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Gaststättengesetz Das Bier-Verbot für Vereinsfremde wackelt

Alkohol im Vereinsheim nur noch für Mitglieder - so steht es im Entwurf für ein Gaststättengesetz. Nach einer Anhörung im Landtag ziehen die Regierungsfraktionen die Reißleine und versprechen: Eine lebensfremde Regelung werde es nicht geben.

Von Hagen Eichler 14.03.2014, 02:15

Magdeburg l Seit langem klagen Gastwirte über die Konkurrenz durch Vereine: Fußballklubs reichen nach dem Spiel die Bierflaschen aus dem Kühlschrank, Dorfgemeinschaftshäuser servieren auf eigene Rechnung Wein und Prosecco. Ein neues Gaststättengesetz für Sachsen-Anhalt soll das nun einschränken. Wirtschaftsminister Hartmut Möllring (CDU), aus dessen Haus der Entwurf stammt, hat der "Schwarzgastronomie" den Kampf angesagt.

Vereine sollen künftig nur noch an eigene Mitglieder ausschenken dürfen. Damit die Behörden das kontrollieren können, muss der Verein auf Verlangen ein Mitgliederverzeichnis vorlegen. Doch gegen genau diese Regelung hagelte es am Donnerstag im Landtag Einwendungen, Kritik und äußerst kritische Nachfragen. Abgeordnete aus gleich fünf Ausschüssen hatten zur öffentlichen Anhörung geladen.

"Wenn ein Verein feiert, soll der Bürgermeister nichts bekommen?"

Gar keinen Spaß verstehen etwa Sachsen-Anhalts Narren. Mit großem Ernst trägt Berthold Habekuß, Rechtsbeistand des Karneval-Landesverbands, seine Einwände vor. Ziel des Gaststättengesetzes sei der Schutz vor Gefahren des Alkohols, sagt er. Mit dieser Begründung könne man jedoch nicht zwischen Mitgliedern und Gästen eines Vereins unterscheiden: "Wenn ein Verein feiert, soll also der Bürgermeister oder der Landtagsabgeordnete um der Gefährlichkeit des Alkohols willen nichts bekommen?"

Auch die vom Gesetzentwurf geforderte Mitgliederliste sei "praxisfremd, rechtswidrig und bürgerfeindlich", urteilt der Karnevalist, im bürgerlichen Leben Rechtsanwalt. Und was passiere eigentlich, wenn der Karneval-Landesverband zu einer Veranstaltung einlade? "Reicht dann die Liste unserer 190 Mitgliedsvereine oder müssen wir die Namen aller 16000 Mitglieder vorlegen?"

Schwerwiegende juristische Einwände trägt Landesdatenschutzbeauftragter Harald von Bose vor. Der Entwurf sei verfassungswidrig, weil er in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eingreife, ohne das ausdrücklich festzuhalten. Außerdem sei es unverhältnismäßig, wenn die kontrollierende Behörde die Namen sämtlicher Vereinsmitglieder einsehe - also selbst diejenigen überprüfe, die gar nicht anwesend sind. Auch einen schweren handwerklichen Schnitzer hat der promovierte Jurist ausgemacht. Zwar sei die Kontrolle der Vereinslisten im Gesetzentwurf vorgesehen. Das Ziel der Kontrolle aber - Alkoholausschank ausschließlich an Vereinsmitglieder - sei nirgends explizit formuliert. Von Boses Urteil: die umstrittene Regelung sei "misslungen und lebensfremd".

Unterstützung für die geplante Einschränkung der Vereinsgastronomie kommt lediglich von einer Seite: Die beiden Industrie- und Handelskammern als Vertreter der gewerblichen Gastwirte loben das Vorhaben. "Die Schwarzgastronomie beschäftigt uns seit Jahren", sagt Cornell Witte von der IHK Magdeburg. Wenn ein Verein auch Vereinsfremde bewirten wolle, könne er ja eine gewerbliche Gastwirtschaft anzeigen. "Dann hätten wir eine Gleichbehandlung mit den anderen Wirten." Gilt das auch, wenn nach dem Fußballspiel die Gastmannschaft und der Schiedsrichter ein Bier bekommen?, will Uwe Loos (Linke) wissen. "Ja, das ist dann öffentliche Gastronomie", findet Witte.

"Wir brauchen ein Gesetz nahe an der Lebenswirklichkeit."

Nach der Anhörung ziehen die Parteien ihr Fazit. Die Linke lehnt eine Verschärfung für Vereine ab. Diese seien die "Stütze des geselligen Lebens", urteilt Frank Thiel. Aber auch die Regierungsfraktionen gehen auf Distanz zum Vorhaben des Kabinetts. Ronald Mormann, Karnevalist und Sozialdemokrat, warnt vor einer Diskriminierung der Vereinsarbeit. Der Gesetzentwurf sei für die SPD nicht zustimmungsfähig.

Auch die CDU signalisiert Entgegenkommen. "Wir wollen die Arbeit der Vereine nicht erschweren", beteuert Ulrich Thomas. Das diskutierte Mitgliederverzeichnis sei für ihn jetzt vom Tisch: "Wir brauchen ein Gesetz nahe an der Lebenswirklichkeit."

Noch vor der Sommerpause, so haben es die Regierungsfraktionen verabredet, wollen sie ein überarbeitetes Gesetz auf den Weg bringen. Etliche Regelungen des Entwurfs sind auch unstrittig. So müssen Gastwirte ihr Gewerbe künftig nur noch anzeigen, eine Genehmigung entfällt. Auch muss das preiswerteste Getränk grundsätzlich eines ohne Alkohol sein.