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Klage erfolgreich Oberverwaltungsgericht lässt Klimaschutzsatzung durchfallen

Das Oberverwaltungsgericht Magdeburg hat die Klimaschutzsatzung der
Stadt Halberstadt beanstandet. Karl-Heinz Schönfeld, Vorstand der
klageführenden Wohnungsbaugenossenschaft Halberstadt (WGH), wertet die
Entscheidung des Gerichtes als Erfolg.

Von Jörg Endries 15.04.2014, 03:19

Halberstadt l Erfolgreich hat die Wohnungsbaugenossenschaft Halberstadt (WGH) gegen die am 27. September 2012 vom Stadtrat Halberstadt beschlossene Klimaschutzsatzung geklagt. Das Oberverwaltungsgericht Magdeburg (OVG) hat am Donnerstag die Satzung beanstandet, wie Ute Huch, Sprecherin der Stadtverwaltung Halberstadt, informierte. "Die Satzung bleibt anwendbar, bis die Entscheidung rechtskräftig ist", heißt es in einer Mitteilung aus dem Rathaus.

"Unsere Bedenken wurden von der Stadt ignoriert. Das Gericht hat festgestellt, dass die Satzung rechtswidrig ist und ist damit unserer Argumentation gefolgt." - WGH-Vorstand Karl-Heinz Schönfeld

Hinter der Klimaschutzsatzung verbirgt sich ein Beschluss zur Bereitstellung von Fernwärme durch die Halberstadtwerke, verbunden mit einem Anschlusszwang für Hauseigentümer, deren Immobilien sich im Satzungsgebiet befinden. Bereits im Sommer vergangenen Jahres folgten dem Beschluss hohe Investitionen in den Ausbau des Fernwärmenetzes. Durch das Stadtzentrum ist eine 900 Meter lange Fernwärmeleitung verlegt worden. Die Investitionskosten betragen etwa 750.000 Euro.

Bereits im Vorfeld des Stadtratsbeschlusses hat die Wohnungsbaugenossenschaft Halberstadt die Satzung scharf kritisiert. "Unsere Bedenken wurden von der Stadt ignoriert. Das Gericht hat festgestellt, dass die Satzung rechtswidrig ist und ist damit unserer Argumentation gefolgt. Eine Revision gegen das Urteil ist nicht zugelassen", berichtet WGH-Vorstand Karl-Heinz Schönfeld auf Nachfrage der Volksstimme.

Die WGH sieht mit dem Anschlusszwang an das Fernwärmenetz ihren konsequenten Weg zur Nutzung von erneuerbaren Energien gefährdet. Die Genossenschaft setzt auf erneuerbare Energien, nicht auf Fernwärme. "Für uns hätte das wirtschaftliche Nachteile gebracht", betont Karl-Heinz Schönfeld. Die Genossenschaft hat bislang über 1600 Wohnungen (mehr als 40 Prozent ihres Gesamtwohnungsbestandes) in der Stadt so ausgestattet, dass sie ganz oder teilweise mit erneuerbaren Energien versorgt werden. Also mit Solartechnik für Wärme und Photovoltaik für Strom. Tendenz weiter steigend.

"Das OVG hat in der mündlichen Verhandlung durch seinen Präsidenten zu Gunsten der Stadt eingeräumt, dass sie grundsätzlich berechtigt ist, eine Wärmesatzung zu erlassen." - Gerhard Bieler, Abteilungsleiter Recht und Liegenschaften

Wenn es um Klimaschutz geht, bringt der WGH-Vorstand immer gern einen Vergleich ins Spiel: Die bisher geleistete Umrüstung auf erneuerbare Energien erspare der Umwelt soviel Kohlendioxid-Ausstoß, wie 210.000 Bäume im Jahr aus der Luft herausfiltern. "Seit 22 Jahren haben alle Hauseigentümer in Halberstadt die Freiheit gehabt, darüber zu entscheiden, welche Technologien zum Umweltschutz zum Einsatz kommen. Das sollte mit der Satzung beseitigt werden", so Schönfeld.

Die Stadtverwaltung zeigt sich kämpferisch und erwägt, nun eine sogenannte Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht zu erheben (Antrag auf Zulassung der Revision), weil sie mit den Anforderungen des OVG an die Begründung der Klimaschutzsatzung nicht einverstanden ist.

Aus Sicht der Stadtverwaltung ist die WGH mit ihrem Hauptangriff gescheitert. "Das OVG hat in der mündlichen Verhandlung durch seinen Präsidenten zu Gunsten der Kommune eingeräumt, dass sie grundsätzlich berechtigt ist, eine Wärmesatzung mit Anschluss- und Benutzungszwang auch aus globalen Klimaschutzgründen zu erlassen", berichtet Gerhard Bieler, Abteilungsleiter Recht und Liegenschaften. Das Gericht habe nur eine umfangreichere gutachtensgestützte Begründung vermisst.

Bieler: "Deshalb wird die Verwaltung dem Rat vorschlagen, die Satzungsbegründung, unter abermaligem Beschluss der Satzung so ausführlich zu fassen, dass im Zweifel auch der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts Rechnung getragen werden kann." Gerhard Bieler ist zuversichtlich, dass das Gericht eine Revision noch zulassen wird. "Für uns wird der Weg jetzt nur länger."