Aktion Kindertraum Einmal das Meer sehen

16.07.2015, 21:02

Magdeburg (mi) l Das Meer rauscht, der Wind kitzelt. Einmal an die Ostsee, nur einmal! Das Meer sehen, das Meer hören, das Meer riechen, das Meer berühren - einfach alle Sinne ausreizen. Das will Martin Kaupke. Wenn er die Augen schließt, dann hat der 19-Jährige diesen Traum. Von Wellen, Strand und Sonne.

Einfach ins Auto setzen und hinfahren geht aber nicht, denn Martin hat Muskeldystrophie. Vererbter Muskelschwund, der bereits seit dem Kleinkindalter rasch voranschreitet, sodass er längst auf den Rollstuhl und auf die komplette Versorgung und Pflege rund um die Uhr angewiesen ist. Sein Zuhause ist das Kinderhospiz der Pfeifferschen Stiftungen.

"Wir haben den Notfall besprochen", sagt Mutter Silvia Kaupke. Über den Tod will Martin nicht weiter reden. "Martin weiß, dass er jederzeit sterben kann", sagt sie. Der Sohn fühlt sich dem Himmel nah. Aber dem Meer noch viel mehr. Da will er hin. Das hat er im Kinderhospiz den Schwestern immer wieder gesagt.

Verein unterstützt Martin

Ja, warum eigentlich nicht? Und wen würde er denn gern mitnehmen? Die Mutter. Gesagt, getan. "Wir haben uns in unserer Runde besprochen und dann Kontakt mit der Aktion Kindertraum aufgenommen. Das ist ein Verein, der bundesweit schwerstkranke Kinder und ihre Familien unterstützt, ihnen besondere Wünsche erfüllt", sagt Franziska Höppner, Leiterin des Kinderhospizes. Als der Verein in Hannover von Martins Schicksal und seinem Traum erfuhr, hat er gleich zugesagt, zu helfen - organisatorisch wie finanziell.

So übernimmt Aktion Kindertraum für Martin und Silvia Kaupkes Urlaub die Finanzierung der Vollverpflegung und Unterkunft wie auch die Kosten von Hin- und Rückfahrt und fürs Pflegebett. Das Reiseziel ist dann schnell ausgesucht: die Eltern-Kind-Vorsorgeklinik im Ostseeheilbad Zingst. Eine Reha-Kur vom 13. bis 20. Juni. Klingt toll. Aber: Einige Hürden muss der Sozialdienst vom Kinderhospiz trotzdem noch meistern. Und: Wer soll den Pflegedienst bezahlen, damit sich auch Silvia Kaupke mal entspannen kann?

Die 57-jährige Magdeburgerin kann das nicht bezahlen, sie lebt von Hartz IV. Aber muss das wirklich sein, eine Pflegekraft mit in den Urlaub? Ja, weil der gelähmte Martin allein jede Nacht bis zu 15, 16 Mal im Bett umgedreht werden muss, damit er sich nicht wund liegt. Er muss raus aus dem Rollstuhl und wieder rein nach dem Waschen, nach jedem Gang auf die Toilette - Pflege rund um die Uhr eben.

Kranken- und Pflegekassen finanziert Großteil

Fünf Prozent der Kosten für das betroffene Kind werden durch Spenden finanziert, der große "Rest" von 95 Prozent durch die Kranken- und Pflegekassen. Martin ist wie die ganze Familie Kaupke bei der AOK versichert. Die Zusammenarbeit funktioniere gut, sagt Franziska Höppner. Wege sind unbürokratisch, direkt und schnell. Gerade das ist wichtig, denn Zeit ist für die betroffenen Familien das höchste Gut.

Die Leiterin des Kinderhospizes schätzt "die unkomplizierte, direkte Art der AOK, das Handeln im Sinne der Patienten. Einzelfallentscheidungen werden schnell getroffen." So auch im Fall von Martin. Wilma Struck, Landesrepräsentantin der AOK Sachsen-Anhalt: "Der Wunsch von Martin hat uns alle sehr bewegt und wir haben die Kosten für den Pflegedienst als Einzelfallentscheidung übernommen."

Martin konnte es dann auch gar nicht erst fassen. Endlich ans Meer, an die Ostsee! Da sind sie im Juni dann hin: Martin, die Mutter und Schwester Sylvia vom Pflegedienst Wendt aus Klostermansfeld. Raus auf den Holzsteg der Reha-Klinik in Zingst, die Seeluft schnuppern, das Meeresrauschen genießen ...