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Wasserbau-Geschichte beginnt mit Albrecht dem Bären Zerbster heben Nuthe an und "erfinden" Ankuhn-Lösung

Von Antje Rohm 28.05.2011, 04:32

Wasser dominiert das Leben. Tödlich, wenn es fehlt. Ganz fatal, wenn es zu viel gibt. In einer lockeren Serie nähert sich die Zerbster Volksstimme dem Thema Wasser. Im Fokus stehen die aktuellen Erscheinungen, die Wechselwirkungen des Wassers mit Natur wie Zivilisation. Heute: Aus der Zerbster Wasserbau-Historie.

Zerbst. "Da gab es den Schlossteich nicht", sagt Helmut Hehne und verweist auf den alten Zerbster Stadtplan aus dem Jahr 1798. Der Hobbyhistoriker hat sich auch mit den Zerbster Wasserläufen und Teichen beschäftigt, unter anderem darüber im Zerbster Heimatkalender veröffentlicht.

Und der Blick darauf bietet interessante Entwicklungen und auch einige Zerbster Besonderheiten.

"Wir müssen zurück bis zu Albrecht dem Bären, der die Flamen in die ostelbischen Gebiete geholt hat", erinnert Helmut Hehne auf die Anfänge auch der bewussten Zerbster "Bewässerung". Mit ihren Kenntnissen in Wasserbauten sowie im Obst- und Gemüsebau, die sie aus ihrer Heimat mitbrachten, konnten sie mit den ähnlichen Verhältnissen hier gut umgehen, schreibt auch Karl Schreck im Heimatkalender 1966 zur "für die Landgewinnung notwendigen Bändigung des Nuthewassers". zu den "Meliorationen im Zerbster Gemüseland".

Den Schlossteich gab es nicht

Zu den umfangreichen Wasserbauten gehörte der Ausbau der Boner Nuthe in Zerbst, erzählt Helmut Hehne. Das Bett dieses Flusslaufes wurde von Bone bis zum Alten Teich, dem auf alten Karten als "older Dyk" bezeichneten größten und bedeutendsten der Zerbster Teiche, im Bereich der Frauentormühle "ganz allmählich geschüttet und angehoben, um der heute noch bestehenden Frauenmühle die nötige kinetische Energie zu verschaffen". Das Flussbett wurde mit Lehm als Dichtungsmittel ausgestampft. Die Schüttungen mit Wällen sind noch gut erkennbar.

Die Nutheregulierung, erklärt Karl Schreck, habe zum einen die Anlage von Mühlen möglich gemacht, zum anderen habe die Nuthe ein festes Bett erhalten "und es wurde das breite Nuthetal der landwirtschaftlichen Nutzung erschlossen".

Gerade für den Zerbster Ankuhn – wo mit der Trockenlegung das bis heute fruchtbare Gemüseland entsteht – wird in den 1930er Jahren dann auf Initiative von Karl Schreck und Franz Büchner noch ein besonderes Bewässerungssystem geschaffen. "Hier regelt bis heute eine hin- und rückfließende Wasserregulierung über Nuthe und Flutgraben die Feuchtigkeit des ertragreichen Ackerbodens mittels der Hoch- oder Herunterstellung der Wehre", beschreibt es Helmut Hehne.

Blick zurück auf den historischen Stadtplan. Neben dem Alten Teich finden sich dort in unmittelbarer Nachbarschaft unter anderem der Schäferteich neben dem Frauentor und die Ziegelteiche im Bereich des heutigen Rathenauplatzes. Den Schlossteich gibt es im Schloßgarten nicht, dafür Türkenteich und Goldfischteich, sowie einen Wasserarm zwischen Schloss und Schlosswiese und hinter der heutigen Stadthalle. Helmut Hehne: "Da konnte die Prinzessin Kahn fahren." Reste des damaligen Wehres in diesem Bereich sind noch erkennbar.

Handlungsbedarf am Alten Teich

Durch das Innenstadt-Gebiet von der Frauenmühle aus verlaufen mehrere Stränge der Boneschen Nuthe – zum Betrieb von Gerbereien und Färbereien, vielleicht auch zum Bierbrauen, so Karl Schreck, wurde das Nuthewasser verwendet. Eine vereinte Nuthe wird es wieder im Schloßgarten.

Die Bonesche Nuthe ist der östliche Nuthearm um und in Zerbst, die Lindauer Nuthe der nördliche. Zu ihrer Entlastung, so Helmut Hehne, wurde nach den großen Flutkatastrophen 1841 und 1845 um 1859/60 der Flutgraben angelegt.

So verändert sich das Zerbster Wasserbild nicht erst nach 1945. Da werden die früheren Nuthearme verfüllt. Zwischen Frauenmühle und dem Schloßgarten, in dem die Wasserführung nahe der Gartenstraße wieder in die Nuthe fließt, wird neu ausgeschachtet. "Die Gründe sind unbekannt", sagt Helmut Hehne.

Während es den Schlossteich da schon wieder gibt, sind viele andere der Teiche verschwunden, die der alte Stadtplan zeigt, dabei auch der Lindauer Teich und Scharfrichterteich im Ankuhn. Sie wurden mit Schutt sowie Unrat verfüllt und mit Erdmassen abgedeckt.

Die Zerbster haben teilweise auf die alten Wälle und Wasserläufe gebaut. Helmut Hehne verweist zum Beispiel auf das AWO-Seniorenzentrum am Frauentorplatz. Auch das Katharina-Denkmal steht "mitten in der Nuthe", was zu besonderen Voruntersuchungen und Gründungen führte.

Dringenden Handlungsbedarf sieht er den Alten Teich betreffend. "Das den Wasserstand regelnde Wehr unmittelbar am Alten Teich wurde beim Straßenneubau einst mit weggerissen", verweist er auf anstehende Probleme bei einer möglichen Überflutung. "In zurückliegender Zeit war bereits einmal ein Schöpfwerk projektiert, das jedoch nie zur Ausführung kam."