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Mitbestimmung in Kommunen Bürger bekommen mehr Macht

Die in gut einer Woche zu wählenden Kommunalpolitiker müssen ihre Macht
mit dem Bürger teilen. Der Landtag hat den Weg für mehr direkte
Demokratie auf lokaler Ebene freigemacht.

Von Hagen Eichler 16.05.2014, 03:15
Die Abgeordneten des Landtages debattieren in der Johanniskirche. Foto: J. Wolf
Die Abgeordneten des Landtages debattieren in der Johanniskirche. Foto: J. Wolf dpa-Zentralbild

Magdeburg l Das am Donnerstag beschlossene Kommunalverfassungsgesetz gibt den Bürgern auch zwischen den Wahlterminen mehr Einfluss. Mit dem Einwohnerantrag können sie die Politiker zwingen, ein bestimmtes Thema zu beraten. Die Zahl der erforderlichen Unterschriften wird dafür gesenkt. Das Gleiche gilt für Bürgerbegehren, mit denen die Wähler einen Bürgerentscheid herbeiführen können. Erfolgreich ist dieser, wenn die Mehrheit der Abstimmenden mit Ja stimmt und zugleich 25 Prozent aller stimmberechtigten Bürger.

Vorgelegt hatte den Gesetzentwurf Innenminister Holger Stahlknecht (CDU). Allerdings steht die Koalition nicht geschlossen dahinter: Zwei CDU-Abgeordnete stimmten mit Nein, drei enthielten sich. "Die Erleichterung der plebiszitären Elemente erschwert die kommunale Arbeit, das fürchten viele Bürgermeister und Landräte", begründete Eva Feußner ihr Nein.

Bürgermeister kritisieren Film- und Tonaufnahmen

Die SPD hatte noch niedrigere Quoren gefordert, konnte sich damit jedoch nicht durchsetzen. "Wir hätten uns mehr gewünscht, aber auch einiges erreicht", sagte die SPD-Abgeordnete Silke Schindler. Vor allem die Spitzenverbände der Kommunen hatten die Pläne gerügt. "Die Erleichterungen sind nicht bei allen auf Gegenliebe gestoßen, aber wir nehmen Bürgerbeteiligung ernst", sagte Schindler.

"Damit fördern wir die Mitsprache der Bürger in ihren Kommunen." - Innenminister Holger Stahlknecht

Etliche Bürgermeister hatten auch kritisiert, dass Film- und Tonaufnahmen in öffentlichen Sitzungen künftig erlaubt sind. Innenminister Stahlknecht verteidigte die Neuregelung. "Damit fördern wir die Mitsprache der Bürger in ihren Kommunen", sagte er. Ansonsten würdigte er das Gesetz als Vereinfachung bisheriger Vorschriften. Entstanden sei ein Gesetz, "das auch Nicht-Juristen verstehen".

Linke und Grüne kritisieren Hürde für Bürgerentscheide

Erstmals gibt es auch die Möglichkeit für einen hauptamtlichen Bürgermeister oder Landrat, freiwillig aus dem Amt zu scheiden, sobald ein Abwahlverfahren gegen ihn läuft. Bislang musste er zugleich auf seinen Beamtenstatus und Pensionsansprüche verzichten, was abschreckend wirkte. Wenn der Hauptverwaltungsbeamte im Rat keine Perspektive mehr für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sehe, gebe es jetzt einen Ausweg, sagte der CDU-Innenpolitiker Jens Kolze.

Die Oppositionsparteien konnten sich mit ihren Änderungsanträgen nicht durchsetzen. Linke und Grüne halten das Quorum von 25 Prozent für Bürgerentscheide für zu hoch. Der Linken-Abgeordnete Gerald Grünert kritisierte, die Koalition sei bei der Bürgerbeteiligung auf halbem Weg stehengeblieben: "Der Gesetzentwurf ist eher konservativ als zukunftsfähig." Für falsch hält er auch, dass Kommunen künftig bei Liquiditätskrediten eine Obergrenze einhalten müssen.

"Von einem großen demokratischen Aufbruch ist nichts zu merken", kritisierte auch der Grünen-Abgeordnete Sebastian Striegel. Er forderte zudem das kommunale Wahlrecht ab 14 Jahren und das Wahlrecht für Ausländer.