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Trotz 30 Millionen Euro Förderung nur geringer Netzausbau / Bald 3000 km Glasfaser in der Altmark? Zu wenig schnelles Internet im Land

11.09.2013, 17:24

Magdeburg. Seit vier Jahren fördert Sachsen-Anhalt den Breitbandausbau. Doch schnelles Internet gibt es in vielen Gebieten bis heute nicht. Ab 2014 soll nun ein riesiges Glasfasernetz in der Altmark entstehen - gebaut maßgeblich mit Fördermitteln.

Seit 2009 hat das Land für den Breitbandausbau bislang etwa 30 Millionen Euro Fördergeld ausgeschüttet und damit in mehr als 600 Orts- und Stadtteilen das Internet beschleunigt. Gibt es also in Sachsen-Anhalt kein Breitbandproblem mehr? Keineswegs.

Zwar hat vor allem der Mobilfunkausbau das Surfen im niedrigem Breitbandbereich verbessert. Das Angebot an kabelgebundenen Breitband (DSL, TV-Kabel) ist aber außerhalb von Städten nach wie vor schlecht (Grafik). Gerade die kabelgebundenen Anschlüsse liefern Geschwindigkeiten von 6 und 16 Mbit/sec, die zeitgemäßes Surfen erst ermöglichen.

Die Fördermillionen des Landes wurden deshalb fast ausschließlich für die Kabelanbindungen von Gemeinden ausgegeben. "Voraussetzung war, dass sich die Gemeinde um eine Förderung bewirbt", erklärt Theo Struhkamp, der für die Breitbandförderung zuständige Referatsleiter. Bei weitem nicht jede Gemeinde ohne schnelles Internet habe sich um Förderung bemüht.

Die Gemeinden müssen einen Dienstanbieter wie die Telekom oder MDDSL finden, der ebenfalls investieren möchte. "Und das geschieht, wenn genügend Menschen vor Ort Verträge zur Versorgung abschließen möchten." Das Fördergeld hilft, die Wirtschaftlichkeitslücke zwischen den Kosten der Anbindung und den zu erwartenden Einnahmen zu schließen.

Internetanschlüsse keine Pflicht des Staates

Für schnelles Internet zu sorgen, sei keine Pflichtaufgabe des Staates, betont Struhkamp. Es sei eine Aufgabe von Unternehmen. Für die lohne sich wirtschaftlich ein Breitbandausbau in strukturschwachen Regionen aber nicht.

Mit 87,5 Prozent wurde deshalb seit 2009 der Internet-Ausbau unter bestimmten Voraussetzungen gefördert. Struhkamp: "Damit erhielten Gemeinden zumeist Glasfaser-Kabel-Anbindungen über mehrere Kilometer. Nur so kann schnelles Internet über die Kupferkabel vor Ort verbreitet werden." Um so länger Kupferkabel einen Ort vom nächsten Verbindungsknoten - in der Regel der Telekom - anbindet, um so langsamer wird das Internet. Nur Glasfaser-Kabel gleichen diesen Nachteil aus.

Zumindest, was kabelgebundenes Internet betrifft. Struhkamp: "Hier lag bislang der Hauptfokus der Förderung." Es geht auch anders. So hat in Wernigerode die Internet-Firma "Heuer & Sack" 17 Funkmasten errichten lassen, um mittels Richtfunkübertragung schnelles Breitbandinternet bis zu 16 MBit/sec zu ermöglichen. Der regionale Provider vermarktet dieses Funkangebot in der Harzstadt zu DSL-ähnlichen Preisen.

"Heuer & Sack" hatte den Zuschlag zum geförderten Ausbau dieses Funknetzes bekommen, weil Kabel-Internet im Zentrum von Wernigerode derzeit nicht verfügbar ist. Warum nicht? Hans-Martin Schulze, Breitband-Beauftragter der Landesregierung für den Harz: "Eine Firma hat bereits ab 2001 Leerrohre in der Innenstadt verlegt, ist dann aber in Insolvenz gegangen. Die Verträge mit mehr als 10 Jahren Laufzeit verhinderten bislang die Nutzung dieser vorhandenen Leerrohre durch andere Anbieter." Erst ab 2014 soll sich das ändern.
Schulze: "Deshalb tut sich auch beim Thema Internet über Kabel-TV derzeit wenig in Wernigerode." Erschwerend komme hinzu, so der Experte, dass die Telekom ihre Ortsvermittlungsstation in den 1990er Jahren dezentral an den Ortsrand verlegt habe, weil die Notwendigkeit von schnellem Internet damals noch nicht absehbar war.

Eine Lösung, die in Sachsen-Anhalt bislang kaum eine Rolle spielte, ist die Übertragung via Satellit - für dezentrale Anbindungen eigentlich ideal. Eutelsat hat vor zwei Jahren die Möglichkeiten über einen speziellen Satelliten ("Ka-Sat") erheblich verbessert - und so verbilligt. Die Preise verschiedener Vermarkter liegen nur noch etwas über DSL-Preisen. Astra als zweiter großer europäischer Satelliten-Betreiber will noch 2013 ebenfalls einen Internet-Satelliten starten.

Soeben wurde in Niederstetten (Baden-Württemberg) von dem Provider Eusanet ein Modellprojekt fertiggestellt, bei dem die Kupfer-Telefonnetze über DSL-Modems mit einem Sat-Internet-Empfangsknoten kombiniert wurden. In der Ortschaft liegen nun 30 Mbit/sec an der Telefondose an. Sieben Ortsteile wurden an das satellitengestützte Breitband angeschlossen. Baden-Württemberg förderte das Projekt mit 50 Prozent.

Salzwedel und Stendal noch nicht beigetreten

Ein Modell für Sachsen-Anhalt? Struhkamp: "Eher nicht. Aus technischen Gründen ist kabelgebundenes Internet die bessere Lösung. Eine Förderung von Sat-Internet wäre aber auch bei uns möglich." Ab 2014 werde die Förderung des Landes neu aufgestellt. Struhkamp: "Der Fokus liegt dann nicht mehr auf der Grundversorgung, sondern auf Hochgeschwindigkeitsnetze von 50 und 100 Mbit/sec." 80 Prozent Förderung der Projekte seien angedacht, so Struhkamp. Als ersten Kandidaten dafür sieht er das Projekt Zweckverband Breitband Altmark.

Die beiden Altmark-Landkreise wollen gemeinsam mit Städten und Gemeinden im Verbund Leerrohre mit Glasfaserkabel verlegen, die dann von einem Provider vermarktet werden. In 70 Ausbaugebieten soll Schritt für Schritt die Region angebunden werden, in der sich mehr als 60 Prozent der Bewohner zur Nutzung des Angebotes bereiterklären. Dank Glasfaserverkabelung bis an die Haustür winken Super-Breitbandanschlüsse mit 50 bis 100 Mbit/sec.

Axel Schulz, stellvertretender Geschäftsführer des Zweckverbandes: "Der Verband ist gegründet. Noch im September startet ein Vergabeverfahren. Wir suchen europaweit einen Netzbetreiber." Das werde sich bis Frühjahr hinziehen. "Beim Ausbau soll dieser Netzbetreiber von Beginn an in die Planungen mit einbezogen werden." Die beiden Städte Salzwedel und Stendal sind dem Zweckverband bislang noch nicht beigetreten. Ein Problem? "Nein. Wir werden mit dem Netzausbau beginnen, auch wenn die Städte nicht mit im Boot sind."

Christian Franke, Grünen-Bundestagskandidat aus der Altmark, teilt die Sorgen der beiden Stadtparlamente: "Die dörflichen Gemeinden sollen mehr Mitglieder im Zweckverband bekommen. Den Städten droht die finanzielle Hauptlast." Von 118 Millionen Euro Gesamtkosten wird derzeit ausgegangen.

Franke befürchtet, dass die Landkreise die hohen Kosten zur Verlegung von insgesamt 3000 Kilometer Glasfaserkabel über die Erhöhung der Kreisumlage bei den Städten und Gemeinden abladen werden. "Ich bezweifele auch, dass es nötig ist, jedes Gehöft mit Glasfaser zu verkabeln", so Christian Franke. Dezentrale Lösungen wie Richtfunk oder Satelliten-Internet seien für die Altmark aus seiner Sicht die besseren Lösungen. "Das steht schneller zur Verfügung und ist preiswerter."