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Auf dem 10. Christopher-Street-Day in Magdeburg werben Homosexuelle im August für Vielfalt und Toleranz / OB Trümper: "Ich habe die Schirmherrschaft neunmal abgelehnt und werde es wieder tun"

Von Katja Tessnow 11.06.2011, 06:29

Am 20. August wollen Lesben und Schwule aus Magdeburg mit Straßenfest und Parade für Vielfalt und Toleranz werben. Der Christopher-Street-Day (CSD) hat ernsten Hintergrund und erinnert an Ausgrenzung und Kriminalisierung. Im Rathaus und insbesondere in den Reihen des SPD-Stadtverbandes gibt es dennoch geteilte Meinungen zur Unterstützungswürdigkeit des Projektes.

Magdeburg. In Karlsruhe übernimmt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) die Schirmherrschaft über den CSD. In Stuttgart hat CDU-Oberbürgermeister Wolfgang Schuster ebensowenig ein Problem damit wie der Münchner OB Christian Ude (SPD), schon gar nicht dessen Amts- und Parteikollege Klaus Wowereit in Berlin, selbst bekennender Homosexueller. Es ist landauf, landab üblich, dass sich Politiker aller couleur - homo oder hetero - mit den Aktionstagen der Homosexuellenbewegung solidarisch zeigen, weil sie für ein respektvolles Miteinander der Menschen, gleich welcher Herkunft, Religion oder geschlechtlicher Ausrichtung werben. Ebenso selbstverständlich wird zum Anlass an den Rathäusern deutscher Großstädte die Regenbogenfahne, das Symbol der Bewegung, gehisst.

In Magdeburg lehnte der Stadtrat einen entsprechenden Flaggenantrag der Grünen im Vorjahr ab. Und OB Lutz Trümper (SPD) sträubt sich seit Jahr und Tag gegen die Übernahme einer CSD-Schirmherrschaft. Auf Volksstimme-Nachfrage stellt das Stadtoberhaupt auch zur aktuellen Anfrage der Organisatoren knapp und nicht minder schroff klar: "Ich habe die Schirmherrschaft schon neumal abgelehnt und ich werde es in diesem Jahr wieder tun." Nicht nur, dass er zur Veranstaltungszeit im Urlaub weile, so Trümper: "Ich respektiere die Aktion, aber ich bitte mir auch Respekt dafür aus, dass ich die Schirmherrschaft ablehne." Und weiter im Basta-Tonfall: "Ich bin gegen Diskriminierung, aber ich wünsche auch selbst nicht diskriminiert zu werden, weil ich dazu meine eigene Meinung habe."

Offenbar hat Trümper eine andere Meinung als eine Mehrheit im Vorstand des parteieigenen Stadtverbandes und erst recht der Magdeburger Jusos.

Letztere hatten Trümper unlängst in einer Pressemitteilung zur Übernahme der CSD-Schirmherrschaft aufgefordert - vergeblich. Der SPD-Ratsfraktion tragen die Jusos an, "dem Aufhängen der Regenbogenfahne zum diesjährigen Christopher-Street-Day vor dem Rathaus zuzustimmen". Dass die Fraktion im Vorjahr zu den Ablehnern der Beflaggung gehörte, nennt Tina Rosner vom Juso-Stadtvorstand "unsozialdemokratisch und peinlich": "Der immer noch existierenden Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität muss entschieden entgegengetreten werden." Die Solidarität dürfe sich nicht "in einem Sektempfang erschöpfen".

Besagter Empfang im Rathaus ist den Organisatoren des CSD bei einer Aussprache mit der SPD-Fraktion zur Güte angeboten worden. Martin Pfarr, Landessprecher des Lesben- und Schwulenverbandes, ist darüberhinaus enttäuscht vom Ergebnis. "Uns wurde signalisiert, dass die Fraktion die Beflaggung wohl auch in diesem Jahr ablehnt." Pfarr, selbst SPD-Ratsfraktionschef im unweiten Köthen, kann keinen sachlichen Grund erkennen, sondern attestiert einem Teil der Magdeburger "Betonfraktion" unausgesprochene "Berührungsängste".

Falko Grube, SPD-Stadtvorsitzender, hat sie nicht. Nachdem sich der SPD-Stadtvorstand knappmehrheitlich (dreimal Ja, einmal Nein, drei Enthaltungen) der Juso-Forderung auf Regenbogenbeflaggung angeschlossen hat, erklärt Grube: "Als Zeichen symbolischer Solidarisierung wäre das Hissen der Regenbogenflagge ein gutes Signal für ein weltoffenes und tolerantes Magdeburg." Zur Dauerverweigerung Trümpers gegen eine CSD-Schirmherrschaft möchte sich Grube "öffentlich nicht äußern": "Ich nehme das zur Kenntnis."

Am 23. Juni trifft sich der Stadtrat zur letzten Sitzung vor der Sommerpause. Es darf als sicher angenommen werden, dass der Streit um das Maß kommunalpolitischer Unterstützung für die Aktionswoche der Homosexuellen auf der Tagesordnung steht.