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Konzerte in der St. Trinitatiskirche Zerbst und im Schloss Wendgräben Barockmusik in reizvoller Bandbreite

Von Helmut Rohm 11.04.2011, 04:40

Die Musik von "Fasch - Vater und Sohn", so das Festivalmotto, und die Barockmusik überhaupt in ihrer ganzen Vielfalt zu erleben - das machen die 11. Internationalen Fasch-Festtage möglich. Eindrucksvolle Beispiele für die Bandbreite waren die Konzerte am Freitagabend in der Zerbster St. Trinitatiskirche und am späten Sonnabendnachmittag im Schloss Wendgräben.

Zerbst/Wendgräben. Großer Chor, opulent besetztes Orchester, renommierte Gesangssolisten, eine mit gut 200 Gästen besetzte St. Trinitatiskirche Zerbst, deren hervorragende Akustik Garant für Hörerlebnisse ist - das waren die äußeren, optisch beeindruckenden Attribute für das Konzert am Freitagabend. "Dresdner Vokalmusik" überschrieben es die Programmgestalter der 11. Internationalen Fasch-Festtage.

Der Universitätschor Halle "Johann Friedrich Reichardt" und das "Telemannische Collegium Michaelstein unter der Gesamtleitung des hallischen Universitätsmusikdirektors Jens Lorenz präsentierten eine spannend aufgebaute Pro-grammabfolge. Drei Kompositionen von Johann Adolph Hasse (1699-1783), einem Zeitgenossen von Johann Friedrich Fasch, wurden zum Auftakt gespielt. In dem "Responsum "Domine ad adjuvandum me festina" und den beiden Vesperpsalmen "Confitebor tibi" und "Dixit Dominus" erlebten die Zuhörerinnen und Zuhörer eindrucksvolle Barockmusik, die konzertant durch eingängig von Oboen, teils auch von Hörnern unterstützt, geprägt ist.

Die im Orchester praktizierte Kombination von Truhenorgel und Barocklaute schuf den Reiz von Cembalo-Stimmung. Durchaus als kurzweilig zu bezeichnen sind die Wechsel zwischen homophonem und polyphonem Chorgesang sowie die sich oft schnell mit dem Chor abwechselnden Gesangssoli und die differenzierten Zwischenspiele. Mit Ulrike Fulde und Julia Kirchner (beide So-pran), David Erler (Altus), Tobias Hunger (Tenor ) und Tobias Berndt (Bass) wirkten ausgezeichnete Gesangssolisten mit, die mit mühelos präsentiertem Klangvolumen, umfassendem Klangreichtum und gutem Textverständnis begeisterten.

Nach dem wohl recht bekannten "Gloria" von Vivaldi, in dem bereits auch Trompeten und Pauken zum Einsatz kamen, waren die Gäste auf den Fasch dieses Abends gespannt.

"Es ist Fasch original instrumentiert, nur teils aufführungspraktisch bearbeitet", erklärt der Editor und Musikwissenschaftler Brian Clark, der auch selbst anwesend war.

Die "Hohe Messe in D-Dur", auch "Dresdner Messe" genannt, war höchstwahrscheinlich, so Brian Clark, für eine Aufführung Mitte der 1720er Jahre komponiert. Fasch vertonte alle Oratoriumstexte von Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus/Benedictus und Agnus Dei. Das Orchester, unter anderem mit eingefügten Trompeten-, Horn-und Oboensoli, die vorzüglichen Gesangssolisten im harmonischen Miteinander sowie reizvollen Dialogen mit dem überzeugenden Chor brachten dieses Werk ungemein stimmungsvoll zu Gehör. Viel verdienter Beifall erklang in der St. Trinitatiskirche.

Vollständiger Szenenwechsel etwa 18 Stunden später. Statt fast einhundert Mitwirkenden "nur" zwei. Statt großer Kirchenraum ein "Speisesaal", der seinen Namen aus früheren Schulzeit behalten hat, jedoch nicht minder festlich daher kommt. Im Schloss Wendgräben gab es am Sonnabend das Konzert "Wiederentdeckt". Als Solisten agierten Thomas Fritzsch auf seiner historischen, aus dem Jahre 1784 stammenden, siebensaitigen Viola da Gamba. Er wurde von Shalev Ad-El auf dem Cembalo begleitet. "Wir beide sind schon lange ein künstlerisches Paar und haben in vielen Ländern Barockmusik gespielt" erzählt der Leipziger Thomas Fritzsch. Der aus Israel stammende Shalev Ad-El wurde 2008 mit dem Fasch-Preis der Stadt Zerbst ausgezeichnet.

Die beiden Musiker präsentierten Sonaten von Johann Christian Bach, deren Originale auf "wunderbare oder sonderbare Weise", so Thomas Fritzsch, erst vor Kurzem auftauchten. Shalev Ad-El spielt als Erstaufführung vom Fasch-Sohn Carl Friedrich Christian Fasch die "Sonata III pour calvecin".

Der Reiz der Musik der Viola da Gamba liegt in der ungewöhnlichen Klangfarbe und der weitgespannten Stimmungsvielfalt, die der Solist, mit der professionellen Begleitung des Cembalisten vorzüglich zur Wirkung brachte. Es gab Blumen und viel Beifall - und als Zugabe von Thomas Fritzsch ein sehr emotionales Adagio von Carl Friedrich Abel (1725-1787).