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Antje Traue aus dem Jerichower Land spielt im neuen Superman-Film die Bösewichtin Faora. Super-Frau: Von Genthin nach Hollywood

Von Elisa Sowieja 28.06.2013, 03:15

Genthin/LosAngeles. Im beschaulichen Genthin ist sie aufgewachsen - im großen Hollywood macht sie jetzt Karriere: Antje Traue spielt im Superman-Film "Man of Steel" die Bösewichtin Faora. Der Volksstimme erzählt sie, welches Hobby aus Genthiner Zeiten sich jetzt beim Dreh ausgezahlt hat.

Früher hat sie mit ihren Schwestern immer die "Mini-Playback-Show" nachgespielt. Als ganz normales Mädchen tippelte sie in die große Zauberkugel, als berühmte Sängerin schritt sie wieder heraus. Das Leben der erwachsenen Antje Traue ist, als sei sie in eine Zauberkugel für Schauspieler gelaufen. Bis vor einer Woche tourte die 32-Jährige mit Kevin Costner und Russell Crowe durch Amerika, um die Werbetrommel für ihren gemeinsamen Film zu rühren. Sie, die in einem Genthiner Neubaugebiet aufgewachsen ist. Drei Zimmer - Küche - Kleinstadtluft.

Wegen der Arbeit kam ihre Mutter nach Genthin, wegen der Liebe blieb sie


"So etwas konnte ich damals nicht einmal träumen", sagt die eigentlich so wortgewandte Schöne mit ein paar Stammlern. In Genthin lebte sie seit ihrem zweiten Lebensjahr. Der Arbeit wegen war ihre Mutter vom sächsischen Mittweida in die Stadt mit dem Waschmittelwerk gezogen. "Wegen der Liebe blieb sie", erzählt die Schauspielerin. An Details aus ihrer Grundschulzeit im Jerichower Land erinnert sie sich kaum. Doch das Grundgefühl stimmte, das weiß sie noch: "Ich habe mich dort wohlgefühlt." Als sie neun war, fand ihre Mutter einen neuen Job als Ingenieurin und die Familie zog fort.

Heute pendelt die Genthiner Pflanze zwischen Berlin und Los Angeles. So kann sie überall zeigen, wie skrupellos sie ist - natürlich nur im Film. Denn in "Man of Steel" - auf Deutsch "Mann aus Stahl" - spielt sie Faora, die böse Kriegerin vom Planeten Krypton. Seit vergangenem Donnerstag läuft der Film in den deutschen Kinos. Am ersten Wochenende landete er auf Platz zwei der Kinocharts. In Amerika schaffte er es sogar auf den ersten Rang.

Wer Superman vermöbeln will, muss erst den Regisseur überzeugen. Antje Traue schaffte das vor zwei Jahren mit einem Bewerbungsvideo. Den Tipp für das Casting hatte sie von ihrer amerikanischen Agentur. Mit zwei Freunden - einer Kameramann, der andere Regisseur - setzte sie sich in ihrer Berliner Wohnung zusammen und nahm zwei Probeszenen auf. Offenbar kam sie als Bösewichtin ganz besonders fies rüber. Denn prompt lud Regisseur Zack Snyder die kaum bekannte Schauspielerin in die USA ein. "Dort habe ich noch ein paar Szenen vorgelesen und Stunttests gemacht", erzählt sie. Und schwupps, hatte die Genthinerin ihre Hollywood-Rolle in der Tasche.

Doch so scheinbar mühelos verlief ihre Karriere zuvor nicht. Sie überlegte sogar, die Schauspielerei an den Nagel zu hängen und Medizin zu studieren. Dabei war der Start so verheißungsvoll. Mit 16 ergatterte Antje Traue bei einem Casting in München die Hauptrolle für ein Musical - jahrelanges Üben im Schultheater, Ballett- und Gitarrenunterricht machten sich auf einmal bezahlt. Vier Jahre lang tourte sie damit; es ging sogar nach New York.

Danach spielte sie immer wieder in deutschen Filmen mit - in "Kleinruppin forever" zum Beispiel oder in "Soko Köln". Das Problem war nur: Der große Durchbruch blieb aus. "Mit Mitte 20 befand ich mich in einer Falle", erinnert sich die 32-Jährige. "Für Hauptrollen war ich nicht bekannt genug, für die Nebenrollen hatte ich eine zu große Präsenz."

2009 kam ein frustrierendes Erlebnis hinzu. Sie wurde für eine Rolle im Til-Schweiger-Film "Phantomschmerz" besetzt - die dann allerdings komplett herausgeschnitten wurde. "Das war aber völlig in Ordnung", versichert die Schauspielerin heute.

Trotzdem musste etwas passieren. Sie orientierte sich ins Ausland, spielte im deutsch-britischen Science-Fiction-Thriller "Pandorum" und im US-Kriegsfilm "5Days of War". Danach wurde sie in eine amerikanische Agentur aufgenommen. Doch noch immer war die Angebotspalette mager. Zwischendurch konnte Traue sogar kaum ihre Miete zahlen. Ihre Zauberkugel, die Unbekannte in Stars verwandelt, funktionierte eben nur zeitversetzt und mit viel Eigenantrieb.

Wenn sie heute über ihre Rolle als Faora spricht, scheinen die Nöte von damals wie weggeblasen. Der Hollywood-Neuling sprudelt förmlich vor Elan, als sie erzählt: "Ich konnte es gar nicht erwarten, dass wir den Film endlich jemandem zeigen können."

Bei ihrer Rolle hat der 32-Jährigen übrigens ein Hobby aus ihrer Zeit im Jerichower Land geholfen. "Ich habe in Genthin angefangen zu turnen", erklärt sie. Beim Sportunterricht in der damaligen Thälmann-Grundschule sichteten sie zwei Talentsucher vom Trainingszentrum. Von da an ging es dreimal pro Woche zum Training und am Wochenende zu Wettbewerben. Zurück kam sie meist mit Medaille oder Pokal im Gepäck.

In Jogginghose neben Russell Crowe geschwitzt - da gingen Berührungsängste schnell flöten

Was ihr das jetzt genutzt hat? "Faora hat eine ganz eigene Art, sich zu bewegen. Die Erfahrung als Turnerin bietet eine solide Grundlage, um schnell neue Bewegungsabläufe umzusetzen."

Turnerfolge aus Kindertagen reichten natürlich nicht aus. Vier Monate lang musste Antje Traue zur Vorbereitung auf den Dreh ins Fitnessstudio - genau wie Russell Crowe. Das hat praktischerweise auch ganz fix ihre Berührungsängste gelöst. "Du stehst da in Jogginghose und T-Shirt, und dein Schweiß macht dich auch nicht schöner", flachst sie. Die beiden hätten "wunderbar zusammengearbeitet". Auch die anderen Kollegen seien "sehr sympathisch" gewesen. "Ich habe nie zu spüren bekommen, dass ich der Außenseiter bin."

Jetzt, wo sie mit ihrer Werbetour gerade fertig ist, steht schon die nächste an. Denn ihr neuer Film ist bereits im Kasten. "Seventh Son" (Der siebente Sohn) heißt er und kommt im Oktober in die Kinos.

Vorher schaut sie aber sicher noch mal in Sachsen-Anhalt vorbei. Dort ist sie nämlich häufig. Zu ihren Schulfreunden in Genthin hat die 32-Jährige zwar keinen Kontakt mehr. Aber ihr Vater und ihre jüngere Schwester - sie macht gerade Abitur - wohnen in Magdeburg. Von dem Interview mit der Volksstimme hat Antje Traue ihren Lieben vorher nichts erzählt: "Da werden sie bestimmt überrascht sein, wenn sie die Zeitung aufschlagen!"