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Nachfrage im Leserauftrag Plötzlich Rentnerin - und nichts beantragt

14.05.2011, 04:25

"Am Mittwoch vor Ostern habe ich plötzlich einen Bescheid im Briefkasten, dass mir das Arbeitslosengeld gestrichen wird", sagt die Zerbsterin Edelgard Nabrich. Der Grund: Sie ist seit Januar 2011 Rentnerin, wusste dies jedoch nicht. Falsch informiert oder desinteressiert? Im Ergebnis hatte sie von einem Tag auf den anderen kein Geld mehr.

Von Judith Kadow und Thomas Drechsel

Zerbst. Edelgard Nabrich ist im Dezember 65 Jahre alt geworden. Ausgehend von der Vermutung, erst mit 67 Rentenansprüche zu haben, stellte sie im Dezember ihren Folgeantrag auf Hartz-IV bei der KomBA-ABI in Zerbst für 2011. "Der ist mir auch bis Mai bewilligt worden", erzählt sie und legt den Bescheid vor.

Mit dem Schreiben von vor Ostern ist der jedoch hinfällig. "Dort wird mir gesagt, dass ich jetzt eigentlich Rente beziehen muss und mich umgehend beim Sozialamt melden soll, um eine Grundsicherung zu beantragen, bis ich Rente kriege."

Dummerweise standen die Osterfeiertage unmittelbar bevor, es vergingen weitere Tage, bevor sie die Anträge für die Rente und die Grundsicherung stellen konnte. Auch zu einem Wohngeldantrag sei ihr geraten worden. "Deren Bearbeitung dauert mit Muss vier Wochen. Ich habe mindestens einen Monat lang kein Geld", sagt sie. "Ich kann weder meine Miete bezahlen noch zum Arzt gehen. Ich bin zuckerkrank und brauche meine Medikamente."

Ihre persönliche Nachfrage bei der KomBA bewirkte nichts. Dort habe es geheißen, dass das Gesetz nun mal so sei und sie nichts machen könnten. "Ich verstehe es nicht. Wenn mein Rentenantrag durch ist, bekomme ich das Geld rückwirkend zum 1. Januar. Ich krieg\'s also so oder so. Wieso kann ich die Zahlung dann nicht noch solange erhalten?", ist Edelgard Nabrich verwundert. "Zumal ich ohne Angaben zu meiner Rente, kein Wohngeld beantragen kann."

Es sei festgestellt worden, dass Frau Nabrich die Altersgrenze zum Bezug der aufgeführten Leistungen im Dezember erreicht hatte, so Heinz Westphal, in der KomBA ABI zuständiger Bereichsleiter Leistung. "Somit bestand ab 1. Januar 2011 kein Anspruch auf ALG II. Durch die KomBA-ABI wurden bis 30. April 2011 Zahlungen erbracht." Dann aber stellte sie die Zahlungen ein, Frau Nabrich stellte so erstmals ihren neuen Status fest und beantragte "zeitnah Leistungen nach dem SGB XII beim Sozialamt. Das Sozialamt übernimmt nun die Zahlungen, bis die Rente bewilligt wird. In Abstimmung wird beim Sozialamt der Antrag auf Grundsicherung kurzfristig bearbeitet. Die Zahlung für den Monat Mai soll Frau Nabrich noch in der 19. KW erhalten", so der Bereichsleiter auf Volksstimme-Anfrage zum Fall. Heißt: Die Behörden haben sich kurzgeschlossen, um die mittellose Zeit von Frau Nabrich möglichst kurz zu halten.

Weshalb Frau Nabrich nicht auf die einsetzende Rentner-Zeit hingewiesen wurde, ist offen. Ebenso offen ist jedoch auch, weshalb die jetzige Rentnerin dem Trugschluss unterlag, dies erst mit 67 zu werden. Zumindest bei der KomBA-ABI will man nun auf die Altersstruktur der Leistungsempfänger verstärkt achten. Die sollen künftig rechtzeitig auf die Rentenantragsstellung hingewiesen werden", erklärte Westphal.