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Wirtschaftsbeigeordneter Rainer Nitsche über den Preis "Kommune des Jahres" "Grundstückspreise und Steuern sind nicht alles"

Magdeburg ist am Wochenende in Dresden von der Oskar-Patzelt-Stiftung zur "Kommune des Jahres" gekürt worden. Sie würdigte die
Mittelstandfreundlichkeit der Elbestadt. Rainer Schweingel fragte bei
Magdeburgs Wirtschaftsbeigeordnetem Rainer Nitsche nach.

10.09.2013, 01:20

Volksstimme: Was kann Magdeburg mit dem Preis anfangen?

Rainer Nitsche: Zunächst einmal nutzen wir den Preis aktiv für die Werbung und das Standortmarketing. Der Preis schließt sich wunderbar an unsere Auszeichnung als "dynamischste Großstadt Deutschlands" an und zeigt, dass wir den Mittelstand fördern und sich die Firmen hier wohlfühlen. Der Preis wird uns helfen, diese Botschaft noch stärker als bisher nach außen zu tragen. Die Auszeichnung ist auch hilfreich, wenn es darum geht, dass sich Firmen hier erweitern oder nach Magdeburg kommen wollen.

Volksstimme: Bei Ansiedlungen von außen sind nach wie vor Umlandgemeinden wie Barleben ein starker Konkurrent. Mit welchen Argumenten locken Sie Investoren nach Magdeburg?

Rainer Nitsche: Wir können mit den Grundstückspreisen oder Steuersätzen mancher Umlandgemeinde nicht mithalten. Aber diese Fragen sind nicht alles. Wir werben mit einem hervorragenden Service und umfangreichen Netzwerken. Nur ein Beispiel: Neben meinem Team der Wirtschaftsförderung unterstützen uns auch zwei Regio-Coaches des Landes, die bei uns angesiedelt sind. Die kümmern sich verstärkt um die Betreuung der Mittelständler, insbesondere bei Fragen der Fachkräftesicherung und der Nachfolgeregelung. Außerdem gibt es unter den Unternehmen viele Synergieeffekte, die wichtiger sind als Grundstückspreise und Steuersätze. Nicht zuletzt kann man innerhalb der Stadtgrenzen die Firmen mit Bus oder Bahn erreichen, was wir übrigens noch weiter verbessern werden, zum Beispiel mit einem Bus ins Industrie- und Logistikzentrum Magdeburg.Der Mittelstand ist also bei uns gut aufgehoben.

Volksstimme: Welche Bedeutung messen Sie dem Mittelstand in Magdeburg bei?

Rainer Nitsche: Der Mittelstand spielt die tragende Rolle. Er ist krisenfester und robuster als Großunternehmen und hat inzwischen auch so viel Eigenkapital, kritische Konjunkturlagen zu überstehen. Das haben die Krisen der letzten Jahre gezeigt, in denen es keine größeren Entlassungen gab. Außerdem handelt es sich meist um Familienunternehmen, deren Inhaber sich mit der Firma und den Mitarbeitern viel stärker identifizieren. Der Mittelstand sorgt für ein nachhaltiges Wachstum in kleinen, aber beständigen Schritten.

Volksstimme: Worauf wird sich die Wirtschaftsförderung in den nächsten Monaten konzentrieren?

Rainer Nitsche: Wir werden alles dafür tun, dass Firmen, die sich bei uns erweitern wollen, auch schnell und unkompliziert mit Flächen versorgt werden. Außerdem streckt unser internationales Büro für Wirtschaftsförderung gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer die Fühler nach China und anderen aufstrebenden Volkswirtschaften aus, um unsere leistungsstarken Unternehmen aus Industrie und Handwerk zu präsentieren. Ein wichtiger Punkt hier vor Ort ist außerdem, die Unternehmen bei der Fachkräftesicherung zu unterstützen. Dazu gehört beispielsweise die Vermittlung von Schulpartnerschaften für eine frühzeitige Berufsorientierung, aus der dann die Unternehmen neue Mitarbeiter gewinnen. Und wir wollen, dass unsere Mittelständler stärker mit unseren Hochschulen und Forschungseinrichtungen zusammenarbeiten.

Volksstimme: Rothensee kam während des Hochwassers wegen der Überflutung in die Schlagzeilen. Welche Folgen hatte diese Nachricht für das Gewerbegebiet und mögliche Investoren?

Rainer Nitsche: Zum Glück gab es bis auf Drängwasser keine großen Auswirkungen. Das Industriegebiet ist ja aufgeschüttet worden, so dass weiter produziert werden konnte. Wenn der Betrieb eingestellt wurde, hatte das eher die Ursache, dass Mitarbeiter nicht zum Betrieb kamen, weil Straßen gesperrt waren, oder sie selbst privat vom Hochwasser betroffen waren. Norma beispielsweise hat während des Hochwassers weiter an seiner neuen Betriebsstätte gebaut. Wir haben im Nachgang zum Hochwasser viele Unternehmen besucht, aber niemand hat die Standortentscheidung bereut. Das ist doch beste Werbung für den Standort Magdeburg und Rothensee.