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Ursula von der Leyen beobachtet in der Altmark eine Feldübung und denkt über Tagesmütter in Kasernen nach Ministerin: Was macht der Panzer gerade?

Zum ersten Mal hat Deutschland eine Verteidigungsministerin.
Berührungsängste zwischen der Truppe und ihr gibt es deswegen nicht, wie
sich bei der Antrittsvisite Ursula von der Leyens im Gefechtszentrum
Letzlingen zeigt.

Von Steffen Honig 29.01.2014, 02:20

Letzlingen l "Da hinten steht der Feind." "Mit Feuerüberlegenheit wird angegriffen." Die Kommandeure der 1. Panzerdivision geben sich alle Mühe, ihrer neuen Chefin das Geschehen auf dem Übungsgelände in Letzlingen zu erklären. Die Ministerin lauscht interessiert und fragt nach: "Was macht der Panzer gerade?" Ursula von der Leyen, trotz der Minusgrade ohne Kopfbedeckung, mit der gewohnt gut gestärkten Frisur, ist ein Farbtupfer im Offizierskorps auf dem Hochbunker, von dem sich das angenommene Schlachtfeld bestens einsehen lässt.

Unten brüllen die Leopard-II-Panzer. Es scheint, als wäre das Deutsche Heer, so die offizielle Bezeichnung dieser Bundeswehr-Teilstreitkräfte, mit den Wettermächten im Bunde gewesen: Die frostschimmernde, schneebedeckte Letzlinger Heide bietet eine Bilderbuch-Kulisse für die Panzerübung.

Es knallt, aber nichts kommt raus

Geschossen wird hier nur virtuell, modernste Technik macht es möglich. Mit dem Simulationssystem AGDUS kann ohne echte Granaten und Patronen geschossen und getroffen werden. Es knallt, aber es kommt nichts raus - drückt es Hauptmann Jens Beier vom Panzerbataillon 413 volkstümlich aus.

Von der Leyen freut sich später über das "passgenaue Zusammenspiel" der "hochspezialisierten Technik" auf dem Gefechtsfeld. Es gehe um die Grundausbildung und darum, einsatzorientierte Streitkräfte zu haben. Letzlingen sei einer der absolut besten Gefechtsübungsplätze: "Unser Ehrgeiz ist, dass der Standard so hoch gehalten wird."

Doch ein Tross von mehreren Dutzend Presseleuten ist nicht nur wegen der Panzerübung da. Die Auftritte der ersten weiblichen Chefin im Verteidigungsministerium sind von besonderem Interesse. Mehr Familienfreundlichkeit und mehr Auslandseinsätze - mit diesen Vorstößen gleich zu Beginn ihrer Amtszeit hat sich die CDU-Politikerin noch zusätzliche Aufmerksamkeit gesichert.

Als sich von der Leyen vor die Presse begibt, hat sie neben der Übungsbeobachtung bereits eine Gesprächsrunde mit Soldaten hinter sich. Familienfreundlichkeit habe dabei laut Ministerin mit vornan gestanden. Zu besserer Kinderbetreuung sagt sie: "Wir haben ja in der Bundeswehr einen Riesenvorteil gegenüber anderen Unternehmen - dass wir Platz haben in den Kasernen. Ich bin ein ganz großer Fan von Tagesmüttern. Das wäre ein Lösungsangebot." Auch flexible, moderne Arbeitszeiten solle es geben.

Abbrecher-Quote unter der Lupe

Zur Studie, wonach Frauen, die bisher zehn Prozent der Bundeswehrangehörigen ausmachen, unzureichend akzeptiert sind, erklärt von der Leyen: Nach anfänglicher Offenheit in der Truppe kämen nun auch Fragen nach Konkurrenz. "So wie ich die Truppe vor Ort erlebe, gibt es eine große Bereitschaft, Frauen in der Bundeswehr zu haben. Die Frauen selbst seien sehr selbstbewusst und fest davon überzeugt, dass der Schritt richtig war. "Aufgeschlossen, mutig und konsequent" wolle sie weiter Frauen in die Bundeswehr holen. " Mein Ziel ist, dass die jungen Frauen und Männer bei der Truppe sagen werden: Wo ist das Problem?"

Prüfen lassen will von der Leyen zudem, ob die Abbrecher-Quote bei Bundeswehreinsteigern höher als in anderen Branchen ist und wenn ja, woran dies liegt. Zu Klagen aus der Truppe über unzureichende Ausrüstung sagt die Ministerin, dass die Soldaten die optimale Ausrüstung für ihren Schutz benötigten.

Und wie kommt die Neue bei der Truppe an? Presseoffizier Stefan Wessel gibt zu, von der Berufung überrascht gewesen zu sein. Das habe sich rasch gelegt: "Wir haben eine weibliche Kanzlerin, warum also keine Verteidigungsministerin." Wessel ist bislang zufrieden: "Sie bringt die Bundeswehr mehr in die Öffentlichkeit, das ist gut."

Angereist war die Ministerin schon am Vorabend. Sie übernachtete aber nicht in der Kaserne, sondern im Jagdschloss Letzlingen. Zum Abendessen in der Residenz, die ehedem Kaiser Wilhelm II. als Herberge bei Jagdausflügen in die Heide diente, brachte sie die Beförderungsurkunde für Jürgen-Joachim von Sandrart, Befehlshaber der 1. Panzerdivision, mit. Der bisherige Oberst konnte die Ministerin somit als Brigadegeneral durchs Übungsgelände führen.