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Harzer Brauerei Wenn Werbung zum Risiko wird

Die Brauerei Hasseröder aus Wernigerode ist Sponsor bei der
Weltmeisterschaft in Brasilien. Doch ein Engagement im Werbemarkt
Fußball ist nicht automatisch ein Garant für steigende Verkaufszahlen
und ein positives Image.

30.06.2014, 01:35

Magdeburg l Für Unternehmen gibt es zurzeit keine größere Bühne als die Fußball-WM in Brasilien. Ein Vorrundenspiel der Deutschen Nationalmannschaft verfolgen im Schnitt 60 Millionen Bundesbürger. Tendenz ab dem Achtelfinale steigend. An der Bande neben dem grünen Rasen ist dabei auch ein Unternehmen aus Sachsen-Anhalt präsent: die Hasseröder-Brauerei aus Wernigerode.

Das Unternehmen aus dem Harz profitiert dabei von dem Sponsorenvertrag, den der Mutterkonzern Anheuser-Busch InBev mit dem Fußballweltverband Fifa hat. Der weltgrößte Bierhersteller ist mit seiner Marke Budweiser Partner der WM. Bei Spielen mit deutscher Beteiligung darf allerdings das Harzer Bier auf die Bande.

Der Preis für den Platz auf der Werbefläche ist ein gut gehütetes Branchengeheimnis. Insider sprechen von mehreren Hundert Millionen Euro, die ein Konzern zahlen muss, um mit und bei der Fußball-WM werben zu dürfen. Ob sich diese Investition in Zeiten sinkenden Bierkonsums für Anheuser-Busch InBev rechnet, ist fraglich, sagt Marketingexperte Marko Sarstedt von der Universität Magdeburg.

Mehr Bier wird nicht verkauft

"Gerade im Bier-Markt muss ein Unternehmen nicht offizieller Sponsor sein, um gekauft zu werden", sagt der Professor. So würden zurzeit nahezu alle Biere in der Werbung mit Fußball verknüpft werden. "Das emotionale Umfeld der WM sorgt dafür, dass sich die Attribute des Fußballs wie Dynamik und Sportlichkeit auf die Marke übertragen", so Sarstedt. Mehr Bier werde dadurch aber nicht verkauft. Lediglich Marktanteile könnten sich verschieben.

Und auch Hasseröder selbst geht nicht automatisch von mehr Flaschen aus, die über den Ladentisch wandern. Vielmehr will das Unternehmen sich mit einem Thema am Markt positionieren: Männerfreundschaft. "In einem rückläufigen Biermarkt haben wir es geschafft, kontinuierlich zu wachsen", erklärt Markensprecher Oliver Bartelt. Zwischen 2,5 und 2,7 Millionen Hektoliter werden jährlich abgesetzt.

Doch das Sponsoring bei der WM ist nicht automatisch ein Garant für ein positives Image. Denn hinter den brasilianischen Kulissen brodelt es gewaltig. Während der Spiele gehen Menschen auf die Straße, um gegen die Regierung zu protestieren. Demonstranten fordern bessere Lebensbedingungen und den Ausbau öffentlicher Dienstleistungen. Vom Staat fühlen sich viele Brasilianer betrogen. Statt sich um die Belange des Volkes zu kümmern, baute die Regierung neue Stadien und Hotels für über 11 Milliarden Dollar.

Bundesbürger sehen WM-Sponsoren kritisch

Mehr als 80 Prozent der Bundesbürger, so eine Umfrage der Markenberatung Prophet mit Sitz in Berlin, ärgern sich über diesen Zustand. Immerhin 44 Prozent sagen, dass die Konzerne mit dem WM-Sponsoring Geld zum Fenster hinauswerfen und wollen die betreffenden Marken daher künftig meiden. "Die Menschen verhalten sich ambivalent", sagt Marketingprofessor Sarstedt. "Die Probleme im Land werden wahrgenommen, aber Fußball wird trotzdem geschaut." Kurzfristig könne es durch kritische Berichterstattung in den Medien allerdings einen negativen Effekt auf die Marke geben.

Vor vier Jahren, im Vorfeld der WM in Südafrika haben viele Unternehmen vor dem Turnier Aktionen gestartet, die den Menschen im Ausrichterland zugute kamen. Nicht so in Brasilien. "In Deutschland steht das Land für Copacabana, Caipirinha und Samba und nicht für soziale Probleme", so Sarstedt.

Für die kommenden Weltmeisterschaften in Russland (2018) und Katar (2022) findet trotzdem ein Umdenken statt. Viele Unternehmen nutzen ihre starke Position gegenüber dem Veranstalter dazu, einen konkreten Wandel einzufordern. "Wir haben mit weiteren Sponsoren, unter anderen Coca-Cola, die Fifa aufgefordert die Bedingungen in diesen Ländern sehr genau zu prüfen", sagt Oliver Bartelt von Hasseröder. Nur so wird das Sponsoring für die Konzerne nicht zum Bumerang.