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Warum ein Projekt der Guericke-Universität für Aufsehen sorgt Forschung: Diese Mediziner geben uns Hoffnung

An der Otto-von-Guericke-Universität arbeiten Mediziner in einem
Sonderforschungsprojekt an der Entschlüsselung der zellulären
Kommunikation im Immunsystem. Gelingt das, könnten Autoimmunkrankheiten wie Rheuma, Diabetes und Multiple Sklerose
bald besser behandelt und vielleicht sogar geheilt werden.

31.01.2014, 15:19

Magdeburg l Will man eine Krankheit verstehen, muss man sie sezieren. Die Mediziner des Sonderforschungsbereiches (SFB) 854 der Magdeburger Otto-Guericke-Universität (OVGU) gehen dabei bis auf die Molekül-Ebene. "Wir müssen versuchen, Krankheiten zu entschlüsseln", sagt Prof. Dr. Burkhart Schraven.

Der Mediziner und Wissenschaftler ist Direktor des Institutes für Molekulare und Klinische Immunologie an der OVGU. Vor wenigen Wochen hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) in einem aufwendigen Prüfverfahren die Fortführung seines Projektes beschlossen. Mehr als 80 Personen, darunter viele renommierte Wissenschaftler und Vertreter aller 16 Bundesländer, haben ihm und seinem Team bis 2017 eine Fördersumme von zehn Millionen Euro bewilligt. Damit spielen die Magdeburger in der Champions League der Forscher. "Natürlich ist das eine Auszeichnung für uns", sagt Schraven.

Worum geht es? Mehr als 30 Mediziner arbeiten an der Entschlüsselung der zellulären Kommunikation im Immunsystem. Zwei von ihnen sind Prof. Dr. Thomas Fischer, Direktor der Universitätsklinik für Hämatologie und Onkologie, und Prof. Dr. Peter Mertens, Direktor der Universitätsklinik für Nieren- und Hochdruckkrankheiten. Fischer und Mertens arbeiten also jeden Tag mit Patienten, um die es bei dem Sonderforschungsprojekt geht.

"Die Entschlüsselung der Kommunikation ist wichtig, damit wir verstehen, wie unser Immunsystem überhaupt funktioniert", sagt Fischer. Er und seine Kollegen möchten verstehen, warum die Arbeit zwischen Immunzellen bei bestimmten Krankheiten gestört ist. "Würden wir das verstehen, würden sich bei der medikamentösen Behandlung neue Ansätze ergeben", sagt sein Kollege Mertens.

Eine von vielen Autoimmunkrankheiten ist beispielsweise Rheuma. Läuft die Kommunikation zwischen unseren Zellen fehlerfrei, funktioniert auch das Immunsystem ohne Probleme. Es tut das, was es soll - es zerstört Krankheitserreger. Ist diese Arbeit allerdings gestört, kann sich das System gegen den eigenen Körper richten. In diesem Fall spricht man von Autoimmunkrankheiten.

Unter Rheuma fassen Ärzte 100 verschiedene Erkrankungen zusammen. Bei einer häufigen Form der entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, der rheumatoiden Arthritis, entzünden sich etwa Gelenk-Innenhaut, Sehnenscheiden und Schleimbeutel. Allein in Deutschland leiden Hunderttausende Menschen daran. Bei all diesen Personen bekämpft das Immunsystem körpereigenes Gewebe. "Unser Ziel ist es, die Kommunikation zwischen den Zellen gezielt zu manipulieren", sagt Schraven. Um das zu können, müssen die Wissenschaftler allerdings verstehen, wie die Kommunikation im gesunden Immunsystem überhaupt funktioniert.

Im Magdeburger Sonderforschungsbereich wird dieser Frage in 17 Einzelprojekten nachgegangen. 35 Mediziner, darunter 25 Doktoranden, wollen den Mechanismen der zellulären Kommunikation im Immunsystem auf die Spur kommen. Dabei arbeiten auch unterschiedliche Forschungsbereiche zusammen. Zum Einsatz kommen auch neue mikroskopische Techniken.

So haben die Mediziner etwa erst kürzlich ein 800.000 Euro teures Mikroskop angeschafft, mit dem man Immunreaktionen des Körpers live mitverfolgen kann. So können Schraven und sein Team quasi in Echtzeit beobachten, wo sich eine Zelle im Körper zu welchem Zeitpunkt befindet - und mit welchen Zellen sie interagiert. Haben die Wissenschaftler das System bis ins kleinste Detail entschlüsselt, werden sie unser Immunsystem besser verstehen. Volkskrankheiten wie Alzheimer oder Rheuma wären besser behandelbar - oder auf Dauer sogar heilbar. "Bis dahin ist es aber für uns noch ein langer Weg", sagt Schraven.