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Streit um Landesbeauftragten Behinderte stoppen Sozialminister

Der Landesbehindertenbeauftragte Adrian Maerevoet will im Amt bleiben
und weiß die Betroffenen hinter sich. Sozialminister Norbert Bischoff
(SPD) wollte eine SPD-Genossin dorthin setzen.

Von Jens Schmidt 27.06.2014, 03:12

Magdeburg l Der Vorgang ist einmalig in Sachsen-Anhalt: Der Posten des Behindertenbeauftragten wird nun erstmals offen und für jedermann zugänglich ausgeschrieben. Bislang bestimmten Minister über die Personalie. Die neue Offenheit hat vor allem der Behindertenbeirat durchgesetzt. In ihm sitzen 17 Vertreter verschiedener Verbände und Fachpolitiker der Landtagsfraktionen.

Der Beauftragte kann durchaus Macht entfalten. Er kann etwa bei öffentlichen Bauten Veränderungen durchsetzen, wenn Rollstuhlfahrer durch keinen Flur oder keine Tür kommen würden. Die hauptamtliche Stelle wird auch ordentlich bezahlt (ca 5000 bis 7000 Euro).

Da die fünfjährige Amtszeit im September endet, war die Besetzungsfrage aktuell geworden. Sozialminister Bischoff wollte den bisherigen Beauftragten Adrian Maerevoet (parteilos) ablösen und durch Kerstin Mogdans (SPD) ersetzen. Maerevoet genießt bei den Behindertenverbänden hohes Ansehen. Bei Neubauten an der Uni Halle etwa setzte der Beauftragte wegen fehlender Barrierefreiheit einen Baustopp und Veränderungen durch. Genossin Mogdans ist in der Frauenpolitik aktiv, in der Behindertenpolitik ist sie den Verbänden nicht aufgefallen. Sie gehört dem SPD-Stadtverband Magdeburg an - wie Bischoff auch. Das Ganze verströmte einen üblen Geruch, der dem Behindertenbeirat erstmals Mitte Mai in die Nase kroch.

Auf einer Beiratssitzung erklärte Bischoffs Staatssekretärin Anja Naumann (SPD/Magdeburg), es wäre doch schön, wenn der Beirat einen Beschluss fasste, wonach ein künftiger Beauftragter zwar Erfahrung in der Behindertenpolitik haben könne, aber nicht haben müsse. Der Beirat wollte Maerevoet behalten und dachte gar nicht daran, dem Ministerium einen Blankoscheck für irgendeinen Nachfolger auszustellen. Nach dieser peinlichen Panne schrieb Bischoff an den Beirat und ließ die Katze aus dem Sack. Er warb darin für Genossin Mogdans. Auf der nächsten Beiratssitzung im Juni gab es geharnischten Protest. "Frau Mogdans ist den meisten Beiratsmitgliedern überhaupt noch nicht untergekommen. Der Beirat hat weder die Aufgabe noch die Ressourcen, eine neue Beauftragte anzulernen", steht im Protokoll.

Nach wachsendem Druck vollzog Bischoff die Wende: Nun wird die Stelle erstmals ausgeschrieben. Der Landesbehindertenbeirat lässt aber nun nicht locker und schickte dem Minister ein Schreiben, in dem er klar auflistete, welche Fähigkeiten ein Beauftragter haben muss. Der Beirat will verhindern, dass der Ausschreibungstext auf eine Wunschkandidatin hin zurechtgefeilt wird

Bischoff will Maerevoet am liebsten als Fachbeamten ins Ministerium holen. Doch er will das nicht. "Ich bewerbe mich wieder", sagte er gestern.

Die Opposition ist über die Personalpolitik entsetzt. "Es drängt sich der Eindruck der Postenversorgung auf", sagt Dagmar Zoschke (Linke). Cornelia Lüddemann (Grüne) stellt fest: "Die SPD kann keine gute Personalpolitik machen. Beim Stasi-Beauftragten wollte man einen Genossen versorgen; eine eigenständige Landesfrauenbeauftragte wurde von der SPD verhindert - und nun das."