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Überfall in Diskothek Factory will stärker kontrollieren

Nach dem rechtsradikal-motivierten Übergriff in der Factory in der Nacht zum Sonntag haben sich die Club-Inhaber auf Facebook zu dem Vorfall geäußert. Im Volksstimme-Gespräch kündigt Mitinhaber Christian Werner genauere Einlasskontrollen an.

07.01.2015, 02:06

Magdeburg l Noch am Abend des Vorfalls haben die Betreiber der Factory auf ihrer Facebook-Seite eine Stellungnahme zu den Neonazi-Übergriffen veröffentlicht. "Wir verstehen uns als ein weltoffenes und tolerantes Haus und so wollen wir auch wahrgenommen werden. Bei uns ist jeder willkommen, völlig egal welcher Herkunft, Hautfarbe oder sexueller Gesinnung", heißt es darin. Der Beitrag wurde inzwischen Hunderte Male geteilt und geklickt. Auch andere Magdeburger Clubs - wie etwa das Café Central - zeigten sich solidarisch mit der Factory.

In der Nacht zu Sonntag hatten etwa 20 Leute in der Disko randaliert. Einzelne Personen hatten den Hitlergruß gezeigt und auf Gäste eingeschlagen. Mindesten zwei Personen wurden verletzt und mussten medizinisch versorgt werden. Laut Polizei handelte es sich bei den Angreifern um Männer der rechtsextremen und gewaltbereiten Hooligan-Gruppierung "Blue White Street Elite".

"Wir sind ein alternativer Laden und keine Großraumdisko", sagte Club-Chef Christian Werner der Volksstimme. Der Sicherheitsdienst sei angewiesen, keine Personen in den Laden zu lassen, die unter Rechtsextremen beliebte Kleidung tragen oder neonazistische Tattoos und Symbole verwendeten. "Wir kontrollieren das sehr genau", so Werner. Nur habe sich die Gruppe vom Sonntag erst im Laden zu erkennen gegeben. "Leider können auch wir nicht in die Köpfe mancher Gäste schauen und schon gar nicht sämtliche Kleidungsstücke, die unter dicken Jacken in der kalten Jahreszeit getragen werden, auf Anhieb kontrollieren", sagte Werner. Als Konsequenz des Vorfalls wolle man am Einlass nun noch genauer kontrollieren.

Verständnis kommt von anderen Magdeburger Veranstaltern. "Auch unsere Sicherheitsleute sind geschult, was rechte Kleidung und Symboliken betrifft", sagte der Chef des Alten Theaters, Paul-Gerhard Stieger. Es könne aber jedem passieren, dass Personen bei der Kontrolle durchrutschen.

Nachdem der Sicherheitsdienst die 20 Hooligans aus der Disko geworfen und die Polizei einen Platzverweis ausgesprochen hatte, beleidigten sie in einem Bus eine Gruppe von vier Irakern und lieferten sich anschließend eine Auseinandersetzung mit den Einsatzkräften. Laut Polizei laufen nun mehrere Strafverfahren, unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung.

Beide Magdeburger Ereignisse stehen in direktem Zusammenhang mit dem Abbruch eines Fußballturniers in Gommern am gleichen Tag. Das Turnier des SV Eintracht Gommern musste nach Handgreiflichkeiten mit Körperverletzung abgebrochen werden, wurde am grünen Tisch mit einem Ergebnis beendet.

Ermittelt wird gegen einen 27-jährigen polizeibekannten Mann aus Stresow, der auch bei den Magdeburger Vorfällen dabeigewesen sein soll. Nach Volksstimme-Informationen handelt es sich dabei um den Lokalpolitiker Dennis Wesemann. Er hatte als Spieler des FC Ostelbien Dornburg bei dem Turnier die gelbe Karte gesehen, wurde nach Verbalattacken gegen den Schiedsrichter mit Rot vom Platz gestellt und vom Turnier ausgeschlossen. Kurz vor Turnierende soll er einen Zuschauer angegriffen und geschlagen haben. Später sollen er und weitere Personen nach Magdeburg und schließlich in die Factory gefahren sein.

"Die Ermittlungen werden in Magdeburg und von den Kollegen im Jerichower Land geführt", sagte Polizeisprecherin Beatrix Mertens. Die Ergebnisse laufen beim Staatsschutz zusammen. So soll unter anderem ein neuerliches Verbotsverfahren gegen die Hooligan-Gruppe "Blue White Street Elite" geprüft werden.

Inzwischen hat der Präsident des Kreisfachverbandes Fußball des Jerichower Landes, Horst Wichmann, gegenüber der Volksstimme angekündigt, dass vor dem Sportgericht nur die Rote Karte Wesemanns Gegenstand der Verhandlung über eine etwaige Sperrung vom Spielbetrieb sein soll. Die Schlägerei hingegen nicht.

Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) hat am Montag zu dem Vorfall eine lückenlose Aufklärung der Vorfälle gefordert. Für ein neuerliches Verbotsverfahren gegen die "Blue White Street Elite" seien aber neue Erkenntnisse nötig. "Ob diese vorliegen, kann derzeit noch nicht eingeschätzt werden", sagte Stahlknecht.