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Bertelsmann-Stiftung Prädikat "mangelhaft" für Kinderbetreuung in Sachsen-Anhalt

Der neue Ländermonitor der Bertelsmann-Stiftung zur frühkindlichen
Bildung sorgt für Diskussionen - wie gut ist die Qualität der
Kinderbetreuung in Sachsen-Anhalt wirklich?

Von Andreas Stein 26.07.2014, 03:15

Gütersloh/Magdeburg l Eigentlich gilt Sachsen-Anhalts Kinderbetreuung als vorbildlich, nun gibt es von der Bertelsmann-Stiftung im Bundesvergleich die rote Laterne. Die Qualität in den Krippen und Kindergärten des Landes bleibe auf der Strecke, weil es zu wenige Erzieher in den Kitas gebe, heißt es in dem am Freitag veröffentlichten Ländermonitor der Stiftung. Besonders dramatisch sei die Lage in den Krippen - hier kümmert sich eine Erzieherin rein rechnerisch um 6,7 Kinder, in Westdeutschland sind es im Durchschnitt nur 3,8 Steppkes.

Im Kita-Alltag sehe das Betreuungsverhältnis sogar noch schlechter aus, denn zur reinen Zeit bei den Kindern kämen noch Urlaub, Elterngespräche und Fortbildung (Ländervergleich siehe Grafik). Ähnlich ist die Lage bei den Drei- bis Sechsjährigen: Mit 12,6 Kindern je Erzieher rangiert Sachsen-Anhalt vor Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern auf dem drittletzten Platz.

Sachsen-Anhalt braucht 120.000 zusätzliche Erzieher

Diese Ergebnisse sind weit weg von den Vorstellungen der Bertelsmann-Stiftung, die für eine kindgerechte und pädagogisch sinnvolle Betreuung Personalschlüssel von 1:3 in der Krippe und 1:7,5 im Kindergarten empfiehlt. Fazit der Stiftung: "Wir brauchen dringend einheitliche Qualitätsstandards, die in einem Bundes-Kita-Gesetz geregelt sind", sagte Stiftungsvorstand Jörg Dräger am Freitag.

Um die Qualitätsmängel abzustellen, sind nach Ansicht der Stiftung 120.000 zusätzliche Erzieher notwendig, in Sachsen-Anhalt müsste der Personalstamm um 9200 erhöht werden - Kostenpunkt: jährlich 407 Millionen Euro. Das sei laut Dräger eine "gewaltige Kraftanstrengung", die sich aber lohne, weil die Qualität der Kita entscheidend für gutes Aufwachsen und faire Bildungschancen aller Kinder sei.

Die Stiftung sieht die Bundesregierung in der Pflicht, sich finanziell an der Kinderbetreuung zu beteiligen. Deren Kosten teilen sich bislang in unterschiedlichem Umfang die Länder, Landkreise, Kommunen und nicht zuletzt die Eltern.

Kritik an Studie der Bertelsmann-Stiftung

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) begrüßte die Diskussion um die Kita-Qualität und verwies darauf, dass der Bund den Kita-Ausbau in dieser Legislatur mit einer Milliarde Euro fördere und zudem 500 Millionen Euro für Betriebskostenzuschüsse und Sprachförderung in den Kitas zahle. Die Forderung nach einem Kita-Gesetz kommentierte sie nicht, kündigte aber eine Bund-Länder-Konferenz zur Kinderbetreuung für den Herbst an.

Scharfe Kritik an der Studie kam aus Sachsen-Anhalts Sozialministerium. Bertelsmann zähle bei der Beurteilung der Qualität nur Köpfe und lasse außer Acht, dass hier anders als in Westdeutschland nur pädagogische Fachkräfte in den Kitas arbeiten und sie als Grundlage ein frühkindliches Bildungsprogramm hätten, so Sprecher Holger Paech. Die Zahlen entstünden auch, weil im Osten viel mehr Kinder in die Kita gingen und diese länger betreut würden, merkte Monika Hohmann (Linke) an. Das von der Studie gezeichnete Bild sei "zu düster".

Erst vor einem Jahr war in Sachsen-Anhalt das neue Kinderförderungsgesetz in Kraft getreten, das zahlreiche Verbesserungen vorsieht, u.a. bei den Personalschlüsseln. Meinung