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Gespräch mit Bernd Adelmeyer, Geschäftsführer des Verkehrsverbundes, über Zweifel, Verbesserungen und Preise Marego-Chef nach einem Jahr: "Das war der Start, und wir schalten nicht auf stur"

14.12.2011, 04:26

Am 12. Dezember vor einem Jahr startete der Verkehrsverbund Magdeburg und Region. Zehn Verkehrsunternehmen schlossen sich zusammen, unterbreiteten ein gemeinsames Angebot. Bereits im Vorfeld hatte es Zweifel und Kritiken gegeben. Karl-Heinz Kaiser sprach mit dem Geschäftsführer von marego, Bernd Adelmeyer, aus Magdeburger Sicht über das eine Jahr und über Perspektiven.

Volksstimme: Wenn Sie dem bisherigen Verlauf eine Note geben würden - würde sich die in der Skala im oberen, mittleren oder unteren Bereich befinden. Eins oder fünf bzw. sechs?

Bernd Adelmeyer: Nein, Zensuren bitte nicht. Aber ich sage so viel: Unsere Bilanz hat eine positive Tendenz.

Volksstimme: Das ist nicht viel, und eine Behauptung. Können Sie das an Zahlen, etwa an Fahrgastzahlen, festmachen?

Bernd Adelmeyer: Die liegen nur erst bis zum Monat September vor. Alles vor Abschluss des gesamten Jahres würde ein falsches Bild vermitteln.

Volksstimme: Das sieht wie ein Ausweichen aus.

Bernd Adelmeyer: Das gesamte vierte Quartal kann doch nicht ins Kalkül gezogen werden, weil es noch nicht beendet ist. Man muss abwarten, gerade im Herbst/Winter nutzen viel mehr Menschen die öffentlichen Verkehrsmittel. Auch für Weihnachtseinkäufe. Aber die bisherigen Erkenntnisse lassen meine vorherige Aussage zu - positiv.

Volksstimme: Man darf gespannt sein. Die MVB hatten 2010 Fahrgastverluste in Millionenhöhe, exakt 2,8 Millionen weniger.

Bernd Adelmeyer: Mit der Entwicklung der von Ihnen genannten statistischen Fahrgastzahlen hat marego nichts zu tun. Wir sind erst im Dezember 2010 gestartet.

Volksstimme: Den Start haben Sie mit einheitlichen Tickets und Tarifen vollzogen. Das hört sich sehr gut an, ist es wohl auch. Wenn es nicht mit einer Verteuerung zusammenhängen würde ...

Bernd Adelmeyer: Sinkende Zuschüsse, höhere Aufwendungen wegen allgemeiner Kostensteigerungen erfordern leider auch unpopuläre Maßnahmen. Es war weitestgehend eine moderate Erhöhung, von Ausreißern abgesehen. Aber die besseren Angebote dafür sind doch aus unserer Sicht ein akzeptabler Gegenwert.

Volksstimme: Nennen Sie die vielleicht noch mal?

Bernd Adelmeyer: Es handelt sich bei marego um einen Zusammenschluss von 10 Verkehrsunternehmen aus den Landkreisen Börde, Jerichower Land, dem Salzlandkreis sowie der Landeshauptstadt Magdeburg. Erschlossen werden 570 km² und 721118 Einwohner. Seit Einführung von marego gelten für die Gebiete einheitliche Tarife bei den beteiligten Verkehrsunternehmen. Damit wird es auch den Magdeburgern ermöglicht, mit nur einer Fahrkarte die Straßenbahn, die S-Bahn, die Busse der MVB und die Regionalbusse zu nutzen.

Volksstimme: Apropos Regionalbusse: In Ottersleben, Bushaltestelle Goethepark, gibt es Ärger, weil sich die Leute die Beine an der Haltestelle in den Bauch stehen, weil sie auf den MVB-Linienbus warten. Aber der Überlandbus aus dem Bördekreis fährt vorbei. Es gab öffentlichen Protest, geblieben ist alles beim Alten.

Bernd Adelmeyer: Mit Start von marego wurde im ersten Schritt ein gemeinsamer Tarif der Verkehrsunternehmen eingeführt. Zukünftig soll es auch eine bessere Abstimmung der Unternehmen, z. B. beim Fahrplanangebot und der Haltestellenbedienung geben. Es gibt derzeit drei Haltestellen im Bereich Ottersleben, an denen die Regionalbusse halten. Sollte sich weiterer Bedarf entwickeln und bestätigen, dann muss man überlegen.

Volksstimme: Ein Leser, der sich öffentlich positioniert hat, hält an seinen Forderungen fest. Es geht ja nicht nur um diese eine Haltestelle. Wie denken Sie darüber?

Bernd Adelmeyer: Ich weiß. Aber hierbei muss man auch die Interessen derjenigen Fahrgäste berücksichtigen, die aus der Region schnell in die Landeshauptstadt gelangen wollen. Würden die Regionalbusse überall im Stadtgebiet halten, so würde dies eine längere Fahrtzeit bedeuten. Die Wettbewerbsfähigkeit des Regionalbusses gegenüber dem Auto würde abnehmen.

Volksstimme: Also führt kein Weg zu Veränderungen? Einmal eingetaktet, für immer festgeschrieben?

Bernd Adelmeyer: Das will ich damit nicht gesagt haben. Im Gegenteil. Wir haben, das betone ich ausdrücklich, am 12. Dezember 2010 ein Startangebot vorgelegt. Wir sind inhaltlich damit nicht am Ende. Wir reagieren auf Vorschläge und Hinweise. Nur muss auch die Gesamtheit aller Verkehrsunternehmen berücksichtigt werden. Man muss jetzt sehen, wo sich Gutes entwickelt hat, was angenommen wird oder was nicht so breite Akzeptanz findet.

Volksstimme: Man könnte an der Stelle auch sagen, was durchgefallen ist. In Magdeburg. Dazu gehört, dass die Leute, die nach Heyrothsberge fahren, jetzt plötzlich in eine andere Tarifzone geraten und mehr bezahlen müssen. Das Doppelte für einen Kilometer längere Fahrt.

Bernd Adelmeyer: Hier ist die Sachlage eindeutig. Die Tarifzone Magdeburg umfasst das gesamte Stadtgebiet und endet mit der Stadtgrenze. Heyrothsberge ist ein Grenzfall und der Unmut darüber ist verständlich. Im Gegenzug aber können die Einwohner des Stadtteils Beyendorf-Sohlen die öffentlichen Verkehrsmittel zum Stadttarif nutzen.

Volksstimme: Gut, aber die sind ja eingemeindet. Erforschen Sie eigentlich die Stimmung unter den Fahrgästen?

Bernd Adelmeyer: Natürlich. Wir haben zum Beispiel im Herbst eine Telefonumfrage gestartet. Jeden Hinweis, ob aus der Zeitung oder direkt an uns gerichtet, nehmen wir ernst. Und wir suchen dabei immer das persönliche Gespräch. Vieles klärt sich dabei. Wir schalten nicht auf stur.

Volksstimme: Klar, sie wollen Fahrgäste nicht verlieren, sondern gewinnen. Aber was haben Sie denn schon verändert?

Bernd Adelmeyer: Auf Wunsch von Fahrgästen halten die Busse der Ohre Bus Verkehrsgesellschaft aus dem Landkreis Börde jetzt auch im Norden der Stadt, an der Haltestelle Bremer Straße und die Nahverkehrsgesellschaft Jerichower Land am Universitätsplatz. Wir offerieren seit kurzer Zeit für Jobticket- und Abo-Zeitkarteninhaber ein günstiges Carsharing-Angebot zusammen mit teilAuto Mitteldeutschland.

Volksstimme: Entscheiden Sie allein?

Bernd Adelmeyer: Nein. Entscheidungen werden von den 10 an marego beteiligten Verkehrsunternehmen getroffen. Darüber hinaus sind bei bestimmten Beschlüssen auch die Aufgabenträger - also die Landkreise und Magdeburg - n die Beschlussfassung einbezogen.

Volksstimme: Aber der Öffentliche Verkehr wird mit öffentlichen Geldern gefördert, "marego" mit 5,5 Millionen Euro bis 2014. Gibt es auch einen Fahrgastbeirat?

Bernd Adelmeyer: Einen Fahrgastbeirat haben wir nicht. Aber, wie gesagt, wir werten alle Kundeneingaben aus und geben sie zur Diskussion in die Verbundgremien.

Volksstimme: Weil sie vorhin ein Sturschalten ausgeschlossen haben: Kritisiert wurde, dass bei der Abo-Monatskarte der Vermerk "übertragbar" entfallen ist. Der ist immer noch nicht wieder drauf. Warum nicht?

Bernd Adelmeyer: Wir haben reagiert, haben die Adresse weggenommen. Schwieriger ist es, den Satz "Lieber Finder, bitte Karte an mich zurücksenden. Sie ist nur auf meinen Namen gültig" zu streichen. Der ist auf dem Ticketrohling aufgebracht, so dass er aus Kostengründen kurzfristig nicht entfernt werden kann. Mit dem Satz wollten wir im Verlustfall die Chance für den Fahrgast erhöhen, dass ihm das Ticket wieder zugestellt wird. Eine Abschaffung der Übertragbarkeit war nie im Gespräch.

Volksstimme: Was ist 2012 Neues von marego zu erwarten?

Bernd Adelmeyer: Grundsätzlich hat sich das Tarifsortiment bewährt. Mit größeren Änderungen wird nicht zu rechnen sein.

Volksstimme: Steht eine Preiserhöhung ins Haus?

Bernd Adelmeyer: Die Fahrpreise sind nun ein Jahr stabil geblieben, trotz stark gestiegener Kosten bei den beteiligten Unternehmen. Insofern kann ich derzeit nur sagen, dass sich kurzfristig bei den Fahrpreisen keine Änderung ergeben wird.