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Maßregelvollzug Totschläger flüchtet vom Café-Tisch

Ein 43-Jähriger, der im Jahr 2010 zwei Menschen in einer Magdeburger
Wohnung erstochen hat, ist bei einem begleiteten Ausgang in Zerbst
geflohen. Nach rund 18 Stunden in Freiheit ist er seit Freitag zurück im
Maßregelvollzug Uchtspringe.

26.07.2014, 01:16

Zerbst/Magdeburg l Es war am Donnerstag die 18. begleitete "Einzelausführung" des Maßregelpatienten Gary N. Der 43-Jährige durfte mit einem Pfleger aus der forensischen Klinik in Lochow im Jerichower Land (eine Außenstelle des Maßregelvollzuges Uchtspringe) nach einem Spaziergang im Park auch ein Café besuchen. Gegen 19 Uhr nutzte der im Jahr 2011 wegen Totschlags verurteilte Mann den Bezahlvorgang und lief davon.

Der gebürtige Engländer hatte im Oktober 2010 in einer Magdeburger Wohnung eine damals 53-jährige Frau und einen drei Jahre älteren Gast in ihrer Wohnung erstochen. Das Gericht sah bei der Verurteilung damals eine drogenbedingte Psychose als Tathintergrund und ordnete eine unbefristete Unterbringung im geschlossenen Maßregelvollzug an. Diese wird laut Gesetz erst zurückgenommen, wenn es das Gericht nach einer günstigen Sozialprognose entscheidet. Im Durchschnitt bleiben solche Patienten sieben bis acht Jahre in der Klinik.

18 Stunden auf der Flucht

"Der Pfleger konnte den Mann leider nicht aufhalten", erklärte am Freitag der Ärztliche Direktor des Maßregelvollzuges Dr. Joachim Witzel. Ausgerüstet sind die Begleiter solcher Patienten ohnehin nur mit einem Telefon und einem GPS-Empfänger für den Notfall. Sofort nach der Flucht rief der Pfleger den Notruf der Polizei.

Etwa 18 Stunden später, am Freitagnachmittag, klickten im Magdeburger Stadtzentrum in unmittelbarer Nähe des Domes die Handschellen. Beamte eines Mobilen Einsatzkommandos hatten den Mann bereits bei einer der Kontaktadressen erwartet. Er wurde zurück in den Maßregelvollzug Uchtspringe gebracht. Dr. Witzel: "Wir haben die Lockerungsstufe inzwischen mit sofortiger Wirkung ausgesetzt und werden diese gegebenenfalls zurücknehmen."

Bisher 16-mal Lockerungsmissbrauch

Nach seinem Drogenentzug in der Fachklinik Bernburg in den ersten beiden Jahren seines Aufenthalts habe Gary N. bereits Mitte 2013 eine günstige Prognose erhalten. "Wir haben weder einen Drogenmissbrauch noch eine gesteigerte Aggressivität feststellen können", so der Ärztliche Direktor. Ein Gutachten empfahl ausdrücklich Lockerungen.

In Sachsen-Anhalt ist es nach Angaben des Sozialministeriums seit 2011 zu 16 Lockerungsmissbräuchen im Maßregelvollzug gekommen, 14 davon in der Drogen-Psychiatrie Bernburg. Dort gab es seit 2011 auch drei klassische Fluchten, in Uchtspringe und Luchow keine.