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Überfall auf Imbiss Verteidiger fordern Freispruch im Bernburg-Prozess

15.04.2014, 01:21

Magdeburg (dpa) l Die Opferanwälte haben im Prozess um den Überfall auf einen türkischen Imbiss in Bernburg gefordert, die neun Angeklagten wegen versuchten Mordes zu verurteilen. Ein konkretes Strafmaß nannten sie nicht.

Nur den Ärzten sei es zu verdanken, dass nicht über eine vollendete, sondern über eine versuchte Tötung verhandelt werde, sagte Franziska Nedelmann am Montag vor dem Magdeburger Landgericht. Die Anwältin vertritt die Freundin des gebürtigen Türken, der im Herbst 2013 von den Männern im Bernburger Bahnhof rassistisch beleidigt, getreten, geschlagen und lebensgefährlich verletzt worden sein soll.

Auch die Frau war attackiert worden. Nach den Plädoyers der Nebenklage richtete die junge Frau mit den bunten Haaren und der Brille das Wort an das Gericht. "Sie sind bereit, zu töten", sagte sie über die Angeklagten, die sie für unmenschlich brutal und feige hält. "Fast hätten drei Kinder ihren Vater verloren."

"Die Angeklagten sind rassistisch bis in die Sockenspitzen." - Opferanwalt Ulrich von Klinggräff

Ein bei der Attacke verletzter Mann aus Indien tritt ebenfalls als Nebenkläger auf. Dessen Anwalt Ulrich von Klinggräff sagte in seinem Plädoyer: "Die Angeklagten sind rassistisch bis in die Sockenspitzen. Und wenn Sie mich fragen, ob Rassismus als prägendes Tatmotiv in Frage kommt, dann antworte ich: Was denn sonst?" Nedelmann sagte, sie habe noch nie eine solche Ballung an fremdenfeindlichen Symbolen gesehen und spielte auf die teilweise gut sichtbaren Tattoos an. Einige der Angeklagten haben sich ein Hakenkreuz und Worte wie "Skin" oder "White Power" stechen lassen.

Die Männer im Alter zwischen 24 und 33 Jahren müssen sich seit dem 18. Februar wegen versuchten Totschlags, gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung verantworten. Sie werden der rechten Szene zugeordnet. Die Staatsanwaltschaft hatte Haftstrafen zwischen sieben Jahren und neun Jahren und zwei Monaten gefordert.

Nach Überzeugung der Nebenklagevertreter war es am Abend des 21. September 2013 auf dem Bahnsteig zu einem explodierenden, massiven Gewaltausbruch gekommen. "Es war die blanke Gruppendynamik", sagte der Anwalt des Imbissbetreibers, Sönke Hilbrans. "Die Angeklagten haben als Rudel gehandelt und sie sind auch als solches zu verurteilen." Nach Meinung der Opferanwälte ist es unstrittig, dass ausnahmslos alle auf die drei Opfer eingewirkt haben - teilweise sei das "arbeitsteilig" geschehen. Dabei seien die Männer mit so großer Brutalität vorgegangen, dass der Kopf des 34-Jährigen bis heute deformiert ist und es zu Folgeschäden kam.

Schlussworte wurden auch von den ersten Verteidigern gesprochen. Wer wann was gesagt und wohin getreten haben soll, sei immer noch ungeklärt, argumentierten sie. Rassismus als Motiv sehen sie nicht. "Es gab keinen rassistischen Vernichtungswillen, wie ihn die Nebenklage beschrieben hat. Es war eine spontane Tat", sagte ein Verteidiger. Auch sei nicht klar, inwieweit das Opfer selbst die Gruppe mit einem Dönermesser angegriffen habe. Das hatte ein Zeuge ausgesagt. Er forderte die Kammer auf, seinen Mandanten freizusprechen. Andere Verteidiger taten es ihm gleich.

Der Prozess wird am 25. April mit Plädoyers der Verteidigung fortgesetzt. Das Urteil ist für den 28. April geplant.