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Streit um Polizeireform Stahlknecht führt Haseloff vor

Der Streit um die Personalausstattung der Polizei in Sachsen-Anhalt spitzt sich zu. Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) hat eine neue Kabinettsvorlage vorgelegt. Das Papier wird in Regierungskreisen als Affront gegen Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) gewertet.

Von Michael Bock 26.04.2014, 03:18

Magdeburg l Stahlknecht hatte am Dienstag nach einem Treffen mit den Polizeigewerkschaften erklärt, auch nach dem Jahr 2016 dürfe die Zahl von 6000 Polizeivollzugsbeamten nicht unterschritten werden. Haseloff und Bullerjahn, von dieser Ankündigung kalt erwischt, pfiffen ihn nur einen Tag später zurück. Der Regierungschef forderte eine Ministervorlage, die auf "aktualisierten Eckdaten des Finanzministeriums" beruht.

Diese besagen, dass es bereits Ende 2016 nur noch 5737 Vollzeitstellen im Polizeivollzug (derzeit 6150) gibt. Bis Ende 2019 geht diese Zahl auf 5557 zurück.

Sachsen-Anhalt hat momentan mit die höchste Polizeidichte aller Flächenländer.

Bereits am gestrigen Freitag, nur zwei Tage nach dem Haseloff-Rüffel, lag das überarbeitete Papier für die Ministerrunde vor. Haseloff und Bullerjahn glaubten ihren Augen nicht zu trauen. Denn ihre Forderungen werden in der neuen Kabinettsvorlage einfach ausgeklammert. Stattdessen tauchen in dem Papier, gelb markiert, die von Stahlknecht eigenmächtig mit den Gewerkschaften ausgehandelten Ergebnisse quasi eins zu eins auf. Schon auf Seite 2 des 30-seitigen Papiers steht der Satz: "Zur Sicherstellung dieser dauerhaften Aufgabenerfüllung über 2016 hinaus ist ein Personalbestand von nicht unter 6000 Beamten im Personalvollzug und von 1000 Bediensteten in der Verwaltung erforderlich."

Reform liegt auf Eis

SPD-Chefin Katrin Budde spottete gestern: "Wenn das ein Bilderwitz wäre, würde ich drunterschreiben: ohne Worte." Die Sozialdemokraten hatten bereits am Mittwoch erklärt, die Stellenzahl von 6000 sei, vor allem wegen hoher Altersabgänge, "nur durch Zauberei" zu erreichen.

In Regierungskreisen wird die Kabinettsvorlage als "offener Affront gegen den Ministerpräsidenten" gewertet. Andere sagen: "Stahlknecht wusste doch genau, dass es krachen wird."

Die Staatskanzlei wollte sich am Freitag nicht äußern. Auch das Finanzministerium blockte Anfragen ab. Der Innenminister wollte keinen Kommentar abgeben. Zu hören ist, dass Stahlknechts erneuter Alleingang, mit dem er offenbar bei der Polizei punkten will, Haseloff wie auch Bullerjahn schwer verstimmt hat. Finanzminister und Regierungschef lehnen die Kabinettsvorlage strikt ab. Bullerjahn wird die erforderliche "Mitzeichnung" verweigern; damit liegt die Polizeireform auf Eis.

Der CDU-Landtagsfraktion passt das überhaupt nicht. Fraktionschef André Schröder kündigt bereits an, kurzfristig den Koalitionsausschuss einzuberufen. Diesem Gremium gehören die Spitzen von CDU und SPD an. Erst am Dienstag hatten Vertreter der Fraktionsvorstände von CDU und SPD in Magdeburg in geselliger Runde im italienischen Restaurant "Amici" (übersetzt: Freunde) nach Lösungen in der festgefahrenen Reformdebatte gesucht. Nach übereinstimmenden Teilnehmerberichten näherten sich die Koalitionäre aber nicht an. Das Verhältnis ist spürbar abgekühlt.

Die SPD beteuert, sich einer Reform grundsätzlich nicht zu verschließen - auch wenn eine solche nicht im Koalitionsvertrag vorgesehen ist. Zugleich stellen die Sozialdemokraten Bedingungen. Sie fordern etwa, die Reform zunächst in Modellregionen zu testen. Das lehnt die CDU ab. In der Union wird erzählt, die Sozialdemokraten würden ganz bewusst immer wieder Hürden errichten, um eine Reform zu verhindern. Mit wachsendem Misstrauen wird vor allem das Agieren von SPD-Chefin Budde verfolgt, die ab 2016 mit einem rot-roten Bündnis liebäugelt.