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Während der Verband der Gartenfreunde auf Kostenbeteiligung bei Rückbau verzichtet, verschickt die Stadt Rechnungen Gärtner fordern Gleichbehandlung

Der im Juli geschilderte Fall einer ehemaligen Gartenpächterin aus Buckau, die es nach der Flut jetzt doppelt hart trifft, hat einigen Staub aufgewirbelt. In der Sparte herrscht nach wie vor große Verunsicherung wegen der Vorgehensweise der Stadt. Auch der Vorwurf der Ungleichbehandlung wird laut.

Von Jana Heute 08.08.2014, 03:18

Magdeburg l Der von der Volksstimme aufgezeigte Fall benenne ein krasses Problem bei der Behandlung von Kleingärtnern, die durch die Flut geschädigt wurden, schreibt unser Leser Heiko Prassek. Dafür gebe es noch mehr Beispiele, so Prassek. Auch er selbst habe seinen Garten am Bisamweg in Buckauer Elbnähe. "Wir sind in gleicher Weise wie Frau Bartel betroffen. Uns wird die Weiterveräußerung des Gartens untersagt, gleichzeitig fordert die Stadt den kompletten Rückbau des Gartens bzw. stellt die Rückbaukosten in Rechnung", so Heiko Prassek gegenüber der Redaktion.

Tatsächlich beruft sich das Rathaus auf geltendes Recht und fordert die Hälfte der Abrisskosten für den früheren Garten auch bei der 74-jährigen Magdeburgerin ein. Die Stadt ist im geschilderten Fall von Ingrid Bartel Verpächterin des Grundstücks, das die Rentnerin seit 1986 als Garten- und Erholungsgrundstück genutzt hat. Für das gut 600 Quadratmeter große Stück Land zahlte Ingrid Bartel jährlich 349 Euro Pachtzins. Nach mehrfachen Überflutungen, zuletzt am schlimmsten im Juni 2013, hat die Stadt entschieden, die Gärten "Hinter dem Buckauer Friedhof" am Bisamweg sowie am Mäusering langfristig aufzugeben und der Natur zurück zu geben. Worüber die betroffenen Kleingärtner mit ihren privaten Pachtverträgen jedoch nicht informiert wurden: Die Stadt erlaubt fortan keinen Weiterverkauf der auf den Grundstücken geschaffenen Werte wie Lauben oder Bepflanzungen mehr. Die Rentnerin Ingrid Bartel, die nach der Flut 2013 aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben hatte, konnte zwar einen Nachpächter organisieren. Mit ihm hatte sie sich auch schon über eine Ablösesumme geeinigt. Als sie ihren Vertrag mit der Stadt von sich aus kündigte, erhielt sie jedoch überraschend die Auskunft, dass sie weder verkaufen noch auf eine Entschädigung seitens der Stadt hoffen darf. Sie soll jetzt sogar die Hälfte der Abrisskosten übernehmen. Die Stadt beruft sich dabei auf das so genannte Schuldrechtsanpassungsgesetz. Eine Kulanzregelung in Einzelfällen lehnte OB Trümer nach der Veröffentlichung in einem Gespräch mit der Volksstimme ab. Er scheut einen Präzedenzfall. So bleibt die Stadt unnachgiebig. Rentnerin Ingrid Bartel muss mit einer Eigenbeteiligung von ca. 3000 Euro rechnen. Und wie sie jeder, der auf eigene Faust seinen Vertrag mit der Stadt kündigt. Auch Heiko Prassek machte diese Erfahrung.

Zugleich herrscht weiter große Verunsicherung. "Bis heute hat die Stadt es nicht für nötig gehalten, uns Kleingärtner und Pächter offiziell über die Untersagung eines Weiterverkaufs zu informieren", übt Bodo Moser, ebenfalls Kleingärtner in der Kolonie "Hinter dem Buckauer Friedhof", erneut Kritik. Das Liegenschaftsamt agiere äußerst trickreich: "Durch das Verkaufsverbot sinkt der Verkehrswert unserer Sachwerte auf Null." Deshalb fordere man von der Stadt eine Entschädigung nach Zeit-, nicht nach Verkehrswert, so Moser.

Auch die Erhebung der hälftigen Abrisskosten stößt bei den Buckauer Kleingärtnern bitter auf. Das Vorgehen der Stadt sei umso fragwürdiger, da es "durchaus in Magdeburg auch andere Verfahrensweisen für Flutgärten gibt", betont Heiko Prassek. Wer beim Verband der Gartenfreunde Magdeburg eine Parzelle gepachtet habe, könne in Flutgebieten seinen Garten ohne Rückbauforderungen aufgeben. Für Gärtner, die einen Pachtvertrag direkt mit der Stadt haben, soll dies nicht gelten, stellt Prassek fest. "Wo bleibt da die Gleichbehandlung", fragt er.

Darauf gibt es bislang keine Antwort. Fest steht, dass Hobbygärtner mit Pachtvertrag beim Kleingartenverband besser dran sind. Schon nach der ersten Hochwasserkatastrophe 2002 habe der Vorstand des Verbandes entschieden, dass Kleingärtner ihre Parzellen in Überschwemmungsgebieten ohne Rückbauforderung aufgeben können, bestätigt Verbandschefin Ute Simon auf Nachfrage. Eine Entschädigung gibt es für die Gärtner allerdings auch nicht.

Jedoch: Der Verband der Gartenfreunde bekam seinerzeit den Rückbau in flutgeschädigten Gärten öffentlich gefördert. "Das betraf aber nur 25 Parzellen, heute reden wir über ca. 300 Parzellen in den 2013 betroffenen Gärten zwischen Buckau und Westerhüsen", sagte Ute Simon gestern. Ob es hier für den Rückbau auch noch Fluthilfe-Gelder gibt, ist im Moment völlig unklar. "Wir haben alle Anträge in der Schublade und hoffen inständig, dass das noch klappt", sagt Ute Simon. Wenn nicht, bleibt der Verband auf den Kosten sitzen. Darüber wolle man jetzt aber nicht nachdenken, so Simon. Immerhin sei es "von höchstem öffentlichen Interesse", wenn frühere Gartenanlagen wieder als beräumte Überflutungsflächen zur Verfügung stünden, so das Argument der Verbandschefin. Eine Entscheidung steht allerdings noch aus. Und das betrifft auch die Buckauer Gärtner mit Pachtvertrag bei der Stadt. Bisher werden reine Abrissmaßnahmen bei Aufgabe eines Gartens (ohne Ersatz an anderer Stelle) nicht gefördert. Doch es laufen Überlegungen im zuständigen Landesministerium, diese Fälle in den Förderkatalog mit aufzunehmen, erklärte Michaela Möllhof von der Investitionsbank Sachsen-Anhalt, über die die Förderanträge abgewickelt werden.

Auf die Entscheidung warten betroffene Buckauer Gärtner nun ebenso gespannt wie der gesamte Kleingartenverband der Stadt.