1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Schul-Prügelei bleibt für Lehrer folgenlos

Drittklässlerin von Mitschülerin krankenhausreif geschlagen Schul-Prügelei bleibt für Lehrer folgenlos

Von Dennis Lotzmann und Oliver Schlicht 09.12.2013, 19:02

Halberstadt l Den 15. Januar des Jahres 2013 wird Anna (Name geändert) wohl nie vergessen. Es ist der Tag, der für die Drittklässlerin aus Halberstadt in der Klinik endet. Mehrere Schüler haben das Mädchen in der Hofpause brutal geschlagen. Sie muss mit einem Schädel-Hirn-Trauma, Prellungen und einem Bauchtrauma für drei Tage stationär im Halberstädter Ameos-Klinikum aufgenommen werden.

Die genauen Umstände der Prügelei sind bis heute unklar. Die Jungen gaben später zu, dass ein Streit ausgeartet sei und sie Anna grob angefasst hätten. Für die Kinder, die nicht strafmündig sind, blieb die Schlägerei juristisch ohne Folgen. Die Schule reagierte intern, hielt sich mit Blick auf die Konsequenzen aber bedeckt.

Eine Lehrerin und zwei pädagogische Mitarbeiterinnen der Freiherr-von-Spiegel-Grundschule sahen sich jedoch mit dem Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung konfrontiert. Annas Mutter hatte dem Trio vorgeworfen, bei der Prügelei weggeschaut zu haben. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungsakte endgültig zugeklappt. "Der Vorwurf, der den Pädagogen gemacht worden ist, kann nicht bewiesen werden", sagt Oberstaatsanwalt Hauke Roggenbuck.

"Für uns ging es um die Kernfrage: Was haben die Pädagogen von der Prügelei mitbekommen und getan oder nicht getan", sagt der Behördenchef. "Nur wenn dem Trio, das die Vorwürfe stets bestritten hat, nachgewiesen werden könnte, bewusst weggeschaut zu haben, wäre der Tatverdacht hinreichend gewesen", sagt Roggenbuck. Das aber sei nicht möglich gewesen. Deshalb stellte die Staatsanwaltschaft im Mai die Ermittlungen ein. Die Mutter legte Beschwerde ein und benannte neue Zeugen. Doch auch mit deren Aussagen ließen sich die Vorwürfe nicht eindeutig belegen.

243 Anzeigen wegen Körperverletzung an Schulen

Gewalttätige Vorfälle an Schulen kommen in Sachsen-Anhalt regelmäßig vor. Im mittleren und nördlichen Teil des Landes gingen bei der Polizei im vergangenen Jahr 243 Anzeigen wegen Körperverletzung ein.

Im Landesschulamt in Halle laufen monatlich Meldungen über "Besondere Vorkommnisse" an den öffentlichen Schulen ein. Die Direktoren sind landesweit zu solchen Meldungen verpflichtet. Behördensprecherin Silke Stadör: "Das müssen nicht zwangsläufig Fälle sein, die zu Anzeigen bei der Polizei führen, sondern können auch kleinere Reibereien sein."

16 Vorfälle wurden im November gemeldet. Darunter zwei Fälle aus dem Landkreis Wittenberg. "Ein Mädchen hat eine Mitschülerin mit einem Cuttermesser bedroht. In einem anderen Fall wurde das laute Abspielen von Liedern mit verfassungsfeindlichen Texten gemeldet." Ein dritter Fall ereignete sich im Landkreis Anhalt-Bitterfeld. Dort hat ein 13-jähriger Schüler ein Mädchen mit der Faust geschlagen.

Die gemeldeten Vorkommnisse werden in der Regel an die für die Schule zuständigen Fachreferenten weitergeleitet. Stadör: "Die besprechen dann mit den Lehrern und unter Umständen mit Schulpsychologen, wie weiter vorgegangen wird."

Die Mutter des Halberstädter Mädchens kündigte am Montag an, die Entscheidung der Staatsanwaltschaft nicht weiter anzufechten. Anna und ihre kleinere Schwester haben nach der Prügelei die Schule gewechselt. In der jetzigen – eine Einrichtung in kirchlicher Trägerschaft – fühlen sie sich wohl.