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Islamische Gemeinde Magdeburg Vor vollendete Tatsachen gestellt

Die Mitglieder der islamischen Gemeinde haben am Mittowch aus der
Zeitung von der Kündigung ihres Mietvertrages erfahren. Das sorgt nun
für Protest.

16.04.2015, 03:21

Magdeburg l Der Vorsitzende der Islamischen Gemeinde Magdeburg, Moawia Al-Hamid, schaut immer noch ungläubig auf die E-Mail der Magdeburger Wohnungsbaugesellschaft (Wobau). Darin wird ihm der Mietvertrag für die Weitlingstraße zum Jahresende gekündigt und als Ausweichstandort ein Objekt an der Max-Otten-Straße zur Miete angeboten. "Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Ich war davon ausgegangen, dass wir immer noch mit der Wobau über den Kauf der zwei Baracken an der Weitlingstraße verhandeln." Al-Hamid bekam die Wobau-Mail Dienstagabend. Seine Gemeindemitglieder erfuhren es am Mittwoch aus der Zeitung. "Warum hat vorher niemand mit mir gesprochen? Sind wir Menschen zweiter Klasse?", fragt Al-Hamid noch immer sichtlich aufgebracht.

Als Grund für die Kündigung des Mietverhältnisses an der Weitlingstraße nennt die Wobau die deutliche Überbelegung. Bereits vor einem Jahr hatte die Volksstimme erstmals über die Zustände in der rathausnahen Baracke berichtet. In Spitzenzeiten drängen 150 Muslime in das Gebäude, bis zu 400 müssen davor beten.

Wegen wachsender Studentenzahlen und des Bürgerkriegs in Syrien gibt es immer mehr Muslime in Magdeburg. Die Gemeinde sucht deshalb seit Jahren in Magdeburg nach neuen Räumen zum Kauf. Die Gemeinde sammelt Spenden für den Kauf und hat so nach eigenen Aussagen schon knapp 60 000 Euro angespart. "Wir wollen kaufen und nicht mieten. Was soll ich meinen Gemeindemitgliedern jetzt sagen", fragt Al-Hamid.

Auf einen Kaufpreis für die zwei Gebäude an der Weitlingstraße und die 1800 Quadratmeter Grundstück konnten sich Gemeinde und Wobau nicht einigen. Die Gemeinde bot 150 000 Euro. Der Wobau war das zu wenig. Kürzlich hatten beide Seiten vereinbart, Anfang Mai weiterzuverhandeln. "Wie es jetzt weitergeht, weiß ich noch nicht. Die Kündigung nehmen wir so aber nicht hin. Das Objekt an der Max-Otten-Straße kennen wir noch nicht mal", sagt Al-Hamid. In dem Wobau-Schreiben werden der Gemeinde auch unbebaute Grundstücke an der Bebertaler, Steinernetisch- und St.-Josef-Straße zum Kauf angeboten.

Heftige Kritik kommt vom Grünen-Stadtrat Sören Herbst. Er sagte: "Die Wobau zeigt sich als Vermieter ohne jegliches Fingerspitzengefühl. Es ist angebracht, die Kündigung sofort zurückzunehmen und unverzüglich das Gespräch mit der Islamischen Gemeinde aufzunehmen."

Stadtratskollege Wigbert Schwenke (CDU) sieht das anders. "Das Objekt an der Max-Otten-Straße ist ein gutes Angebot. Die islamische Gemeinde braucht einen angemessenen Gebetsraum", so Schwenke, der auch im Wobau-Aufsichtsrat sitzt.