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6000 Menschen verlassen Magdeburgs Innenstadt Um 21.40 Uhr ist die Bombe entschärft

Eine Fünf-Zentner-Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg ist am
Donnerstagabend in der Magdeburger Innenstadt entschärft worden. Mehr
als 400 Polizisten hatten zuvor einen Teil der Innenstadt geräumt.

Von Matthias Fricke, Martin Rieß und Alexander Dinger 18.07.2014, 01:18

Magdeburg l Der einsame Kraftakt ist nach nur 40 Minuten geschafft. Torsten Kresse, Einsatzleiter beim Kampfmittelbeseitigungsdienst, und sein Kollege Sprengmeister André Römmer geben über Funk um 21.40 Uhr durch: "Sie ist entschärft!"

Die Fünf-Zentner-Sprengbombe war am Vormittag beim Abriss eines Zehngeschossers im Breiten Weg nur wenige Meter vom Dom entdeckt worden. Ein Bagger hatte das tödliche Erbe aus der Vergangenheit zu Tage befördert. Torsten Kresse, Einsatzleiter des Kampfmittelbeseitigungsdienstes: "Kopf- und Heckzünder waren noch intakt, aber im desolaten Zustand." Gemeinsam mit seinem Kollegen musste er diese per Handarbeit herausdrehen.

Das war alles andere als leicht gewesen. Schließlich lag der Sprengkörper mit 125 Kilogramm TNT-Gemisch seit sieben Jahrzehnten im Erdreich unterhalb des Plattenbaus. Wäre die verrostete Bombe beim Entschärfen unkontrolliert explodiert, hätte die Druckwelle in einem Bereich von mehr als hundert Metern Menschen töten können. Die rasierklingenscharfen, mehrere hundert Grad heißen Eisenteile wären sogar bis zu einem Kilometer weit geflogen. Aus diesem Grund entschieden sich die Experten, die Gebäude in einem Umkreis von 500 Metern zwischen Schleinufer und Bahnhofstraße sowie Hasselbachplatz und Hundertwasserhaus zu evakuieren.

Zuerst war der Landtag geräumt worden. Die Entscheidung traf Landtagspräsident Detlef Gürth: "Wir haben uns entschlossen, die Sitzung am Nachmittag nicht mehr fortzusetzen", sagte er. Der Parlamentarische Abend des Landtagspräsidenten musste ebenfalls ausfallen. Das bereits bestellte Essen wurde, so Gürth, einem guten Zweck gespendet. Auch die Domgemeinde, Geschäfte und ein Teil des Kneipenviertels nördlich des Hasselbachplatzes waren später von den Räumungen betroffen. Ebenfalls evakuiert wurde das Hundertwasserhaus samt Hotel (105 Gäste). Feuerwehr und Rettungsdienst halfen 80 Bedürftigen, das Gebiet zu verlassen. Die Menschen wurden in Kliniken untergebracht.

Mehr als 400 Polizisten und Mitarbeiter des Ordnungsamtes waren an der Räumung der Geschäfte und Häuser beteiligt. Rund 6000 Menschen mussten ihre Wohnungen während der Zeit der Entschärfung verlassen.

Bereits am 24. Oktober 2013 war ganz in der Nähe am Damaschkeplatz eine Fünf-Zentner-Bombe entdeckt und nach der Evakuierung von mehr als 100.00 Menschen unschädlich gemacht worden. Auch bei diesem Blindgänger waren Heck- und Kopfzünder noch intakt. Dort musste damals ein Gebiet von rund 800 Metern um die Fundstelle geräumt werden.

Bomben mit einem Gesamtgewicht von 10.000 Tonnen sollen nach Schätzungen von Experten im Zweiten Weltkrieg über Magdeburg abgeworfen worden sein. 15 Prozent waren Blindgänger. Das sind rund 6000 Bomben. In den vergangenen 20 Jahren sind in ganz Sachsen-Anhalt mehr als 7000 Bomben aller Kategorien entschärft worden.