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Stadtratssitzung "Causa Canehl" kippt Containerfrage

Heftige Wortgefechte wurden gestern im Stadtrat über die Frage nach
einer Containerunterbringung für Flüchtlinge geführt. Am Ende der
Debatte scheiterten die Grünen mit ihrem Vorschlag, nach Alternativen zu
suchen.

20.02.2015, 02:23

Magdeburg l "Mir tut die Diskussion richtig weh", meinte CDU-Rat Wigbert Schwenke nach bereits mehreren Wortmeldungen. Und dennoch wurde weiter debattiert. Immer wieder und fraktionsübergreifend wurde den Grünen nahegelegt, ihren Antrag zurückzuziehen, um die von SPD-Rat Falko Grube als "Causa Canehl" betitelte Affäre (zumindest für den Moment) zu beenden.

Grünen-Stadtrat Jürgen Canehl hatte zuvor auf einer Ausschusssitzung den Vorschlag der Stadtverwaltung kritisiert, an der Wilhelm-Kobelt-Straße eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge und Asylbewerber aus Containern zu errichten. Er befürchtete "Auswirkungen" auf eine geplante Wohnbebauung in der Nähe, so seine Begründung. Private Investoren wollen dort 44 Baugrundstücke vermarkten. Canehl hatte mit seiner Firma für das Gelände den Bebauungsplan erstellt. Trotz seiner Befangenheit mischte er sich ein.

E-Mail-Beweis an der Wand

Ein Umstand, den Oberbürgermeister Lutz Trümper gestern Abend als "Unerhörtheit" bezeichnete. Denn nach der Ausschusssitzung blieb der Grüne weiter aktiv und schrieb eine E-Mail an die Sozialbeigeordnete Simone Borris mit alternativen Standortvorschlägen für Unterkünfte. Als Beweis warf der OB dieses Schreiben per Beamer an die Wand des Ratssaals. Wörtlich heißt es darin: "Dieses Angebot [...] muss auch dazu führen, dass auf die Aufstellung von Containern [...] auf dem Grundstück westlich der Wilhelm-Kobelt-Straße verzichtet wird."

Quer durch alle Fraktionen wurde Canehl dafür kritisiert, dass er sich damit weiter in ein Thema einmischte, bei dem er in einem Interessenskonflikt steckt. SPD-Mann Burkhard Lischka bescheinigte ihm "eigene, finanzielle Interessen zu verfolgen". BfM-Stadtrat Klaus Kutschmann nannte die ganze Situation "hochpeinlich". Wigbert Schwenke warnte die Grünen, dass sie mit ihrem Beharren "ins offene Messer laufen" würden.

In seiner Rede griff Grünen-Stadtrat Sören Herbst die SPD-Fraktion scharf an. Er sagte, dass es eine Unverschämtheit sei, die an Verleumdung grenze, wenn sie den Grünen pauschal geschäftliche Interessen unterstellen würden. Herbst nahm jeden seiner Stadtratskollegen namentlich in Schutz - Canehl selbst ließ er aber unerwähnt. Der Geschasste äußerte sich zu dem Thema gestern gar nicht.

Grüne ziehen Antrag zurück

Nach langer Diskussion u. a. um den aussichtslosen Vorschlag, Flüchtlinge im Abrissblock Breiter Weg 257-260 unterzubringen, forderte der OB die Grünen auf, den Antrag "doch endlich zurückzuziehen". Fraktionschef Olaf Meister beugte sich schließlich der Mehrheit. Nicht ohne seine Verwunderung darüber zu äußern, dass man offensichtlich "nur über die Äußerungen eines Stadtrats" und nicht über den eigentlichen Inhalt des Antrags abstimmen will.