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Magdeburg soll Personal finanzieren Die Aids-Hilfe kränkelt

Die Zahl der Neuinfektionen bei HIV hat sich in Sachsen-Anhalt von 2011 bis 2013 fast verdoppelt. Die Zahl der Syphilis-Fälle hat sich verdreifacht. Die Dunkelziffer ist unbekannt. Die Aids-Hilfe Magdeburg hofft nun auf Geld der Stadt, um gegensteuern zu können.

Von Christina Bendigs 11.10.2014, 03:07

Magdeburg l "In allen Bundesländern, in denen wenig Geld für Prävention zur Verfügung steht, steigt die Zahl der HIV-Neuinfektionen." In Sachsen-Anhalt hat sie sich von 2011 bis 2013 fast verdoppelt - von 40 auf 70. Die Aids-Hilfe betreut 150 Klienten. Das berichtete der Leiter der Magdeburger Aids-Hilfe, Sven Warminsky, der sich auf Zahlen des Robert-Koch-Institutes berief. "Prekär", nennt er das. Und das Problem werde sich noch verschärfen, warnt er angesichts der Aufnahme von Flüchtlingen, schlechter medizinischer Versorgung im ländlichen Raum und mangelnder Aufklärungsarbeit.

Er hofft deshalb, dass sich der Stadtrat dazu durchringt, eine Personalstelle für die Aids-Hilfe in Magdeburg zu finanzieren. Nur auf diese Weise könne vorgebeugt und Betroffenen geholfen werden. Die Stadtratsfraktionen Die Linke/Gartenpartei und Bündnis 90/Die Grünen wollen einen entsprechenden Antrag einbringen, kündigten Vertreter gestern während einer Pressekonferenz an. Demnach soll die Stadt ab 2015 eine Personalstelle für die Aids-Hilfe mit 50.000 Euro fördern - 40.000 Euro für Personalkosten, 10.000 Euro für Sachkosten. Geld sollte diesbezüglich eine untergeordnete Rolle spielen, waren sie sich einig, denn es gehe um die Gesundheit der Bürger. Und nach Ansicht der Anwesenden gebe es genug Möglichkeiten im Etat der Stadt, Geld dafür einzusparen - beim Tunnelbau etwa, bei der Dachmarkenkampagne, nannten sie einige Beispiele.

Derzeit fördere die Stadt die Aids-Hilfe mit 6000 Euro jährlich - zirka 2 Prozent der Gesamtsumme, die die Aids-Hilfe von Dritten bekommt. Ein Tropfen auf dem heißen Stein für die Magdeburger Beratungsstelle. Halle dagegen stelle 36.000 Euro zur Verfügung, zog Sven Warminsky den Vergleich. Präventions-, aber auch Hilfs- und Beratungsangebote blieben deshalb auf der Strecke. Die Aids-Hilfe befindet sich auf Sparkurs. Mit den elf Mitarbeitern könnten die Aufgaben kaum bewerkstelligt werden. "Wir müssen uns verkaufen. Anders geht es nicht", macht Warminsky deutlich. Selbst Schulen müssten für Präventionskurse zahlen. Er erinnerte daran, dass er angesichts der Gehaltsstruktur zudem vor einem echten Problem stehen würde, wenn einer der Mitarbeiter kündigen würde.

Das Land Sachsen-Anhalt unterstützt die Aids-Hilfe mit zirka 115.000 Euro jährlich. Das entspreche 0,08 Euro pro Einwohner, hat Warminsky ausgerechnet. Spitzenreiter Hamburg zahle 1,26 Euro pro Einwohner - 2,2 Millionen Euro.

Stadtverwaltung will keine Stellungnahme abgeben

Warminsky beunruhigt aber nicht nur die stetig steigende Zahl der Neuinfektionen bei HIV. Auch die Zahl der gemeldeten Syphilis-Fälle steige im Land Sachsen-Anhalt. Und mehr Syphilis-Fälle würden mehr HIV-Infektionen bedeuten, schildert Warminsky. Denn durch die Geschlechtskrankheit erhöhe sich die Ansteckungsgefahr. Und Warminsky ist überzeugt: "Es ist egal, wo sich die Leute infizieren. Früher oder später müssen sie nach Magdeburg oder Halle ziehen." Denn nur dort sei die medizinische Versorgung gewährleistet.

Die Stadtverwaltung wollte sich gestern nicht zu der Thematik äußern. Mit Hinweis unter anderem auf die Haushaltsplanung 2015 teilte Pressesprecherin Kerstin Kinszorra mit: "Wir werden uns deshalb zu diesen speziellen Fragen zur Aids-Beratung nicht aus Anlass des Pressetermins äußern."