1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Magdeburg
  6. >
  7. Magdeburg wird französischer

Kunstfestival "Franko.Folie!" Magdeburg wird französischer

22.06.2015, 01:20

Drei Wochen französische Kunst, Kultur und Lebenssinnlichkeit. Zum achten Mal findet in Magdeburg das Kunstfestival "Franko.Folie!" statt. Volksstimme-Redakteur Alexander Dinger hat mit der Leiterin des Institut français, Violaine Varin, gesprochen.

Volksstimme: Wir haben gehört, dass Sie Magdeburg verlassen.

Violaine Varin: Die Stelle der Leitung des Institut français ist immer für vier Jahre besetzt und ich bin schon seit vier Jahren da. Mein Vertrag läuft noch bis 31. August. Was folgt, bleibt offen.

Was haben Sie aus vier Jahren Magdeburg mitgenommen?

Sehr viel. Es war eine richtige Herausforderung für mich. Ich war ja vorher in Straßburg, wo das Deutsch-Französische selbstverständlich ist. In Sachsen-Anhalt ist das anders. Aber ich habe auch das enorme Potenzial von Sachsen-Anhalt entdeckt. In Frankreich kennt man Sachsen-Anhalt noch zu wenig.

Was würden Sie Freunden aus Frankreich in Sachsen-Anhalt zeigen?

Da gibt es so viel. Ich würde das Bauhaus in Dessau zeigen, eine Fahrradtour durch Magdeburg veranstalten und nach Halle, Quedlinburg und Wernigerode fahren.

Zum achten Mal findet dieses Jahr die "Franko.Folie!" statt. Worauf liegt der Fokus?

Für das Institut français ist die Podiumsdiskussion am 7. Juli über eine gemeinsame Flüchtlingspolitik in Europa ein Höhepunkt. Das ist natürlich ein Thema, das sehr wichtig ist und immer mehr Bedeutung bekommt.

Insgesamt sind es 120 Veranstaltungen, fünf Lesungen, sieben Konzerte und es werden 21 Filme gezeigt. Wie wurden die Veranstaltungen ausgesucht?

Es gibt zwei unterschiedliche Wege. Veranstalter vor Ort suchen sich selbst eine Veranstaltung heraus wie zum Beispiel das Volksbad Buckau mit dem Konzert von Carole.M. Und dann gibt es Veranstaltungen, bei denen das Institut français und der Verein Artist sich gemeinsam Gedanken machen. Wir haben eine Liste von Künstlern und Gruppen, die wir rausgesucht haben oder die auf uns zugekommen sind. Gemeinsam entscheiden wir dann, was am besten nach Magdeburg passt und das Publikum am meisten interessieren könnte.

In Ihrem Grußwort zur Veranstaltung schreiben Sie, dass dieses Jahr ein besonderes sei. Warum?

Es ist ein ganz besonderes Jahr für die französische Kultur und Geschichte, weil wir Anfang des Jahres diese schrecklichen Anschläge in Paris erlebt haben. Und ich kann das als Kulturattachée nicht verschweigen oder verleugnen. Es ist jetzt Teil unseres Jahres und Teil unserer Geschichte. Ich glaube, wir müssen in diesem Rahmen viel für Toleranz und Offenheit kämpfen und ich bin davon überzeugt, dass das auch durch Kultur erfolgen kann.

Wie wird sich das im Programm widerspiegeln?

Zum Beispiel mit der schon erwähnten Podiumsdiskussion über Flüchtlingspolitik oder mit dem Film Loin des hommes. Aber eigentlich ist es mehr ein Grundgedanke: Wir bringen nach Magdeburg eine andere Kultur und lassen die Menschen diese entdecken.

Hat der Anschlag auf Charlie Hebdo die Kulturszene in Frankreich verändert?

Ich glaube, der Anschlag hat uns alle verändert. Jedem Menschen ist jetzt, glaube ich, bewusst, dass wir den Schwerpunkt auf Toleranz, Austausch und Dialog setzen müssen.

In Ihrem Grußwort nennen Sie das "interkulturell denken". Was bedeutet das?

Interkulturell zu denken ist für mich, nicht zu denken, dass meine Kultur die böse oder die gute ist. Wir sind vielmehr das Produkt unserer Interkulturalität. Man kann sich selbst nicht entwickeln, wenn man sich nicht mit anderen auseinandersetzt.

Da gibt es aber schon Unterschiede zwischen Frankreich und Deutschland.

Ich denke nicht, dass man da Deutschland und Frankreich vergleichen kann. Die Bretagne ist anders als Marseille und München ist anders als Halle. Tatsache ist, dass in Sachsen-Anhalt die Migration noch relativ neu ist. In Magdeburg hat sich das in den vergangenen Jahren aber stark geändert. Es ist hier viel multikultureller geworden - was ich für sehr positiv halte.

Nun ist der Anschlag auf Charlie Hebdo aber in einer der multikulturellsten Städte Europas überhaupt passiert. Inwieweit hat Sie das geschockt?

Ich glaube, das hat bewiesen, dass es nicht reicht, wenn eine Gesellschaft bloß multikulturell ist, sondern es muss einen Dialog zwischen allen Kulturen geben. Ich glaube wirklich, wir müssen miteinander sprechen - und dies auf Augenhöhe.