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  7. Libellen, Brücken und Blabla-Vorwürfe erhitzen in Ostelbien die Gemüter

Hermann Onko Aeikens will nach der Flut Naturschutz für Alte Elbe auf den Prüfstand stellen Libellen, Brücken und Blabla-Vorwürfe erhitzen in Ostelbien die Gemüter

Von Robert Richter 26.07.2013, 03:11

Magdeburg | Sachsen-Anhalts Umweltminister Hermann Onko Aeikens (CDU) will das umstrittene EU-Naturschutzgebiet Alte Elbe auf den Prüfstand stellen, sieht einen Ausstieg der Stadt aber skeptisch. Bewohner Ostelbiens versprechen sich davon besseren Hochwasserschutz.

Auf einem Forum der CDU im Bürgerhaus Cracau äußerte sich der Umweltminister am Mittwochabend ausführlich zu den Regularien des Naturschutzgebietes (Flora-Fauna-Habitat, kurz FFH) und erntete dafür heftige Kritik. "Sie erzählen hier doch nur Blabla", empörte sich ein Rentner aus Ostelbien und zog schimpfend von dannen.

Kurze Aufregung kam im proppenvollen Saal unter den rund 100 Zuhörern auf. "Wollen Sie weiter Fragen stellen und ich antworte, oder sind Sie auch der Meinung, ich erzähle nur Blabla?", fragte der Minister mit Nachdruck. Das Gebrabbel verstummte und die Fragerunde ging weiter. Doch das FFH-Gebiet blieb der Aufreger Nummer eins. Klaus-Dieter Arendt von der Bürgerinitiative Furtlake/B1 erntete stürmischen Applaus: "Ich unterstütze unseren Oberbürgermeister ausdrücklich darin, die Alte Elbe aus dem FFH-Gebiet herauszunehmen", sagte Arendt. Der Ostelbier Hans-Jürgen Kehr und zahlreiche weitere Besucher schlugen in dieselbe Kerbe: "Jetzt in diesem Sommer sollte das Flussbett der Alten Elbe ausgebaggert und der Baumbestand entfernt werden", forderte er.

Genau solchen Maßnahmen setzt die FFH-Richtlinie aber strenge Grenzen oder verhindert sie gänzlich, was Umweltschützer in der Vergangenheit auch gerichtlich durchsetzen konnten.

Ausbagger-Effekt umstritten

Doch einfach austreten aus dem Naturschutzprogramm der EU kann Magdeburg ohnehin nicht, stellte Aeikens klar. Für die Alte Elbe sei wegen ihrer schützenswerten Pflanzen und Tiere der FFH-Status vor Jahren von der EU erlassen worden. "Der Status kann nur von der EU wieder aufgehoben werden, wenn sich herausstellen sollte, dass die zu schützenden Tiere und Pflanzen nachweislich nicht mehr vorhanden sind. Das muss nun überprüft werden", erklärte der Minister. Damit antwortete er auch auf Einwürfe, die geschützten Libellen hätten das Hochwasser ohnehin nicht überlebt. Aeikens verteidigte das Naturprogramm, betonte aber: "Der Schutz des Menschen muss Vorrang haben."

Allerdings: Welchen Effekt etwa ein Ausbaggern der Alten Elbe auf Pegelstände hätte, darüber streiten durchaus die Gelehrten. Verschiedene Studien kamen bislang zu unterschiedlichen Aussagen. Aeikens versprach eine neue fachliche Bewertung anhand der Daten und Erkenntnisse aus der jüngsten Flut.

Vorhersagesystem nicht optimal

Auch zur Kritik an den Hochwasserprognosen des Landes äußerte sich der Minister und räumte ein. "Unser System ist nicht schlecht, aber noch nicht optimal." Punktlandungen seien allerdings schwierig: "Wir können die Natur nicht völlig beherrschen."

In der nächsten Woche will der Umweltminister bei einem Treffen mit Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) die Flut weiter auswerten. Zur Sprache kommen dürften dabei auch die Brücken.

Ostelbier forderten am Mittwoch den Abriss der alten Eisenbahnbrücke über die Alte Elbe sowie eine Strombrückenverlängerung ohne die bisher angedachten neuen Pfeiler im Flussbett. Statt dessen solle eine Pylonbrücke die Innenstadt mit Ostelbien verbinden.

Außerdem verlangten Besucher des Forums Maßnahmen gegen Grund- und Drängwasserprobleme in Ostelbien. Dazu gebe es ein Landesprogramm, das auch in Magdeburg greifen werde, versprach Aeikens.