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Während vielerorts Tiere noch evakuiert werden konnten, ist die Ernte betroffener Landwirte in Sachsen-Anhalt dahin Die Flut schwemmt den Bauern das Geld davon

Von Sibylle Sperling 19.06.2013, 01:17

Gommern. Bei 1,50 Meter ist ein roter Strich an der Hauswand. Den Strich sieht Landwirt Eberhard Schopp gar nicht gern. Denn 2002 stand das Hochwasser im Agrarunternehmen Menz, bei dem er als Vorsitzender tätig ist. Diesmal hat die Flut zwar die Gebäude des Gommeraner Betriebs verschont, aber Bauern in der Nachbarschaft hat es schwer getroffen.

Als das Wehr in der Nähe der Biederitzer Agrar GmbH geöffnet worden war, mussten deren Kühe in einer Nacht- und Nebelaktion umziehen. Nachbar Eberhard Schopp half sofort, denn die Erfahrungen von 2002 saßen noch zu tief. 200 Tiere hat er vor mehr als zehn Tagen auf seiner Weide aufgenommen. Doch noch steht das Wasser im Biederitzer Stall - 20 Zentimeter hoch -, komplette Weiden sind überflutet und die Hälfte der Ackerflächen sind hin. Die düstere Prognose eines Mitarbeiters lautet: "Dieses Jahr fällt die Ernte aus."

"Diese Jahr fällt die Ernte aus."
Mitarbeiter der Agrar GmbH Biederitz

Auch Landwirt Hans-Günter Perlberg, der in einer GbR in Plötzky arbeitet, hat tiefe Sorgenfalten im Gesicht. Am liebsten wäre es ihm gewesen, wenn seine Milchkühe nicht hätten umziehen müssen, doch nach einem Riss im Deich wurde seinem Betrieb empfohlen, die Anlage zu räumen. "Wir sind davon ausgegangen, dass das Hochwasser schnell hier sein würde, da mussten die Kühe sofort weg." Vier Tage haben die Männer geschuftet und nach Ställen mit Melkmaschinen gesucht, um die 320 Tiere trockenen Fußes in die 30 bis 60 Kilometer entfernten Notunterkünfte zu evakuieren. Nicht nur die Tiere hatten letztlich Glück, auch der Stall in Plötzky. Die Lage hat sich entspannt, nicht ein bisschen Wasser ist in die Ställe eingedrungen. Die vorsichtshalber aus den Melkmaschinen ausgebaute Elektronik ist wieder installiert und der große Stall, der füllt sich langsam mit den ersten Rückkehrern.

Doch der Landwirt aus Plötzky kann längst nicht aufatmen, seine Sorgen sind noch zu groß. "Kühe sind sehr sensible Tiere. Der Stress beeinflusst die Qualität der Milch. Es dauert sicher sehr lange, bis die volle Milchleistung wieder da ist." Hinzu kommen die Hochwasserschäden auf den landwirtschaftlichen Flächen des Betriebes: 550 Hektar Acker und 450 Hektar Weiden hat die Flut in der Plötzkyer GbR unter sich begraben.

"Der Roggen steht einen Meter unter Wasser, 30 Zentimeter gucken noch raus. Das wird alles vergammeln. Und weil wir keine Evakuierungsanordnung hatten, ist überhaupt nicht klar, ob wir Geld bekommen", sorgt sich Landwirt Hans-Günter Perlberg.

"Das Futter für die Tiere wird knapp werden."
Landwirt Eberhard Schopp

Das Ministerium für Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt geht vorerst von 680 landwirtschaftlichen Betrieben im Land aus, die vom Hochwasser betroffen sind. "Bisher liegen uns rund 300 Schadensmeldungen vor", hieß es in der Pressemitteilung.

Auch der Gommeraner Landwirt Eberhard Schopp hat ein Fax bekommen. Darin soll er seine Schäden beschreiben. Viele seiner Weiden stehen unter Wasser, dennoch ist er zuversichtlich. "Das Futter wird knapp werden, aber für unsere Tiere wird\'s reichen. Über den Winter kommen wir noch. Aber verkaufen können wir nichts mehr." Der Zeitpunkt des Hochwassers hat den Bauern einen Strich durch die Rechnung gemacht. "Die Flut kam vor der Ernte. Unser Geld steht auf dem Feld, und das ist jetzt weggeschwommen", bringt es Schopp auf den Punkt.

Immerhin gibt es aus dem Ministerium für Landwirtschaft eine gute Nachricht: "Die Soforthilfe kommt", so Pressesprecher Detlef Thiel. 5000 Euro soll es für geschädigte Betriebe geben, Anträge auf Soforthilfe können eingereicht werden. Doch das soll erst ein Anfang sein, so der Pressesprecher.