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Volksstimme-Interview mit CDU-Fraktionschef André Schröder über Kürzungen bei Unis und das Verhältnis zur SPD "Die meisten Bereiche sind schon ausgequetscht wie eine Zitrone"

Von Jens Schmidt 30.05.2013, 03:10

Heute beginnt die Haushaltsklausur der Landesregierung. Die CDU mahnt die SPD, Kurs zu halten, zumal die Linke heftig um die Sozialdemokraten buhlt. Vie Volksstimme sprach mit CDU-Fraktionschef André Schröder.

Volksstimme: Herr Schröder, Sie haben moniert, dass die SPD finanzpolitisch wankt. Wackelt auch die Koalition?

André Schröder: Ich gehe davon aus, dass die Koalition hält. CDU und SPD haben vereinbart, keine neuen Schulden mehr zu machen. Die SPD hat sich jetzt erneut dazu bekannt, diesen Kurs weiter zu gehen. Allerdings ist eine innere Spannung in der SPD spürbar. Und es gibt Sozialdemokraten, die einen Kurswechsel fordern. Solch ein Kurswechsel ist mit der CDU nicht machbar. Daran habe ich erinnert.

Volksstimme: SPD-Chefin Budde hat Sie daran erinnert, dass die SPD mit der Linken eine Alternative hat - die CDU aber nicht.

Schröder: Wenn die SPD den Kurs der Null-Verschuldung beibehalten will, dann hat sie auch keine Alternative in der Frage des Koalitionspartners. Denn diesen finanzpolitischen Weg kann sie nur mit uns gehen. Die Linke will ausdrücklich einen anderen Kurs einschlagen. Für die Linke sind neue Schulden kein Tabu und sie redet das Problem der Altschulden klein. Die Linke will nicht die Ausgaben senken, sondern die Steuern erhöhen, was aber nur der Bund kann. Fraktionschef Gallert versucht, mit diesem Gegenprogramm die SPD zu einem Schwenk zu bewegen.

Wir aber wollen die Umsetzung unserer Ziele nicht mehr auf Pump finanzieren. Wir wollen Schulden abbauen und die Ausgaben an den Durchschnitt der anderen Länder anpassen. Darin bin ich mir mit Katrin Budde einig. Das heißt aber nicht, dass wir alle Regierungsvorschläge abnicken. Beide Fraktionen setzen eigene Akzente.

Volksstimme: Da werden die Hochschulen genau hinschauen. Was kommt nun? Jedes Jahr fünf Millionen Euro weg - oder sanftere Einschnitte?

Schröder: Das werden wir sehen, wenn ein Hochschulkonzept vorliegt. Dazu benötigen wir die Empfehlung des Wissenschaftsrats im Juli. Ich hätte mir gewünscht, wir hätten erst das Konzept gehabt und dann über den Konsolidierungsbeitrag geredet. Dass es umgekehrt läuft, ist unglücklich und erschwert die notwendige Strukturdebatte. Den Konsolidierungsbeitrag von 50 Millionen bis 2025 halten wir aber für möglich. In welchen Schritten das erfolgt - ob linear oder in Stufen -, werden wir noch bereden. Und zwar gemeinsam mit den Hochschulen und nicht ohne sie.

"Wir dürfen Entscheidungen nicht von der Lautstärke des Protests abhängig machen."

Volksstimme: Die SPD-Spitze hält Einsparungen erst ab 2017 für realistisch.

Schröder: Das ist mit uns nicht besprochen und erscheint mir zu spät. Der Wissenschaftsrat hat uns schon 2005 und 2009 Straffungspotenziale aufgezeigt - die wir aber nicht alle umgesetzt haben. Wir dürfen politische Entscheidungen nicht von der Lautstärke des Protests abhängig machen. Würden wir Bereiche völlig verschonen, müssten wir zu Lasten der Wirtschaftsentwicklung Investitionen kürzen.

Volksstimme: Der Finanzminister will nächstes Jahr 25 Millionen Euro tilgen - geplant war mal das Doppelte. Ist das angesichts von 21 Milliarden Euro Altschulden nicht zu zögerlich?

Schröder: Ich halte die 25 Millionen Euro für angemessen, zumal wir mit der Tilgung ein Jahr früher begonnen haben. Ich räume ein, dass wir damit nicht der Spitzenreiter beim Schuldenabbau sind, aber wir müssen auch genügend investive Mittel bereithalten. Wir dürfen beispielsweise beim Landesstraßenbau keine Kürzungen zulassen, damit dringende Reparaturen an Brücken und Straßen erledigt werden können. Außerdem brauchen wir Geld, um Förderprogramme von EU und Bund zu finanzieren. Diese Fördergelder wird es ab 2020 so nicht mehr geben. Werden im Haushaltsvollzug Gelder erwirtschaftet, sollten diese hälftig in die Schuldentilgung und in Investitionen fließen.

Volksstimme: Das Deubel-Gutachten weist höchste Sparpotenziale bei Schulen aus. Jetzt sollen aber mehr Lehrer eingestellt werden, wie passt das zusammen?

Schröder: Es werden im kommenden Schuljahr 120 junge Lehrer mehr eingestellt als geplant, um die Unterrichtsversorgung zu garantieren. Allerdings heißt das auch, dass es in den Jahren ab 2016 weniger als die bisher geplanten Neueinstellungen geben wird. Am Personalkonzept wird nicht gerüttelt. Andernfalls müssten andere Bereiche wie die Bauverwaltung oder die Polizei noch mehr Stellen streichen. Das geht nicht. Die meisten Bereiche sind schon ausgequetscht wie eine Zitrone.

Allerdings wissen wir, dass der Altersdurchschnitt bei den Lehrern sehr hoch ist. Die CDU unterstützt daher die Idee eines Stellenpools: Wären ältere Lehrer bereit, verkürzt und ohne Gehaltsausgleich zu arbeiten, könnten dafür jüngere Lehrer eingestellt werden. Würden zum Beispiel fünf ältere Kollegen für 80 Prozent des Gehalts ihre Arbeitszeit auf 80 Prozent reduzieren, ergäbe dies eine Stelle für einen jungen Kollegen. Bei uns existiert Schulpflicht, deswegen ist auch die Unterrichtsversorgung zu garantieren.