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Selbstversuch Die Volksstimme geht (eis-)baden

Sie hören auf Namen wie "Pudding" und "Trudchen" und empfinden dann Lust
zum Baden, wenn es draußen kalt wird. Volksstimme-Redakteur Marco
Papritz traf die Eisröwer Magdeburg im Neustädter See.

24.11.2014, 01:29

Magdeburg l "Na wenn eine Uroma das schafft, dann kannst Du das auch", sagt Waltraud Rudolf mit prüfendem Blick. Bei den Eisröwern ist man per Du. Frauen werden mit einem Küsschen begrüßt - ich bekomme keines. Dafür aber einen Schluck Glühwein. "Der wärmt von innen", gibt mir Wolfgang Rudolf, Pudding genannt, mit auf den Weg zum Umkleideraum. Er ist der Grund, warum ich hier in Badeschlappen stehe: Vor 29 Jahren habe er mit Siggi Lange gewettet, im Winter baden zu gehen. Vier Wagemutige stiegen am 12. Januar 1985 tatsächlich in den See - die Eisröwer waren geboren. "Man kann nicht nur über Eisbaden schreiben, man muss es selbst ausprobieren", frohlockt Reinhard Schilling, mit 74 Jahren der älteste Eisröwer, ehe Klaus-Dieter Ziese eine Ansprache hält und es mit einem dreifachen "Eisfrei!" in den See geht. So ist es Tradition.

Mit meiner schlichten Badehose falle ich in der Gruppe auf: Der Eisröwer trägt Fußballtrikot oder geringelten Einteiler und die Damen in der Runde auch gern einen Sonnenschirm. "Der Frohsinn verbindet, den Spaß, den wir haben, soll man auch sehen. Du kannst auch ohne Badehose ins Wasser gehen, nur nicht ohne Mütze", sorgt Pudding für Heiterkeit, die gut ankommt.

Die Füße fühlen sich schon vor dem Eintauchen ins Wasser wie Eisklumpen an. Ich taste mich langsam vor. "Im Sommer baden kann doch jeder", feuert mich Achim Neumann an. Schließlich hätte ich ja noch Glück, das Wasser sei mit acht Grad Celsius doch warm. "Es gab schon Jahre, in denen die Eisdecke zentimeterdick war und wir uns den Weg freigesägt haben", erklärt er.

Die Aufmunterungen helfen, den letzten Schritt zu gehen - geschafft! Ich bin nun Zeitungs-Papri, so mein Eisröwer-Name. Die Kälte fühlt sich wie Schmerz an, der aber nach und nach abschwillt. "Die erste Minute ist am schwersten", so Bade-Kumpel Achim. Zur Ablenkung verwickeln mich die Eisröwer in Gespräche. Zum Beispiel über ihre jährlichen Weihnachtsfeiern in Hasselfelde. Natürlich werde auch im Harz gebadet. Logisch. So auch bei den bundesweiten Treffs der Eisbader in Ferchland, an denen sich die Magdeburger Gruppe beteiligt. Deren Ruf ist bis nach Königslutter (Niedersachsen) zu Helmut Hoynik gedrungen. Seit 2004 ist er dabei, fand einst durch eine Kur an der Ostsee zum Eisbaden. "Ich wollte mir dieses tolle Gefühl bewahren", so der 65-Jährige, der mittlerweile "in den Harz zurückgezogen" ist. Auch dort könne man doch geeignete Badestellen finden, werfe ich ein. "Das schon, aber nicht so eine gute Truppe!"

Die Eisbader sind schon voller Vorfreude. Im kommenden Jahr soll das 30-jährige Bestehen der Eisröwer, die sich über die Wasserwacht des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) organisieren, am 11. Januar gefeiert werden. Die Gruppe wünsche sich sehnlichst eine Sauna, ruft mir Wolfgang Rudolf beim Verlassen des Sees zu. Minutenlang zittern meine Hände.

Die Eisröwer laden Interessierte ein, den wöchentlichen Badetreffs im Bereich des FKK-Badestrandes am Neustädter See mit Zugang über die Straße "Am Schöppensteg" beizuwohnen. Sie seien stets willkommen, sich beim Gang ins Wasser einzureihen, so Rudolf. Um 11 Uhr beginne der sonntägliche Treff, der bis Ende April andauere. Kontakt zu den Eisröwern gibt es über Marlies Ziese unter Telefon 0171/7834182.