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Bei "Magdeburg Kontrovers" in der Grünen Zitadelle findet Sängerin Katja Ebstein klare Worte zu Fragen der Zeit Was wären wir gewesen?

Von Birgit Ahlert 27.01.2015, 01:08

Sie scheut sich nicht, ihre Meinung zu sagen, und tat dies auch sehr direkt am Sonntagnachmittag im Theater in der Grünen Zitadelle: Katja Ebstein war zu Gast bei "Magdeburg Kontrovers" und passte dort sehr gut hin.

Altstadt l Gleich zu Beginn widmete sie sich Pegida Co. und der Frage, ob diese Menschen die deutsche Geschichte vergessen hätten. Da stehen zum einen die DDR-Flüchtlinge, zum anderen zwei Weltkriege, die Flüchtlingsströme ausgelöst hatten.

"Solche Momente wünsche ich mir mehr"

Ebsteins Familie selbst stammt aus dem Schlesischen, musste emigrieren, fand zunächst in Thüringen eine Bleibe, später zog es sie nach Bayern. "Was wären wir gewesen, wenn uns niemand aufgenommen hätte?" Sie weiß von der Schwere der Zeit zu berichten, zieht Parallelen zu den Flüchtlingen heute. "Sie würden auch lieber zu Hause bleiben." Doch manchmal ist das eben nicht möglich. Und sie erinnerte sich an den Fall der Mauer zwischen Ost und West: "Ich habe noch nie so ein konzentriertes Frohsein erlebt." Solche Momente wünsche sie sich mehr. Sie philosophierte darüber, warum wir nur in Notzeiten zusammenhalten. Und beantwortete es gleich selbst: "Egomanie wächst mit Geld." Eine traurige Tatsache, der es sich entgegenzustellen gilt. Ebenso wie der Verdummung durch die Politik. "Ich bin kein Defätist, sondern optimistisch. Aber ich will kein Opfer sein - und alle bestärken, sich für das Leben einzusetzen, für die anderen, die Kinder, die Enkel." Wenn man etwas tut, hat man mehr Mut, ist ihre Erfahrung. "Wir leben aus uns, und nicht über allen anderen. Wir brauchen einander."

Aber auch zum "Alterswahn" fand sie klare Worte: Wenn jeder länger arbeiten soll, wieso werden ältere Menschen dann aus dem Arbeitsleben verdrängt? Künstler werden aus dem Fernsehen verbannt, wenn sie über 50 sind - vor allem Frauen, aber nicht nur. "Die das entscheiden, sind noch viel älter!", empört sie sich.

Neuauflage am 22. Februar mit Jaecki Schwarz

"Ich hoffe, ich habe Sie nicht gelangweilt mit meinem Monologisieren", sagte sie letztlich, als der Nachmittag nach fast drei Stunden zu Ende ging. Keineswegs, Frau Ebstein. Es war eine kurzweilige, launige Veranstaltung mit interessanten Informationen und Gedanken. Dazu noch wunderbare Rezitationen und Gesangseinlagen. Auch dabei bezog sie Position, wie mit ihrem Lied von den Piraten ("die tragen heute Anzug und Krawatten") ebenso wie mit denen von Konstantin Wecker, Zille oder Bettina Wegner, die sie in eigener Interpretation vortrug. Begleitet dabei charmant und gekonnt vom Pianisten Stefan Kling (L´art de passage). Vieles blieb noch ungesagt und ungefragt. Bei einer Persönlichkeit wie Katja Ebstein ist es sicherlich schwierig, sich auf einzelne Themen zu beschränken. Ein biografischer Ablauf mit all den interessanten Geschichten und Meinungen sprengt den Zeitrahmen so einer Nachmittagsplauderei. Und so versuchte Moderator Jürgen Rummel, die Ebstein zu einem Wiedersehen zu verpflichten. Vielleicht im Herbst, vielleicht mit einem kompletten Bühnenprogramm. Schön wäre es.

"Magdeburg Kontrovers" heißt es das nächste Mal am 22. Februar. Dann ist Schauspieler Jaecki Schwarz zu Gast, langjähriger Hauptkommissar Schmücke im "Polizeiruf 110". Ab 15 Uhr im Theater in der Grünen Zitadelle.