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Johanniter und Awo wollen Magdeburger Kitas schließen "Hier geht das Licht von allein an und aus"

Eine Nachricht, die in dieser Woche "unter der Hand" die Redaktion
erreichte, will nicht in die Zeit passen: Die Rede ist von
Kita-Schließungen. Johanniter und Awo bestätigen solche Absichten. Mit
Mangel an Nachfrage haben sie nichts zu tun.

Von Katja Tessnow 01.02.2014, 02:20

Magdeburg l "Wir möchten die Kinder sicher betreuen", sagt Heike Trautmann. Sie leitet den Fachdienst Kinderbetreuung bei der Johanniter-Unfall-Hilfe, Betreiber von 15 Kitas und Horten in Magdeburg. Trautmann bestätigt das vor dem Hintergrund von Kitaplatzmangel unglaubliche Gerücht. Die Johanniter wollen eine Krippe schließen; konkret: das "Bienenhaus" (45 Plätze) in der Förderstedter Straße (Stadtteil Leipziger Straße).

Wenig später tut es ihr Heike Rudolf gleich. Auch die Geschäftsführerin des Kreisverbandes der Arbeiterwohlfahrt (Träger von 11 Kitas und Horten) gibt Trennungswünsche zu Protokoll. Die Awo will den Betrieb der Kita "Bummi 1" (125 Plätze) in der Helene-Weigel-Straße (Kannenstieg) einstellen.

Indes: Wie im "Bienenhaus" herrscht auch bei "Bummi" Hochbetrieb; alle Plätze belegt. Wie immer die Sache ausgeht - die Schließungen sind noch nicht besiegelt -, jene Eltern, deren Kinder in den Häusern betreut werden, müssten sich keine Sorgen machen; jedenfalls nicht um den Kita-Platz. Allerdings müssten die Steppkes umziehen, gehen die Schließungen durch - an, aus Sicht der Betreiber, sicherere Orte in ordentlichen Häusern.

"Wenn etwas passiert, ist das Entsetzen groß", sagt Ines Knoll. Sie leitet das "Bienenhaus" - eine Krippe im Erdgeschoss einer Wobau-Platte. Die Kinder fühlen sich sichtlich wohl in liebevoll gestalteten Gruppenräumen. Und doch plagen Ines Knoll Bedenken. Sie macht überall Unfall- und Gefahrenquellen aus. Unebene Böden unterm Linoleum aus den 70er/80er Jahren; ebenso alt sind die Leitungssysteme von Wasser bis Strom.

"Hier geht das Licht von allein an und aus", sagt Knoll und dass ihr das Angst macht. Manchmal käme Wasser aus den Abflüssen hoch, berichtet der Hausmeister. Die Sanitäranlagen sind veraltet. In den rostigen Wannen kann kein Kind mehr sitzen. Die Belegschaft des "Bienenhauses" ist hin und her gerissen von den Plänen ihrer Leitung zur Trennung vom Objekt. Man sieht Trauer in den Augen der Kolleginnen. Das Team funktioniert. Andererseits ist der marode Zustand der Einrichtung offensichtlich und Abhilfe nicht in Sicht.

Bei Johannitern wie Awo ist der Fall der gleiche: Beide haben Ersatzobjekte in Betrieb. Die Johanniter eröffneten 2009 einen auf ihre Initiative hin und ohne finanzielles Zutun der Stadt errichteten Ersatzneubau fürs "Bienenhaus", die Kita "Waldschule" gleich um die Ecke (52 Plätze). Die Awo nahm im Vorjahr die Kita "Bummi 2" (125 Plätze) in einem von der Stadt sanierten Objekt am Kannenstieg in Betrieb. "Bummi 1" verfiel.

Die zur Schließung vorgesehenen Gammelobjekte waren von den Kita-Planern im Rathaus mit dem Stempel ohne Perspektive versehen worden - noch vor Zeiten der Kitaplatzkrise. Das hatte zur Folge, dass kein Cent mehr in die Häuser investiert wurde. Trautmann: "Dann wurden die Plätze knapp und die Stadt bat uns, das ,Bienenhaus\' übergangsweise offenzuhalten. Es war von fünf Jahren die Rede. Die sind um." Trautmann weiß um die Platznot und berichtet von Auswegsuche für das "Bienenhaus": "Wir sind an die Stadt herangetreten, aber die will die Sanierung an einem Mietobjekt nicht tragen. Die Wobau als Vermieter verweist an die Stadt. Wir drehen uns im Kreis." Jetzt wollen Johanniter und Awo die alten Objekte räumen, wie einst geplant, und die Kinder auf andere Einrichtungen verteilen.

Was sagt die Stadt zur Misere? Sozialbeigeordneter Hans-Werner Brüning (Linke) ist von den Socken über die Schließungsabsichten: "Das geht nicht! Wir prüfen das jetzt." Die Einrichtungen seien im Kita-Bedarfsplan verankert; ihre Schließung verschärft die Platznot. Brüning kündigt die Befassung des Stadtrates an und will "neue Regeln" aufstellen, die Schließungen verhindern. Der Beigeordnete befürchtet Nachahmereffekte, was auf den Zustand weiterer Kitas schließen lässt. Heike Trautmann sagt: "Wir betreiben das ,Bienenhaus\' gerne 100 Jahre weiter, wenn die Stadt das wünscht. Aber dann muss sie was tun." Heike Rudolf stößt ins gleiche Horn: "Wenn Herr Brüning die Schließung nicht wünscht, hätte er ja mal mit uns reden können." Die Kommunikation scheint in keinem besseren Zustand als die beschriebenen Objekte. Jetzt soll geredet werden - Ausgang offen.