchen nach dem 2:8 nicht von der Rolle kamen, war vor allem der eingewechselten Kerstin Brunsendorf zu verdanken, die mehr Ordnung in unsere Abwehr brachte und später auch im Angriff Akzente setzte." Zwischen 1990 und 1994 spielte Kerstin Brunsendorf für den VfL Oldenburg in der Bundesliga.

Die Männermannschaft entwickelte sich zu einem Aushängeschild der BSG Aktivist. Als Kreismeister nahm die Mannschaft an den Aufstiegsspielen zur Bezirksklasse teil. Nur der Sieger dieser Runde durfte aufsteigen. Die Mannschaften aus Wedringen und Gommern schenkten sich nichts. Während die BSG Aktivist ihr letztes Spiel deutlich gewann, warteten die Männer in der Gaststätte am Volkshaus gespannt auf das Ergebnis aus Wedringen. "32:34 - Niederlage für Wedringen", rief Herbert Horn in die Gaststätte und der Jubel kannte keine Grenzen mehr.

Neue Konkurrenz für etablierte Mannschaften

In der Bezirksklasse verschafften sich die Gommeraner von Anfang an Respekt. Schon im Kreis Burg war die Mannschaft zu einem Spitzenteam gewachsen und hatte die erfolgsverwöhnten Handballer aus Biederitz, Burg oder Gerwisch mit einer neuen Konkurrenz konfrontiert.

Im April 1990 bestritten die Gommeraner Handballer den ersten Vergleich einer unterklassigen ostdeutschen Mannschaft gegen ein Team aus dem Westen. Gegner war der Tus Heidkrug/Delmenhorst. Kurz darauf bildete sich eine Sportfreundschaft zu den Handballern des TV Herxheim (Rheinland-Pfalz), die bis heute hält.

Zehn Jahre lang hielt sich die Männermannschaft in der Verbandsliga, der zweithöchsten Spielklasse in Sachsen-Anhalt. 1999/2000 ließ sich der Abstieg in die Nordliga jedoch nicht mehr verhindern.

Die Frauen spielten nach wie vor auf Bezirksebene. Ihre stärkste Saison gelang ihnen 1996/97, als sie am Ende einen bemerkenswerten 4. Platz belegten.

Große Anstrengungen waren notwendig, um Handball wieder unter Kindern und Jugendlichen zu etablieren. Der Verein kooperierte mit der Grundschule und Kindertagesstätten. Neue Mannschaften entstanden, um die sich unter anderem Holger Reim, Bert Böselt, Ralf Gnensch, Jörg Blankenburg, Klaus Timme und Helmuth Schönfelder als Trainer kümmerten. Eine besondere Erfolgsgeschichte gelang Thomas Eckhardt mit seiner Jugendmannschaft. Die Jungen gewannen nicht nur mehrere Titel (unter anderem Nordligameister und Gold bei den Kreis-Kinder- und Jugendspielen), sondern stiegen auch als Mannschaft komplett in den Erwachsenenbereich auf.

Nach wie vor gehört Gommern zu den Gemeinden im Jerichower Land, in denen der Handballsport eine solide Grundlage hat. Der Abteilungsleitung gelang es, gemeinsam mit Trainern und Eltern sowohl für eine stabile Nachwuchsarbeit zu sorgen als auch die Finanzierung dank vieler Sponsoren zu sichern, um die Mannschaften mit Spielbekleidung und Trainingsgeräten auszustatten.

Damit das so bleibt, will die Abteilung ihre Kooperation mit Grundschule und Kitas noch intensivieren. Ein anderes Ziel ist, die 1. Männermannschaft in der Sachsen-Anhalt-Liga zu festigen und ab der kommenden Saison wieder eine Frauenmannschaft in den Spielbetrieb zu integrieren.