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Wirtschaftsfaktor Kunst und Kultur Kreative treffen sich im Salon

Mehr als 5000 Arbeitsplätze in Magdeburg zählen zur Kultur- und
Kreativwirtschaft. Die meist sehr kleinen Unternehmen untereinander und
mit anderen Bereichen der Wirtschaft zu vernetzen, ist das Ziel der
Kreativsalone.

Von Martin Rieß 07.10.2014, 03:24

Magdeburg l Einmal im Halbjahr ein Kreativsalon - das soll zu einer Tradition werden. Nach einem Ausflug ins Atrium der Getec ist die Veranstaltung zurückgekehrt in die Brandenburger Straße, ins Forum Gestaltung. Für den Termin im Frühjahr steht B.T. Innovation an der Sudenburger Wuhne auf dem Plan. Ein konkretes Thema gibt es für diesen Termin noch nicht.

Für die dritte Veranstaltung in der Brandenburger Straße hingegen ganz klar: Es geht diesmal um Kultur. Denn viele Akteure in Magdeburg sind am freien Markt aktiv, verdienen ihre Brötchen abseits der institutionellen Förderung. Und sie geben Impulse - dies machen beim Kreativsalon in einem Raum in der Brandenburger Straße 10 sechs ausgewählte Beispiele deutlich.

Musik: Warnfried Altmann und sein Saxofon sind in Magdeburg bekannt - seit Jahren kümmert er sich um die Jazzreihe im Schauspielhaus, fürs nächste Jahr ist sogar ein neues Jazzfestival geplant. Er sagt: "Als Musiker und Komponist muss man sich strecken, und es ist oft nicht einfach." Doch Tanzmusik, mit der sich einfacher mehr Geld verdienen ließe, möchte er nicht machen. Besonders reizvoll: Die musikalische Begleitung von Veranstaltungen. Das Schöne am Jazz: Mit improvisierten Stücken sei es möglich, auf die kurz zuvor besprochenen Themen musikalisch einzugehen und damit den Zuhörern vielleicht sogar eine andere Sicht auf das Gesagte zu bieten. Der größte Auftritt? Da muss der Musiker nicht lange überlegen. Das war der Soloauftritt im Berliner Olympiastadion während des Besuchs von Papst Johannes Paul II.

Fotografie: Nilz Böhme hat sich in der und die Stadt Magdeburg verliebt. Geboren in Essen und aufgewachsen in Hannover lebt er seit 17 Jahren hier. Als Fotograf arbeitet er zum Beispiel mit dem Theater Magdeburg zusammen. Wenn am Opernhaus die großformatigen Bilder für Stücke zu sehen sind - Nilz Böhme hat die Hände im Spiel. Er sagt: "In den Zeiten der Digitalfotografie ist es für den professionellen Fotografen wichtig, seinen ganz eigenen Stil zu finden." Es geht darum, möglichst früh an einem Bild mitzudenken, um einen Hingucker zu erzeugen. Beispiel Magdeburger Kulturnacht am 13. Dezember. Ein Foto mit den Akteuren war angesagt. Aber statt ein einfaches Gruppenfoto mit wenig Aufmerksamkeitspotenzial zu produzieren, hat Nilz Böhme die Menschen auf einer Art Gangway mit dem Dom im Hintergrund inszeniert - getreu dem Kulturnachtmotto "Fliegen lernen". Oft muss der Wahl-Magdeburger für Aufträge zu anderen Orten reisen, er sagt aber: "Ich würde gern noch mehr in Magdeburg arbeiten." Oft fehlt aber wohl das Bewusstsein in der Region, dass es sich lohnen kann, in eine gute Fotografie zu investieren.

Literatur: Die Magdeburger Schreibkräfte sind mit Herbert Beesten, Karsten Steinmetz und Ulrich Wittstock erschienen. Sie vertreten die Literatur und damit das Verlagswesen. Sie stehen hier laut Einladung als Repräsentanten des Mich Verlags in Stadtfeld. Karsten Steinmetz sagt: "Wir wollen Literatur und das Verlagswesen wieder mehr in Magdeburg etablieren. Die Stadt hat das verdient." Und was Literatur bedeuten kann, zeigen die drei eindrucksvoll: Ulrich Wittstock sorgt für Heiterkeit in seinem Bericht über das Wesen der Soljanka, Karsten Steinmetz und Herbert Beesten erzählen in einem frei vorgetragenen Stück vom Außenseitertum in Paris. Der Vortrag ist dabei mit einem Schauspieltrainer eingeübt - erklärtermaßen wollen die Schreibkräfte weg von den "Glas-Wasser-Lesungen", wie sie erklären. Überzeugen können sich Interessierte am 12. Oktober ab 19 Uhr, im Rahmen des Performance Festivals "Olo Bianco" im Wissenschaftshafen.

Theater: Das Theater an der Angel hat seit kurzem sein neues Stück "Anna Blume 4 - Sag Ja zur Kunst oder Ordnung muss sein!" im Programm. Ines Lacroix und Matthias Engel geben einen kleinen Einblick. Als freies Theater gibt das Haus an der Zollstraße mehreren Mitarbeitern Arbeit. "Alle fünf Jahre, wenn eine Verlängerung des Mietvertrags ansteht, denken wir darüber nach, ob wir uns noch etwas zu sagen haben und weitermachen wollen", berichtet Ines Lacroix. Bislang war das immer der Fall - und im kommenden Jahr muss die Entscheidung erneut gefällt werden. Klar: Nur mit Freude an der Arbeit lassen sich die Zuschauer so begeistern, dass die meisten Veranstaltungen ausverkauft sind. Halbleere Zuschauerreihen könnte sich das Theater an der Angel nicht leisten. Wichtig sei es, die kleinen Stücke mit ebenso viel Einsatz und Liebe auf die Bühne zu bringen wie die größeren, für die es ab und an gelingt Projektförderung zu bekommen.

Kino: Was Förderung bringen kann - davon berichtet Frank Salender vom Studiokino am Moritzplatz. Hier werden Filme geboten, die in den großen Kinos nicht laufen. Investiert hat das Haus zuletzt in neue Digitaltechnik. Das durchaus treue Publikum weiß, was es an diesem Kino hat. Und mit den Filmkunsttagen Sachsen-Anhalt (15. bis 19. Oktober, filmkunsttage.de) sei es dem Haus gelungen, von Magdeburg aus auf Kinos zwischen Merseburg und Salzwedel auszustrahlen. Zunächst in Eigeninitiative und auf eigenes Risiko initiiert, hilft jetzt das Land. "Die Förderung des Landes ermöglicht eine völlig neue Qualität", sagt Frank Salender. Der Nutzen für die Stadt: Mit Preisgeldern können Filmemacher auch von außerhalb auf die Stadt aufmerksam gemacht werden - offen, für welche Projekte die Filmkunsttage auch aus wirtschaftlicher Sitz damit die Keimzelle in sich tragen.

Kabarett: Lars Johansen war schon zu den Zeiten beim Kabarett "Die Kugelblitze", als dieses noch in städtischer Trägerschaft agierte. Längst ist ein solches Geschäftsmodell für Kabaretts keine Option mehr, man muss sich auf dem freien Markt behaupten. Das, so Johansen, führt zu interessanten Programmen. Wenn beispielsweise auf einem Ärztekongress wissenschaftliche und für den Laien schwer verständliche Themen diskutiert werden - dieser aber mit einer kabarettistischen und auch von Spontanität getragenen Kabaretteinlage begleitet und aufgelockert werden soll. Gelegenheit, für die Zuschauer, sich von den kreativen Ideen von Lars Johansen und seinen Mitstreitern zu überzeugen, bietet das neue Programm "Die Erde hat ´ne Scheibe". Premiere ist am 15. Oktober, 20 Uhr, in der Zwickmühle, Leiterstraße 2a.