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Kultusminister will Anhaltischem Theater ab 2016 das Geld für zwei Sparten streichen Dessau verliert Schauspiel und Ballett

Die Debatte um die Kürzungen bei Theatern und Orchestern in
Sachsen-Anhalt geht weiter. Der neue Paukenschlag: In Dessau sollen zwei
Sparten wegfallen: Ballett und Schauspiel.

23.01.2014, 01:18

Halle/Dessau (dpa) l Alle Proteste scheinen vergeblich gewesen zu sein - das Ende des Vier-Sparten-Theaters in Dessau rückt näher. Der Entwurf für den Theatervertrag zwischen dem Land und der Stadt Dessau-Roßlau sieht vor, dass die Bühne von 2016 an kein eigenes Schauspiel und Ballett mehr haben wird. In einem Interview der "Mitteldeutschen Zeitung" (Mittwoch) sagte Sachsen-Anhalts Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD), nur Orchester und Chor sowie das Puppentheater sollen erhalten bleiben. Schauspiel- und Ballettaufführungen hingegen sollten künftig aus Leipzig, Halle, Magdeburg oder Potsdam eingekauft werden. Weil die Stadt Dessau Träger des Theaters ist und der Vertrag für fünf Jahre gelten soll, muss der Dessauer Stadtrat noch über die Pläne entscheiden.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Wenn es so umgesetzt wird, wäre das zutiefst bedauerlich." Und: "Die Menschen in Sachsen-Anhalt und in Dessau werden es als das verstehen, was es ist: Kulturabbau." Das Theater mit mehr als 1000 Plätzen in der schrumpfenden Stadt Dessau sei allerdings weiterhin ein Problem, das nicht gelöst sei. In den vergangenen Monaten hatte es massive Proteste gegen Kürzungen in der Theater- und Orchesterlandschaft gegeben. Auch bundesweit hatten Kulturverbände gegen Streichungen im Land Sachsen-Anhalt protestiert.

Zimmermann, der den Kulturkonvent zur Zukunft der Kultur in Sachsen-Anhalt leitete, hält es nicht für ausgeschlossen, dass in ein paar Jahren hinterfragt wird, ob das Anhaltische Theater Dessau, eine der ältesten Bühnen Deutschlands, für die teuren Opernproduktionen überhaupt noch gehalten werden könne.

Gerald Mertens von der Deutschen Orchestervereinigung gab zu bedenken, dass das Theater weiter unterschiedliche Publikumsgruppen ansprechen müsse, weil sonst die Auslastungszahlen sänken.

Das Angebot des Landes, das laut einer Ministeriumssprecherin mit der Stadt vorbesprochen worden ist, sieht vor, dass das Anhaltische Theater 2014 und 2015 jeweils 5,5 Millionen Euro vom Land bekommt. Im vergangenen Jahr waren es noch 8,1 Millionen Euro. Das Haus in Dessau ist neben den Bühnen Halle und dem Theater Eisleben das Theater in Sachsen-Anhalt, das am stärksten von Subventionskürzungen für die Theater betroffen ist.

2013 hatte Sachsen-Anhalt die Theater noch mit mehr als 36 Millionen Euro unterstützt, künftig sollen es rund 30 Millionen Euro sein. Neu ist allerdings, dass die Förderung dynamisch ist - das Land trägt künftig anteilig Lohnkostensteigerungen mit. Das soll ein Ausweg aus den Haustarifverträgen sein.

Dessaus Finanzbürgermeisterin Sabrina Nußbeck sagte, der Vertragsentwurf werde derzeit geprüft, sie verstehe ihn als Gesprächsangebot des Landes. "Das kann noch nicht das letzte Wort sein." Insbesondere bei den Strukturanpassungskosten, zu denen Abfindungen gehören und die Rückkehr vom Haustarifvertrag zu den allgemein geltenden Tarifen, brauche die Stadt stärkere Unterstützung durch das Land.

Das Musiktheater zieht zahlreiche Kulturtouristen nach Dessau. Weitere Anziehungspunkte in der rund 85000 Einwohner starken Stadt sind das Bauhaus, das ein neues Bauhaus-Museum bekommen soll, sowie das Dessau-Wörlitzer Gartenreich - beide gehören zum Unesco-Welterbe. Der Generalintendant des Anhaltischen Theaters, André Bücker, wollte sich am Mittwoch laut einer Sprecherin nicht äußern.