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Fischbecker Familie zieht zurück nach Hause Das erste neue Haus nach der Flut

Von Anke Schleusner-Reinfeldt 19.02.2014, 02:18

Fischbeck l "Das ist unser neues Zuhause!" Was Reimanns bisher nur auf dem Papier gesehen haben, steht nun vor ihnen. In nur zwölf Stunden entstand am Dienstag genau dort, wo das Ehepaar am 10. Juni 2013 vor dem Hochwasser fliehen musste, der Rohbau ihres neuen Heims.

Diesen Tag haben Elke und Rüdiger Reimann so sehr herbeigesehnt. Auf ihrem Grundstück in der Kabelitzer Straße steht wieder ein Haus. Nur zwölf Stunden dauerte es, bis die Richtkrone über dem Dach schwebt. Und innen ist schon alles fertig: Heizungen, Elektrik, Türen, Fliesen, Waschbecken und Dusche, sogar die schmucke Küche ist schon eingebaut. Heute kommen die Dachziegel drauf und ein paar Kleinigkeiten müssen die Arbeiter noch erledigen, dann ist es geschafft.

Es ist das erste Haus nach der Flut, das im Elbe-Havel-Land neu entsteht. Sieben Gebäude wurden bereits abgerissen, mehr als zehn folgen noch. Der kommunale Wiederaufbau von eingestürzten Brücken, kaputten Straßen, gefluteten Gemeinschaftshäusern und zwei zerstörten historischen Parks hat noch nicht begonnen. Rund 80 Millionen Euro werden dafür gebraucht.

Das Fertighaus hatten sich Reimanns ausgesucht. "Wir wollten nicht noch eine lange Bauzeit überstehen, sondern so schnell wie möglich wieder in den eigenen vier Wänden sein." Die Umzugskartons in der Übergangswohnung im Neubaublock sind gepackt. "Am Montag wird das Bett geliefert, dann ziehen wir ein, auch wenn die große Möbellieferung erst Anfang März kommt." Die 54-Jährige erzählt, dass der Maler ihnen den Gefallen tut und am Wochenende die Tapeten klebt. Im Obergeschoss werden noch Trockenbauwände aufgestellt. Hier zieht der 20-jährige Sohn Guido ein. Reimanns gewähren gern Unterschlupf. Deshalb ist der neue Esstisch auch mit Bedacht für zehn Personen ausgewählt. Tochter Antje und ihre Familie wohnt nur ein paar Häuser weiter, irgend jemand ist immer zu Besuch.

Auch den Hof muss das Ehepaar neu anlegen. Statt eines Gartens kommt erst einmal nur Rasen hin. Denn es gibt genug andere Dinge zu tun und der langjährig krebskranke Rüdiger muss sich schonen.

Reimanns, die im April 35 Jahre verheiratet sind, wissen, wie viel Glück im Unglück sie hatten. Ihre Versicherung hat anstandslos alle Schäden beglichen. "Ich liege so manche Nacht wach und die Tränen laufen. Das Trauma ist längst nicht vergessen. Andere, die ähnlich stark betroffen sind wie wir, wissen noch nicht, wie es weitergeht. Das schmälert die Freude über den eigenen Fortschritt."

Das Ehepaar blickt nach vorn. "Wenn erst einmal die paar Familienbilder, die wir glücklicherweise retten konnten, an den Wänden hängen, dann wird es wirklich unser Zuhause."