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  7. Sieben Räder pro Tag verschwinden in der Stadt - die meisten mitten in der City

Nur sechs bis acht Prozent der Beute taucht wieder auf / Aufklärungsquote liegt bei 28 Prozent Sieben Räder pro Tag verschwinden in der Stadt - die meisten mitten in der City

Von Matthias Fricke 27.02.2012, 05:25

Pro Tag verschwinden in Magdeburg sieben Fahrräder, die meisten in der Altstadt. Ein Viertel aller 2520 im vergangenen Jahr registrierten Fahrraddiebstähle wurden hier begangen. Auch Stadtfeld, die Neue und Alte Neustadt gelten als Diebstahlshochburgen.

Magdeburg l Es war der 11. Februar zwischen 13 und 16.30 Uhr, als ein Unbekannter das massive Schloss von Margitta M. (Name geändert) im Hinterhaus in der Immermannstraße mit einem Spezialwerkzeug durchtrennte und sich mit dem tausend Euro teuren Rad aus dem Staub machte. Die 42-jährige Stadtfelderin ärgerte sich maßlos. Der Unbekannte griff sich ausgerechnet das teure geputzte Schönwetter-Rad. Das alte ließ der Täter zurück.

Zumal sie vor sieben Jahren schon einmal fast zur gleichen Zeit bestohlen wurde. Und im Haus war es der dritte Fall in einem halben Jahr.

Die Frau wusste nicht mehr ein noch aus und schaltete mehrere Zeitungsanzeigen mit dem Wortlaut "Ich will mein Rad wieder haben! - 100 Euro Belohnung". Dann folgte die Beschreibung des Rades. Margitta M.: "Es geht schließlich um mein Eigentum und ich habe jede Menge in das Rad investiert. Ich fahre schließlich das ganze Jahr über." Doch bisher blieb ihre Initiative ohne Erfolg. Sie erhielt lediglich eine vermutlich nicht ernstzunehmende SMS und einen Anruf, ob sie auch an Taschen interessiert wäre. Die Stadtfelderin schüttelt nur den Kopf über so viel Dreistigkeit.

Die Chance, dass sie ihr Rad irgendwann wiederbekommt, ist zumindest statistisch gesehen recht gering. Im vergangenen Jahr wurden nur etwa 6 bis 8 Prozent der gestohlenen Räder wieder aufgefunden. Die anderen sind nach Meinung der Ermittler wieder "aufbereitet" und verkauft bzw. nach Osteuropa verschoben worden. 2520 Räder wurden im vergangenen Jahr in Magdeburg entwendet. 130 weniger als im Vorjahr.

Die Aufklärungsquote liegt weiterhin mit 28 Prozent für diesen Deliktbereich sehr hoch, auch wenn recht wenig Räder wieder aufgefunden werden. Im Bundesdurchschnitt liegt die Aufklärungsquote bei knapp zehn Prozent. Der Grund des Erfolgs: In Magdeburg beschäftigt sich eine Fahrradermittlungsgruppe ausschließlich mit diesen Straftätern. "Und das hat Erfolg, denn wenn ein Verfahren abgeschlossen werden kann, dann gleich mit mehreren aufgeklärten Fällen", erklärt Polizeisprecher Andreas von Koß.

Die Haupt-"Klienten" der Fahrradermittler sind in den meisten Fällen Intensivtäter, die bandenmäßig und zur Finanzierung ihrer Drogensucht die Räder stehlen und gleich weiter verkaufen. Oftmals sind diese Täter im jungerwachsenen Alter.

Die Banden bestehen aus einem "Beschaffer" (der das Fahrrad entwendet), einem Veräußerer (ein Zwischenhändler) und einem Verwerter (der am Ende das Fahrrad, wo auch immer, wieder in den Handel bringt).

Das System ist mittlerweile offenbar straffer organisiert, vermuten die Ermittler. Denn wie früher im An- Verkauf lassen sich Fahrräder so schnell nicht mehr absetzen. Seit Jahren stehen die Verkaufseinrichtungen unter Beobachtung der Polizei, so dass inzwischen darüber kaum noch ein ungehinderter Absatz der Hehlerware möglich ist.

Beliebter ist daher der Verwerter, der an einer den Ganoven bekannten "Umschlagstelle" mit dem Transporter wartet und gegen einen Festpreis die Räder in Empfang nimmt. Nicht selten werden die Räder dann Richtung Osteuropa gebracht. Dort sollen Damenfahrräder sehr beliebt im Absatz sein, was sich übrigens auch in den Zahlen in Magdeburg bemerkbar macht.

Damenräder stellen vermutlich deshalb auch die größte Gruppe der in der Stadt gestohlenen Räder, erst danach folgen "Allgemeine Fahrräder" und Mountainbikes. Auch die ersten E-Bikes stehen auf der Fahndungsliste.

Ein Viertel aller Fahrraddiebstähle gab es 2011 in der Altstadt, dicht gefolgt von Stadtfeld und der Neuen Neustadt. Es folgen die Stadtteile Alte Neustadt, Leipziger Straße, Sudenburg, Neustädter See und Neustädter Feld auf der Tatortliste der Top 8.

Nach Angaben von Polizeisprecher Andreas von Koß ist ein guter Schutz ein codiertes Rad. 872 Räder sind im vergangenen Jahr mit einer solchen gesonderten Registriernummer versehen worden. "Auch in diesem Jahr wird das von April bis Oktober angeboten", sagt er. Und es lohnt sich offenbar. Denn unter den 2520 im vergangenen Jahr gestohlenen Rädern waren 144 codiert. "Registrierte Fahrräder sind für die Diebe unattraktiv, weil man sie schlecht verkaufen kann", erklärt von Koß.