Verein Sunrise fährt mit dem Wärmebus durch die Stadt / Hilfe und Beistand für Menschen ohne festen Wohnsitz Warme Kleidung, Kaffee und wärmende Worte
Immer dienstags um 16.30 Uhr hält der Wärmebus auf dem Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB). Die Mitglieder vom Verein Sunrise bringen damit Wärmendes für Menschen, die kein Zuhause haben.
Altstadt l Wer glaubt, in Magdeburg gibt es keine Obdachlosen, der irrt. "Allein hier am Bahnhof kenne ich 30", erzählt Jakob Ferchland. Da seien die Männer vom "Deichwall" nicht mitgerechnet und "auch die nicht, die sich in Fermersleben treffen", betont er. Ihr Leben haben sie rund um den Hauptbahnhof eingerichtet. Das Übergangsheim in Rothensee kommt für die Männer nicht in Frage. Zu weit weg. Sie warten morgens schon, dass die Bahnhofsmission öffnet. Dann können sie duschen und frühstücken. Auch das letzte Abendmahl gibt es dort. Gegen 17 Uhr gehen sie dorthin. "Die schließen ja so früh." Dann suchen sie ihre Schlafplätze auf. Manche verraten, wo sie schlafen, wollen es aber nicht in der Zeitung stehen haben. "Ist sicherer."
Es sind keine schönen Orte. Aber sie bieten ein Dach über dem Kopf und Wände, die gegen den kalten Wind schützen.
Auch Frank Thielemann lebt so. Er zeigt seinen Personalausweis. "Früher stand da OFW", erzählt er: Ohne festen Wohnsitz. "Das darf nicht mehr sein, ist diskriminierend." Jetzt steht nur noch Magdeburg als Wohnort. "Ich hätte gern wieder eine Wohnung", erzählt Frank. "Doch ohne Arbeit wird das nichts." Seufzt und trinkt von dem Kaffee, den die Leute vom Verein Sunrise mitgebracht haben. Eine große Kanne voll. Milch gibt\'s dazu, und auch frisch gebackener Kuchen steht an diesem Dienstag mit auf dem Tisch am Busbahnhof. Der eigentliche Wärmebus ist an diesem Nachmittag allerdings ausgefallen, muss repariert werden. Um die wartenden Männer nicht zu enttäuschen, haben Agnes Maria Alteneder und ihre Mitstreiter alles mit der Straßenbahn angeschleppt. An ihrer Seite die Ärztin Ellen Hammer, die an der Uniklinik gerade ihre Doktorarbeit vorbereitet, und Helmut Rebbe, der das Leben auf der Straße aus eigener Erfahrung kennt.
Auch Helmut war früher obdachlos in Magdeburg. Er hat es geschafft, sagt er stolz lächelnd. Deshalb engagiert er sich bei Sunrise. "Mir wurde geholfen, jetzt möchte ich das auch", betont er. Er weiß, wie schwer das ist. "Bist du erst einmal raus, wird es ein Kreislauf - ohne Wohnung keine Arbeit, ohne Arbeit keine Wohnung."
Helmut hat über seine Erfahrungen ein Video fürs Internet aufgenommen. "Frei sein" heißt es und hat bei Youtube fast 1000 Klicks.
Ein Beispiel für viele. Der Verein "Sunrise - Licht im Dunkeln" kümmert sich. Zunächst entstand mit "ObdiMa(h)l" ein Projekt im Übergangsheim am Deichwall - mit Aktionen wie Gartenarbeit, gemeinsamem Kochen. "Wir möchten die Menschen vom Rand der Gesellschaft in unsere Mitte holen", sagt Agnes Alteneder. Der Wärmebus ist daraus entstanden, angelehnt an Beispiele aus Hamburg oder Berlin.
Die Männer vom Wärmebus-Treff und die Leute von Sunrise sind eine regelrechte Gemeinschaft. Sie duzen sich, reden wie Freunde. Auf der Straße sind alle gleich, sagen sie, "ohne Unterschied, auch der Nationalität".
Doch es ist mehr als das: Ob zu Weihnachten oder einfach mal so gibt es Einladungen zum Essen, z.B. in das Gemeindehaus der CVJM (Christliche Vereinigung Junger Menschen). Oder auch nach Hause, sagt Agnes Alteneger.
Es gibt natürlich auch Dinge, die sie nur persönlich besprechen. Zum Beispiel mit Ärztin Ellen Hammer. "Gerade die Kälte macht den Menschen auf der Straße zu schaffen." Verletzungen, Bluthochdruck, Diabetes werden behandelt. Manchmal vermittelt Hammer an andere Mediziner, die kostenfrei behandeln.
"Sie helfen uns soweit sie können", sagt Frank und lächelt die Frauen an, "das ist sehr nett." Warme Sachen bringen sie mit, Decken, Schlafsäcke, Handschuhe. Alles Spenden.
Zum Schluss umarmen sich alle. Macht\'s gut, bis nächste Woche! Die Männer freuen sich drauf, und die Sunriser offensichtlich auch.
Informationen zum Verein und seiner Arbeit im Internet:
