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Geplantes Skinhead-Konzert Ein Dorf in Aufruhr

Rund 1500 Rechtsextreme, etwa 750 Gegendemonstranten und Hunderte Polizisten dürften am 28. Juni den 380-Seelen-Ort Nienhagen wieder bevölkern. Erste Anmeldungen liegen dem Landkreis Harz vor. Die Stimmung im Ort ist gereizt.

Von Matthias Fricke und Matthias Stoffregen 05.06.2014, 01:20

Nienhagen l Ein Video kursiert im Internet. Der bekannte Rechtsrockkonzert-Veranstalter Oliver Malina ist darauf im Schwanebecker Ortsteil Nienhagen im Landkreis Harz mit einem Rohr bewaffnet zu sehen. Er eilt samt großem Hund von seinem Grundstück und will damit offenbar etwa 30 bis 40 Demonstranten der linken Szene vertreiben, die vor dem Haus protestieren. Nachbarn gesellen sich dazu, zeigen sich über die per Bus angereisten Antifa-Protestler empört. Einem Volksstimme-Reporter sagt Malina später, dass er sich und seine Familie massiv bedroht fühlte. Die linken Demonstranten sahen es wiederum anders, sie berichteten von Beleidigungen.

Die Stimmung im Ort ist ohnehin angespannt, seitdem bekannt ist, dass es am 28. Juni wieder eine Skinhead-Party geben soll.

Nicht irgendeine Party, sondern eines der jährlich größten Rechten-Konzerte in Deutschland. Im vergangenen Jahr kamen etwa 1200 Rechtsex-treme aus ganz Europa in die "Hopfendarre". Es spielten unter anderem Skinhaed-Bands wie "Kommando Skin" und "Endstufe". Die Ordner zeigten sich bereits in den Vorjahren mit "Honour Pride"-T-Shirts (Ehre und Stolz), auf der Rückseite ist eine Handgranate als Symbol zu sehen.

Regelmäßig Großkonzerte im Ort

Es ist seit 2011 inzwischen das vierte Großkonzert in Nienhagen. Der Veranstaltungsort, die "Hopfendarre", gehört dem Nienhagener Klaus Slominski. Er hatte im vergangenen Jahr zugesagt, sein Gelände nicht mehr an Malina vermieten zu wollen, sich dann aber umentschieden. Dies, obwohl sich 80 Prozent der Nienhagener in einer Umfrage der Bürgerinitiative gegen das Konzert im Ort ausgesprochen hatten.

Slominski macht keinen Hehl daraus, dass er vor allem das Geld aus der Vermietung benötigt. "Ich habe nichts gegen Herrn Malina. Die schaukeln sich doch alle hoch. Linke haben schon mein Haus und meinen Traktor angezündet. Den Schaden muss ich jetzt wieder reinbekommen", meint er verärgert. Und fügt noch hinzu: "Von den Rechten bin ich bisher besser behandelt worden als von den Linken." Auf die Frage, ob es ihm nichts ausmache, welche Ideologie hinter den Konzerten steht, sagt er: "So lange alles friedlich bleibt, ist mir das egal."

Zahlreiche Nienhagener sehen das anders. Am Dienstag traf sich die Bürgerinitiative "Nienhagen rechtsrockfrei". "Das Menschenbild, das auf den Konzerten propagiert wird, ist erschreckend", sagt Hans-Christian Anders, einer der Organisatoren der 30-köpfigen Initiative.

Offen Gewalt angedroht

"Die Nazis gefährden den sozialen Frieden." Für seine offene Abneigung wurde Anders auch schon bedroht. "Malina drohte mir an, dass mein Haus in Flammen stehen könnte, wenn wieder Linke vor seiner Tür demonstrieren."

Trotzdem will Anders mit seinen Mitstreitern mit Gegenveranstaltungen das Konzert verhindern. Sie planen mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) ein Straßenfest und eine Kundgebung. Allein 500 Personen sind für die Demonstration angemeldet, bestätigte Ingelore Kamann, Sprecherin im Landkreis Harz. Hans-Christian Anders wünscht sich, dass vor allem viele Nienhagener bei den Protesten dabei sein werden: "Ich hoffe, dass mehr kommen als in den vergangenen Jahren." Meinung