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Heike Fräßdorf betreut als Stadtjugendpflegerin zwei Jugendclubs / Den Jugendlichen vermittelt sie Regeln wie: "Bei uns wird in Sätzen gesprochen"

Von Karolin Aertel 11.02.2011, 05:31

Sie sind die Gegenwart und die Zukunft – die Kinder und Jugendlichen der Stadt Zerbst. Ihnen sollte eigentlich die ganze Aufmerksamkeit der Erwachsenen gehören. Die Realität sieht jedoch anders aus. Eine Frau, die sich tagtäglich um die Belange der jungen Generation kümmert, ist die Stadtjugendpflegerin Heike Fräßdorf.

Zerbst. "Die ist eben einfach echt cool drauf", beschreibt der 16-jährige Daniel Müller Heike Fräßdorf. Die Stadtjugendpflegerin habe eine Menge Verständnis, könne manchmal aber auch recht streng sein, erzählt er. "Und Heike ist eben immer da."

Seit vielen Jahren gehen Daniel und sein Zwillingsbruder Maik im Jugendclub Priegnitz, den die Stadtjugendpflegerin betreut, ein und aus. "Ist besser als irgendwo auf der Straße rumzuhängen", meint der 16-Jährige. Schließlich könne man im Club Billard oder Tischtennis spielen, Musik hören oder einfach nur relaxen. "Und wir haben bei schlechtem Wetter ein Dach überm Kopf."

Das denken sich auch die anderen. Im Winter oder bei schlechtem Wetter tummeln sich bis zu 40 Jugendliche in dem Jugendclub. "Das funktioniert aber auch nur, wenn sich alle an die Regeln halten", erzählt die Jugendpflegerin. Dazu gehöre neben Alkohol- und Drogenverbot auch gemeinsames Aufräumen, denn eine Reinigungskraft gibt es nicht.

Neben der Aufsichtspflicht nimmt die 44-jährige in gewisser Weise auch erzieherische Aufgaben wahr. "Eine Regel, die ich kurzerhand aufgestellt habe, ist, dass ¿Hallo‘ gesagt wird, wenn die Jugendlichen in den Club kommen." Was man eigentlich als eine Selbstverständlichkeit vermutet, ist oftmals die Ausnahme. Zudem versucht die Stadtjugendpflegerin ihren Schützlingen klar zu machen, dass in ganzen Sätzen gesprochen wird.

Dennoch sei sie der Meinung, dass die Jugendlichen nicht wesentlich anders sind als früher. Lediglich an einigen Grundwerten fehle es manchmal. Eine derartige Einschätzung kann sie ohne Zweifel geben. Denn die Sozialpädagogin ist bereits seit 1991 in der Jugendarbeit tätig, für die Stadt arbeitet sie seit 1995, betreut den Jugendclub Priegnitz und den Jugendclub Jeversche Straße. In dieser Zeit hat sie viele Kinder kennengelernt und aufwachsen gesehen. Manche kommen heute noch in den Club, und dies obwohl sie schon erwachsen sind.

Aufgefallen sei ihr im Laufe der Jahre, dass manche Jugendliche etwas "frühreifer" sind als andere. "Sie legen bestimmte Verhaltensweisen eben ein paar Jahre früher an den Tag." Außerordentlich besorgniserregend finde sie dies allerdings nicht. "Im Großen und Ganzen sind das alles ganz liebe Kinder."

Für das Jahr 2011 hat sich Heike Fräßdorf nichts Besonderes vorgenommen. "Ich gebe mich keinen Illusionen mehr hin", sagt sie. Für große Sprünge in der Jugendarbeit fehle der Stadt einfach das Geld. "Eigentlich bin ich schon froh, wenn alles so bleibt, wie es ist."

Ein Rundgang durch den Jugendclub Priegnitz offenbart jedoch, dass an der ein oder anderen Stelle Handlungsbedarf besteht. Die Räumlichkeiten sind zwar mit farbenfrohen Graffitis gestaltet, die Einrichtung ist hingegen spartanisch und wenig zeitgemäß. Bei den Sofalandschaften schaut teilweise das Polster heraus, der Billardtisch ist voller Flicken und Löcher und die Küche droht auseinanderzufallen. "Vieles ist eben vom Sperrmüll", erzählt sie. "Die Jugendlichen haben aber keine großen Ansprüche und fühlen sich auch so wohl."

Das bestätigt auch der 16-jährige Daniel Müller. "Obwohl, eine heile Küchenzeile wäre schon ganz schön", so der junge Zerbster.