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Junges Zerbster Paar wegen Strom-Klau vor Gericht Zweimal Plomben entfernt - dafür nun 1800 Euro Geldstrafe

30.06.2011, 04:34

Von Thomas Drechsel

Zerbst. Ein junges Paar aus Zerbst ist zu Geldstrafen von zusammen 1800 Euro verurteilt worden. Thomas Krille, Richter am Amtsgericht Zerbst, sah es als erwiesen an, dass die zusammenlebenden arbeitslosen Eltern eines knapp dreijährigen Kindes im Oktober 2010 in zwei Fällen die Plomben ihres gesperrten Stromzählers entfernten, um sich weiter mit Energie zu versorgen.

Die Anklage beschreibt einen Schaden von 500 Euro, der durch den illegal gezogenen Strom nur teilweise verursacht sein dürfte. Vielmehr werden die Aufwendungen der Stromstadtwerke für die Mahnverfahren, zuletzt dann auch für das Abschalten und Verplomben des Stromzählers zur Wohnung der beiden, insgesamt zur angegebenen Summe geführt haben.

Der arbeitslose Holzbearbeiter gab an, die angegebene Schadenssumme sei viel zu hoch. Außerdem habe er "gar nichts gemacht." Im Haus seien mehrere Stromzähler. Sie hätten auch keine Benachrichtigung erhalten, dass der Strom nunmehr abgestellt werde. Er sei nach Hause gekommen, der Strom war weg, und wenig später sei er wieder dagewesen. Sicherlich, man habe den Stadtwerken Geld geschuldet, doch "die sind bezahlt".

Seine 28-jährige Lebensgefährtin, die als Köchin arbeitete, aber seit der Geburt des Kindes arbeitslos ist, verwies auf eigene Bemühungen. Sie habe bei den Stromstadtwerken um eine Ratenzahlung der Außenstände nachgefragt, dies sei abgelehnt worden. Dann habe sie ihren Vater angefragt, und der habe auch Geld überwiesen. "Dann war der Strom auch wieder da."

Wenig später jedoch war die Stromversorgung erneut unterbrochen. Auf einen Hinweis hin sei sie zum "Hartz IV-Amt" gegangen. "Ich wusste bis da ja nicht, das die das übernehmen." Eine Sperre am Stromzähler jedoch habe sie nicht entfernt.

Ein Zeuge brachte Licht in die Sache. Als Mitarbeiter der Stromstadtwerke hatte er am 6. Oktober 2010 der besagten Wohnung den Strom abgestellt. Etwa 40 Mal pro Monat komme Derartiges vor. Den Zähler abzuklemmen, sei das letzte Mittel des Stromversorgers. "Eigentlich melden sich die betroffenen Kunden dann sehr schnell und suchen nach einer Regelung. Dies war in dem konkreten Fall nicht geschehen. Wenn das passiert, fahren wir ein paar Tage später erneut zu der Wohnung und schauen nach. In diesem Fall stellte ich fest, dass der Zähler wieder in Betrieb genommen wurde." Zwischen dem ersten und dem zweiten Abklemmen lagen 13 Tage. Weitere drei Tage später, erneut bei einer Kontrolle mangels Reaktion des Paares, stellte der Elektromonteur dann erneut fest, dass seine Plomben entfernt wurden und der Strom wieder fließt.

Es könnte ja sein, dass ein anderer Mieter versehentlich den Zähler der Angeklagten wieder freigeklemmt hat. So hatte der Angeklagte argumentiert. Ausgeschlossen, so der Zeuge. Zwar seien durchaus mehrere Mietparteien jenes Wohnhauses zeitweise "abgeklemmt", doch würde mit hoher Wahrscheinlichkeit jeder seinen Zähler kennen. Zum anderen hätte es für einen anderen keinen Sinn gehabt, die Stromzufuhr für einen Dritten herzustellen, selbst jedoch weiter ohne Strom dazusitzen. "Und es wurde nur dieser eine Stromzähler gebrückt", so der Zeuge.

Damit war für den Richter der Fall klar: Das Paar hat sich unerlaubt selbst mit Strom versorgt. Für den Angeklagten erschwerend wirkt sich sein Vorstrafenkatalog aus. Sechsmal stand er bereits vor Gericht. Er hat bereits Leistungen erschlichen, war betrunken im Straßenverkehr unterwegs, hat Hausfriedensbruch begangen. Ihm wurde die Hauptschuld zuerkannt: 90 Tagessätze zu je 15 Euro Geldstrafe. Seine Lebenspartnerin, ein strafrechtlich bislang völlig unbeschriebenes Blatt, wurde zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt. "Es liegt ziemlich auf der Hand, dass Sie beide das selbst gewesen sind", war Richter Krille überzeugt.