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Schiedsstelle der Stadt Zerbst ist ins Rathaus umgezogen Bei allem Tun ein Grundsatz: "Schlichten statt richten"

Von Antje Rohm 28.04.2010, 04:53

Seit wenigen Wochen hat die Schiedsstelle der Stadt Zerbst ein neues Domizil. Ist von der Puschkinpromenade 4 ins Rathaus umgezogen. Dort geht es Volker Uecker und Dirk Carow ums " Schlichten statt richten ". Bedarf ist genug.

Zerbst. Volker Uecker hat den Schreibtisch voller Schriftstücke. Am Nachmittag steht ein Schlichtungstermin an, weitere sind vorzubereiten. Sieben Schlichtungsfälle beschäftigten oder beschäftigen die Zerbster Schiedsstelle bereits in diesem Jahr. 2009 waren es insgesamt sechs, 14 im Jahr 2008. " In 90 Prozent der Fälle können wir einen Vergleich erzielen ", sagt Volker Uecker. Für den Zerbster ist es das zehnte Jahr als Schiedsperson. Die jeweils zwei Schiedspersonen – aktuell ist das auch der allerdings seit Längerem erkrankte Dirk Carow – werden vom Stadtrat für je fünf Jahre gewählt. Die nächste Wahl ist im Juli 2011.

Volker Uecker hat Schiedsstellen-Erfahrung " aus DDR-Zeiten in der Schraube ". 1999 entschied sich der heute 66-Jährige, der vor dem " Ruhestand " zuletzt bei Siro Blech tätig war, nach einer Pause, " mich wieder gesellschaftlich zu engagieren ". Bewarb sich für die Schiedsstelle und ist seit 2000 dabei.

Einst waren es der Verweis, die ungeliebte Kontrollmaßnahme oder ähnliches, die die Schiedsstelle beschäftigten, mit Schlichtung vor allem im Sinne des Betriebes. Jetzt sind es vor allem Nachbarschafts- oder Familienstreitigkeiten. " Schlichten statt richten ", nennt Volker Uecker dabei das oberste Anliegen. In kräftigem Orange steht es auch gemalt neben der Schiedsstellentür. " Wir versuchen, die Parteien auf kleinstem gemeinsamen Nenner zusammenzuführen. "

Bevor Antragsteller und Antragsgegner – so heißt es in der Schiedsstelle – bei Volker Uecker am Tisch sitzen, versucht er oft, sie schon vorher zum Gespräch zu bewegen. Zwist auszuräumen, der entsteht, weil die Hecke falsch wächst, das Haustier stört oder, wie gerade auch mal, Grundstücksfragen zu klären sind, die auf die Bodenreform zurückgehen … Wer Probleme hat, die zur Schiedsstellen-Angelegenheit werden können, ruft an oder schreibt. Mitunter ist auch das städtische Ordnungsamt erster Ansprechpartner. Es gibt ein erstes Gespräch mit den Schiedspersonen zum Anliegen, die Antragstellung und dann den Schlichtungstermin in der Schiedsstelle.

Die hat ihr Domizil seit März im neu ausgebauten Zwischengeschoss des Zerbster Rathauses. Zuvor in der Puschkinpromenade 4 untergebracht, " ganz oben unter dem Dach, waren wir für ältere Leute oder Menschen mit Behinderung kaum erreichbar ", so Volker Uecker. Diese Hürden sind im Rathaus ausgeräumt. Sprechzeit war vorher zweimal monatlich. Jetzt reicht der jeweils zweite Dienstag im Monat. Zumal die Schiedspersonen auch quasi jederzeit erreichbar sind und Termine machen.

" Die Stadt unterstützt uns, wo sie kann ", so Volker Uecker. Ebenso guter und wichtiger Partner, vor allem für Fachfragen, ist Amtsgerichtsdirektor Andreas van Herck.

Die Schiedspersonen, ein reines Ehrenamt, sind zuständig für das gesamte Stadtgebiet, seit Oktober 2009 auch für den Raum Coswig, weil dort die Schiedsstelle nicht besetzt ist. Für die Antragsteller fallen Gebühren zwischen 50 und 75 Euro an. Beim Vergleich gibt es 25 Euro zurück. Kommt es nicht zur Einigung, gibt es die Erfolgslosigkeitsbescheinigung. Dann ist das Gericht nächste mögliche Station. Wie auch dann, wenn ein Streitfall noch einmal auftritt. Vergleiche sind 30 Jahre gültig. Dieselbe Sache darf nicht noch einmal zur Schiedsstelle.

Volker Uecker kennt erbitterte " Streithähne ", die vorher 20 Jahre beste Freunde waren. Oder jene, die es nach der Schlichtung werden. Auch gibt es Dank an die Schlichter. Mitunter erst nach ein, zwei Jahren, aber : " Das ist eine schöne Bestätigung der Arbeit. "