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Dieter Grube aus Reuden wagt mit 52 Jahren den Schritt in die Selbständigkeit / Sein Rezept: "Mein Beruf ist auch mein Hobby"

Von Arlette Krickau 18.04.2011, 06:40

Mit 52 Jahren ein eigenes Geschäft eröffnen - die meisten würden abwinken und dankend ablehnen. Der Reudener Dieter Grube sah es als eine Chance und packte an. Jetzt sieht man den Jungunternehmer täglich in weißer Hose, weißem Hemd, weißer Mütze und je nach Tätigkeit einer großen dunklen Schürze umgebunden in den gekachelten Räumen hinter seinem Haus arbeiten. Dieter Grube ist Fleischermeister und seit Ende vergangenen Jahres mit seiner Firma Fläminger Landfleischerei selbständig.

Reuden. Bis zur Firmengründung war es aber ein harter Weg. Der geborene Garitzer lernte und arbeitete als Fleischer auf dem Schlachthof in Zerbst. In der NVA blieb er seinem Beruf im weitesten Sinne treu: Sein Einsatzort war die Küche. "Ich war Koch zur Armeezeit. Die Männer, die etwas in der Richtung gelernt hatten, wurden immer gerne in die Küche geholt zum Kochen", erinnert er sich mit einem verschmitzten Lächeln.

Die Küchentätigkeit sollte ihm erhalten bleiben: 22 Jahre arbeitete er in der Gastronomie des Kulturhauses Garitz und machte dort seinen zweiten Facharbeiter als Koch. Bis dahin verlief alles gut in seinem Leben. Lange gestand er sich nicht ein, dass er ein Alkoholproblem hatte - bis er gehen musste. Schnell darauf fand er jedoch wieder eine Anstellung, diesmal als Fleischer in der Schweinemast in Loburg. Auch hier hörte das Trinken nicht auf. "Mittlerweile weiß ich, dass jede Sucht einen Tiefpunkt braucht, wo man sich seinem Problem bewusst wird, und wo man sich entscheiden muss", sagt der bereits seit über elf Jahren trockene Dieter Grube.

Im Jahr 2000 kam dieser Tiefpunkt für Dieter Grube. Als er betrunken zur Arbeit kam, wurde er als arbeitsunfähig wieder nach Hause geschickt und auf dem Rückweg von der Polizei rausgezogen. Da wusste er: "Du musst was machen, sonst geht es nur noch abwärts."

Der Weg aus der Sucht führt zu neuen Zielen

Was folgte, waren eine Entgiftung und der Anschluss an eine Selbsthilfegruppe. "Ich bin dort auch weiterhin, denn es half mir und jetzt kann ich anderen darin helfen", berichtet der gelernte Fleischer und Koch stolz. Seine Arbeit behielt er und auch seine Frau: "Sie stand die ganzen Jahre, auch während der Sucht zu mir", sagt er und weiß das heute mehr denn je zu schätzen.

Auch neue Ziele gehörten zum neuen Leben von Dieter Grube: "Den Meistertitel im Fleischerhandwerk, weil ich einfach noch dazu lernen wollte in meinem Beruf, sollte mein nächstes Ziel sein", erzählt er. Drei Monate drückte er dafür die Schulbank in Bayern. "Mit 42 Jahren war ich der Älteste", erinnert er sich, "und ich musste meine ganze Energie da rein stecken, um es zu schaffen".

Unterstützung kommt von Frau und Sohn

Er bestand alle Prüfungen und arbeitete danach weiter in seinem Job in der Schweinemastanlage, bis er mit 49 Jahren das Unternehmen verließ. Mit 50 Jahren kam er noch kurz in einem Gastronomiebetrieb unter, der ihn nach zwei Jahren aber nicht mehr halten konnte. Vielleicht ein Wink des Schicksals führte ihn da zu Ego-Pilotin Claudia Görner. Sein Hobby, das Hausschlachten, was er seit vielen Jahren betrieb, und sein Meistertitel sollten sich als die besten Voraussetzungen für einen selbständigen Fleischereibetrieb entpuppen.

Mit 52 Jahren wagt Dieter Grube den Schritt in die Selbstständigkeit. "Sicherlich spricht es sich einfacher, als es ist. Die vielen Behörden, die ganze Bürokratie - vor allem am Anfang - ist das ohne Hilfe fast gar nicht zu bewältigen", weiß der Fleischermeister jetzt. Auch dass man nicht auf die Arbeitsstunden schauen darf, man viel vordenken und planen muss und dass der Stress einer eigenen Firma, einem näher geht als der Arbeitsstress eines Angestellten, musste er lernen. Doch bereut hat er es trotzdem nicht. "Auch wenn ich manchmal schimpfe, ist es eine gute Sache", sagt er und lächelt. Hat er doch volle Unterstützung: Seine Frau hilft ihm bei der Buchführung und sein Sohn steht ihm beim Ausbau der Fleischerräumlichkeiten bei. Außerdem sind auch gewisse Vorteile nicht von der Hand zu weisen. "Ich kann mir meine Zeit selbst einteilen", fällt ihm da als erstes ein.

"Es ist aber viel Energie nötig", sagt der erfolgreiche Existenzgründer. "Weil mein Beruf auch mein Hobby ist, kann ich den Stress gut wegstecken", verrät er sein Rezept. Und dass er den Alkohol hinter sich gelassen hat, war nötig. "Mit der Sucht hätte ich es nie geschafft", weiß er.

Optimistisch fällt der Blick in die Zukunft

Bei den ersten Schritten soll es nicht bleiben. Neue Ziele hat Dieter Grube bereits: "Ich strebe eine Zusammenarbeit mit einem Gastronomie-Unternehmen an, möchte alte Technik modernisieren und vielleicht auch einen kleinen Verkaufswagen haben", verrät der Reudener. Aber natürlich nur, wenn es finanziell hinhaut. Was ihn zuversichtlich in die Zukunft schauen lässt, ist sein Konzept und er weiß, was er kann: "Qualität setzt sich durch", sagt Dieter Grube und lächelt.