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Bundesverkehrsminister Ramsauer informiert sich heute in Magdeburg und im Jerichower Land über Flutschäden an der Infrastruktur Umweltschützer werfen Regierung verfehlte Hochwasser-Politik vor

Von Jens Schmidt 13.06.2013, 03:11

Magdeburg l Die Grünen-Opposition und Umweltschützer haben die Landesregierung für eine verfehlte Hochwasserschutzpolitik kritisiert. Die Regierung habe zu stark auf Deicherhöhungen gesetzt und den Ausbau von Überflutungsflächen vernachlässigt.

Die von der Regierung dafür vorgebrachten Gründe zu zäher Planverfahren seien vorgeschoben, sagte Dietmar Weyrich von den Grünen. "Der Punkt ist: Die Regierung hat viele Verfahren bislang gar nicht in Angriff genommen." Zudem sei es falsch, beim Hochwasserschutz massiv Personal zu streichen. "Wir brauchen für die Planungen auch genügend Fachleute."

In Sachsen-Anhalt sind in den vergangenen Jahren nicht einmal 350 Hektar Flutflächen geschaffen worden. 670 Hektar sind in Bau. Mehr als 2000 Hektar stehen immer noch auf der Planliste. Stünden all diese Flächen jetzt schon zur Verfügung, könnte an vielen Stellen der Pegel der Flüsse deutlich gesenkt werden - zum Teil um bis zu 40 Zentimeter. Insgesamt stünde dann den Flüssen Elbe, Saale, Mulde, Havel und Schwarzer Elster ein Areal von etwa 3000 Hektar zur Verfügung, um sich bei starkem Hochwasser auszubreiten.

Diese 30 Quadratkilometer klingen nach viel, wären aber auch nur ein Siebtel der Fläche Magdeburgs.

Ernst-Paul Dörfler vom Umweltverband BUND fordert daher, mehr Flussauen als natürliche Überflutungsflächen zu gewinnen. Es sei ein schwerer Fehler gewesen, nach der Flut 2002 mehr als 500 Millionen Euro in die Aufrüstung der Deiche zu stecken. "Der Kardinalfehler war, die Deiche in ihrem alten Verlauf zu ertüchtigen, zu erhöhen und zu verbreitern, ohne darüber nachzudenken, dass das Wasser ja irgendwo hin muss", sagte Dörfler der Deutschen Presseagentur. Schwere Fehler seien schon zu DDR-Zeiten gemacht worden. Halle-Neustadt sei in einem Sumpfgebiet entstanden und hätte dort nie gebaut werden dürfen. Seitdem werde dort das Wasser abgepumpt und in Gräben geleitet.

"Wir wären an vielen Stellen gern weiter."

Umweltminister Aeikens

Umweltminister Hermann Onko Aeikens (CDU) hält beides für wichtig: mehr Platz für die Flüsse sowie moderne Deiche. Denn: Nur die alten, unsanierten Wälle seien gebrochen, die neuen Deiche hielten dem Druck stand. Aeikens sagte: "Wir wären an vielen Stellen auch gern weiter." Allerdings erschwerten endlose Debatten die Planungen. Er plädiert für ein Beschleunigungsgesetz für den Hochwasserschutz. Die Grünen lehnen damit verbundene Einschnitte beim Klagerecht der Bürger und Verbände ab.

CDU-Umweltpolitiker Jürgen Stadelmann stützt Aeikens. "Der Kurs stimmt." Sein SPD-Kollege Ralf Bergmann meinte, der Schaffung von Flutflächen müsse aber eine wesentlich höhere Priorität gegeben werden als bisher.

Der Bundesverkehrsminister informiert sich heute in Magdeburg und im Jerichower Land über Flutschäden an der Infrastruktur. Die Schäden liegen in Sachsen-Anhalt im dreistelligen Millionenbereich. Landesverkehrsminister Thomas Webel (CDU): "Für die Schadensbeseitigung brauchen wir die Solidarität des ganzen Landes.

Die Regierungschefs von Bund und Ländern beraten heute in Berlin über einen Aufbaufonds für die Folgen der Hochwasserkatastrophe. In Koalitionskreisen ist von bis zu acht Milliarden Euro die Rede, die sich Bund und Länder teilen sollen. Damit fiele die Hilfe höher aus als 2002. Damals wurden etwa 6,5 Milliarden Euro abgerufen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte gestern die Einrichtung eines Fonds an, "der mit den Langfristschäden umgeht".