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Kritik an Fischbesatz Behörde: "Karpfen sind die Wildschweine des Wassers"

23.10.2013, 03:11

Magdeburg l Zweieinhalb Tonnen Karpfen und Schleie hat der Magdeburger Anglerverein am Montag in den Gewässern der Landeshauptstadt ausgesetzt. Das sorgt auch für Kritik. Für den Gewässerkundlichen Landesdienst sind die Karpfen "Wildschweine des Wassers".

Das Aussetzen der Fische durch Vereine ist ein jährliches Ritual. Die Angler bringen in die Gewässer das rein, was sie später wieder rausholen. In Magdeburg vor allem Karpfen. Und mit verlässlicher Regelmäßigkeit tauchen Fragen nach dem ökologischen Sinn auf.

Beispielsweise vom Gewässerkundlichen Landesdienst. "Wir sehen das aus ökologischer Sicht", sagte ein Behördenmitarbeiter der Volksstimme auf Nachfrage. So gibt es Fischarten, die ohne Besatz nicht haltbar sind. Das sind unter anderen Aale. "Karpfen verhalten sich jedoch wie Wildschweine im Wald", so der Mitarbeiter weiter. Das heißt: Die Tiere gründeln auf dem Boden. Das setzt einen Prozess in Gang, der die Algenbildung fördert, was aus ökologischer Sicht wiederum problematisch ist. "Von einem Fischsterben nach dem Hochwasser zu sprechen, ist falsch. Die Natur kennt keine Katastrophen. Sie erholt sich selbst", heißt es aus dem Landesdienst. Für die Natur sei das zurückliegende Hochwasser weit weniger dramatisch gewesen als das von 2002. Ähnlich sieht das der Naturschutzbund (Nabu). "Besatzfisch sehen wir kritisch. Das birgt immer die Gefahr einer Verschiebung im Ökosystem", sagt Nabu-Sprecherin Annette Leipelt. Das massenhafte Aussetzen von Karpfen und Schleien ist auch ein Eingriff in die Gewässerökologie.

Mit dem diesjährigen Besatz kann allerdings nur ein Bruchteil dessen ausgeglichen werden, was beim zurückliegenden Hochwasser verendet ist. Allein in Magdeburg gab es in 14 Gewässern einen Totalausfall (Volksstimme berichtete). Der Anglerverein schätzte die Menge auf mindestens acht Tonnen. "Vielleicht auch zehn", sagte deren Chef Harald Rohr.

Das größte Problem beim Hochwasser ist die Überfrachtung bei "überspülten" Gewässern. Allerhand Stoffe werden in die Seen getragen, die da nicht reingehören, was vor allem den Sauerstoffgehalt in den Keller drückt. Die Fische ersticken. Doch gerade Karpfen kommen im Vergleich zu anderen Fischarten mit relativ wenig Sauerstoff aus.

Zudem sind die Angler als Pächter Fischereiausübungsberechtigte. Das heißt, sie müssen ihre Fanggebiete pflegen. Das umfasst - etwa bei Hochwasser - das Einsammeln von toten Fischen. Aber auch das Einsetzen der Tiere ist geregelt. Aufsicht führen hier die jeweiligen Fischereibehörden. Vereine müssen Buch führen, welcher Fisch wann und wo ins Wasser gesetzt worden ist.